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#180: Blasenschwäche bei MS – Zurück zu mehr Selbstbestimmung mit Einmalkathetern

Blasenschwäche ist eines der häufigsten Symptome bei Menschen mit Multipler Sklerose. Zehn Jahre nach der MS-Diagnose leiden ca. 80% der Betroffenen unter einem gewissen Maß an Blasenentleerungsstörung und/oder Inkontinenz[1].

Oft dauert es lange bis sich Betroffene Hilfe suchen, weil sie sich dafür schämen. Dabei ist die Krankheit Ursache und nicht mangelnde Körperkontrolle.

Man unterscheidet drei Problemfelder.

Die überaktive Blase, die spastische Blase und die schlaffe Blase, bei der der Blasenmuskel nicht mehr ausreichend Spannung aufbauen kann, um die Blase zu entleeren.

In Folge 180 geht es darum, wie es überhaupt zu Blasenstörungen bei MS kommt, wie man die genaue Ursache ermittelt, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und wie Einmalkatheter helfen können.

Dafür habe ich mir zwei Interviewgäste eingeladen. Kathrin Biernath ist MS-Patientin und wird über ihren Weg vom Symptom bis zur Behandlung sprechen. Und Kontinenzexperte Uwe Papenkordt erklärt, wie Einmalkatheter zu nutzen sind und wie sie die Lebensqualität steigern können.

[1] Kister et al. 2013, Natural History of MS Symptoms

Der heutige Beitrag ist von der Firma Coloplast gesponsert, deren SpeediCath® Katheter dabei helfen, die Blase vollständig zu entleeren. Die PVC-freien Einmalkatheter sind sofort einsatzfähig, da sie dank innovativer Beschichtung bereits befeuchtet sind für eine optimale Gleitfähigkeit.

Durch das diskrete und kompakte Design entscheidest Du allein, wer von Deinem Hilfsmittel erfährt. Und wenn es mal keine Toilette gibt, kannst Du das Set für unterwegs nutzen, mit dem Dir Coloplast das Leben erleichtern und mehr Freiheit und Flexibilität ermöglichen möchte.  

Sprungmarken für den Podcast:

  • Einleitung ins Thema von Nele 0:37
  • Solopart von Nele mit Infos zu den Hintergründen welche Probleme bei einer Blasenschwäche bei MS vorliegen, welche Untersuchungen nötig sind und welche Behandlungsoptionen es gibt 3:01
  • Kontinenzexperte Uwe Papenkordt erklärt im Interview die Bedeutung von Einmalkathetern bei der Behandlung einer MS-bedingten Blasenschwäche 10:50
  • Uwe Papenkordt beantwortet Fragen zur Nutzung von Einmalkathetern für Frauen 34:35
  • MS-Patientin Kathrin Biernath berichtet über ihre Erfahrung vom Auftreten der neurogenen Blasenstörung über die Untersuchung bis zu ihrer Auswahl an Einmalkathetern und der zurückgewonnen Lebensqualität 42:30
  • Uwe Papenkordt geht auf spezifische Fragestellungen zur Nutzung von Männer-Einmalkathetern ein 01:21:55

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Inhaltsverzeichnis

Disclaimer

Die hier bereitgestellten Inhalte dienen nur der allgemeinen Information. Zur Klärung individueller gesundheitlicher Fragestellungen wende Dich bitte an eine medizinische Fachkraft bzw. Deinen Arzt.

Blasenschwäche gehört zu den häufigsten MS-Symptomen

Die Steuerung der Blase ist eine hochkomplexe Angelegenheit, was man schon daran erkennt, dass Babys und Kleinkinder erst Laufen und Sprechen lernen, bevor sie zuverlässig ihre Blase kontrollieren können. Wenn man als Erwachsener auf einmal oder schleichend die Kontrolle über die Urinabgabe verliert, ist das oft mit großer Scham behaftet. Dabei ist die Krankheit Schuld und das Symptom kann mittlerweile gut behandelt werden.

Wie funktioniert eigentlich die Blase?

Drei Muskeln müssen perfekt zusammenarbeiten, damit sich die Blase erst füllen kann, ohne Urin zu verlieren und anschließend vollständig entleert wird. Der Blasenentleerungsmuskel oder Detrusor soll in der Füllphase entspannt bleiben. Je mehr sich die Blase füllt, desto stärker spannen der innere und äußere Schließmuskel, auch Sphinkter, an, um den Urin in der Blase zu halten. Mit dem äußeren Schließmuskel ist übrigens die Beckenbodenmuskulatur gemeint.

Die Nerven melden regelmäßig den Füllstand und ab einer bestimmten Urinmenge, steigt das Bedürfnis auf Toilette zu gehen immer stärker an. Hat man die Toilette erreicht, senden Nerven die Botschaft, dass nun die Schließmuskel entspannen und der Blasenmuskel angespannt werden soll, um die Blase vollständig zu entleeren.

Alle Rückmeldungen ans Gehirn und zurück zu den Muskeln werden durch Nerven vermittelt und je nachdem welche Nerven bei MS durch eine Entzündung im Rückenmark beschädigt wurden, entstehen unterschiedliche Probleme.

Welche Blasenprobleme treten bei MS-Patienten auf und was sind die Ursachen?

Am häufigsten sind die:

  • Überaktive Blase, bei der sich der Blasenmuskel in der Füllphase ungewollt anspannt, was zu mehr Toilettengängen und einer Dranginkontinenz führt. Man erreicht eventuell nicht mehr rechtzeitig die Toilette.
  • Eine spastische Blase ist gekennzeichnet durch das spastische Anspannen des Blasenmuskels, oft gleichzeitig mit dem Schließmuskel. Der Urin soll raus, kann aber nicht.
  • Bei einer schlaffen Blase kann der Blasenmuskel nicht mehr stark oder lang genug anspannen, um den gespeicherten Urin vollständig abzugeben.

 

Eine überaktive oder spastische Blase treten mit mehr als 80% am häufigsten auf. Eine schlaffe Blase haben 10-15% der Betroffenen.[1] Dabei können die spürbaren Effekte variieren, weshalb urodynamische Untersuchungen wichtig sind.

[1] Feneberg et al. 2000

Welche Untersuchungen werden bei MS-Patienten mit Blasenschwäche durchgeführt?

Um die genaue Ursache zu ermitteln, fragen (Neuro)-Urologen die Betroffenen nach Problemen beim Wasserlassen und bitten um das Ausfüllen eines Miktionstagebuchs. Sie bestimmten (mehrfach) den Restharn, nehmen Laborwerte und nutzen die Uroflowmetrie sowie die Urodynamik als Untersuchungsmethoden.[1]

[1] Domurath et al. 2020

Miktionsprotokoll

Beim Miktionsprotokoll soll die oder der Betroffene für mindestens zwei Tage Uhrzeit und Urinvolumen aller Toilettengänge aufschreiben und ob dafür der Schlaf unterbrochen wurde. Auffällig sind mehr als 10 oder 15 Toilettengänge in 24 Stunden und geringe Urinmengen mit nur 50 bis 150 ml. Das durchschnittliche Volumen der Harnblase von gesunden Erwachsenen liegt bei rund 500 ml bei Frauen und 700 ml bei Männern.

Restharnsonographie

Die Restharnmenge wird mittels Sonographie gemessen. Zuerst gehen die Betroffenen auf Toilette und entleeren sich und anschließend misst der Arzt wie groß die Blase und wieviel Restharn darin verblieben ist.

Harnstrahlmessung / Uroflowmetrie

Bei der Harnstrahlmessung oder Uroflowmetrie wird die Harnmenge pro Zeiteinheit beim Pullern gemessen. Normal ist eine Glockenkurve, also ein schnelles Ansteigen der Urinmenge, verweilen auf hohem Niveau und zügiges abfallen hin zum Ende.

Urodynamik

Während der Urodynamik werden die Drücke in der Blase, im Mastdarm, zum Teil in der Vagina und auf die Beckenbodenmuskulatur gemessen. Zunächst soll der Patient auf Toilette gehen und sich entleeren. Im Anschluss wird die Blase durch einen Katheter langsam mit körperwarmem sterilem Wasser gefüllt. Dabei wird überprüft ob künstliches Husten zu Urinverlust führt, wann man den Drang verspürt nach einer Toilette zu suchen und wann die maximale Füllmenge erreicht ist. Am Ende wird die Blase wieder entleert und überprüft, ob eine Spastik vorliegt, die die vollständige Entleerung verhindert.

Was ist das Ziel der (neuro)urologischen Behandlung?

Der (Neuro)Urologe strebt an, dass:

  • Die Blase Urin druckarm speichern kann,
  • Sie sich bei Bedarf vollständig entleeren lässt,
  • Sich die Anzahl der Toilettengänge normalisiert,
  • die Kontinenz wieder erreicht wird,
  • wiederkehrende Harnwegsinfekte sowie Nierenerkrankungen vermieden werden
  • und die Lebensqualität ansteigt.

 

Harnwegsinfektionen behandeln

Harnwegsinfektionen werden am besten multimodal behandelt. Das reicht von einer hohen Trinkmenge, um die Bakterien auszuspülen, über eine Kurz- oder auch Langzeitantibiotikabehandlung, bis zu Impfungen, dem vermeiden von Kälte, dem Ansäuern des Urins mit Methionin- oder Vitamin-C-Präparaten und natürlich dem Restharnmanagement durch die Nutzung von Einmalkathetern.

Neurogene Blasenfunktionsstörung behandeln

Um neurogene Blasenfunktionsstörungen infolge der MS in den Griff zu bekommen, stehen vielfältige Optionen zur Verfügung. Federführend ist der Urologe oder Neurourologe, der jedoch im engen Austausch mit dem behandelnden Neurologen stehen sollte, zwecks Abstimmung von Medikamenten und Auswirkungen auf andere Symptome der MS. Er klärt den Patienten zunächst über die Symptome der Blasenfunktionsstörung und mögliche Komplikationen auf.[1]

[1] Neurologische Leitlinie zu Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, Neuromyelitis-optica Spektrum-Erkrankungen und MOG-IgG-assoziierten Erkrankungen, S. 179-184

Die Behandlungsoptionen reichen von Verhaltenstherapie, Physiotherapie über Hilfsmittel bis hin zu medikamentösen oder operativen Eingriffen. In jedem Fall solltest Du weiter ausreichend trinken, wenn Du betroffen bist. Manchen hilft Beckenbodentraining mit oder ohne Elektrostimulation andere profitieren von Entspannungstechniken. Es gibt orale Medikamente, und andere, die direkt in die Blase verabreicht werden. Auch Blasenschrittmacher sind möglich. Alle genannten Optionen werden oftmals mit Einmalkathetern kombiniert, die die erste Wahl für das Ablassen von Restharn sind.

„Der intermittierende Selbstkatheterismus ist ein Eckpfeiler der neuro-urologischen Versorgung von MS-Patienten.“

Univ.-Prof. Dr. Arndt van Ophoven, Neurourologe am Marien-Hospital in Herne

Unterstützung anfragen und Lebensqualität zurückgewinnen

Falls Du unter Inkontinenz leidest, such Dir bitte Hilfe. Du bist eine oder einer von ganz vielen und es gibt wirklich keinen Grund sich schlecht dafür zu fühlen, dass die Krankheit Deine Blase in Mitleidenschaft gezogen hat. Ganz im Gegenteil, wenn Du Angst vor peinlichen Situationen hast, sprich das Problem bei Deinem Neurologen, Deiner MS-Schwester oder direkt beim Facharzt für Neurourologie bzw. Urologie an. Mach die nötigen Untersuchungen und nutze die vielfältigen Möglichkeiten, um wieder aktiv am Leben teilzunehmen, egal ob es Unternehmungen mit Familie und Freunden sind, sportliche oder kulturelle Aktivitäten oder kleine Erledigungen.

Interview mit Kontinenzexperte Uwe Papenkordt allgemein zur Blasenschwäche und Einmalkathetern

Bei welchen vorliegenden Problemen, die durch Multiple Sklerose entstehen, kann das Selbstkatheterisieren hilfreich sein?

Katheterismus ist immer dann hilfreich, wenn die Harnblase nicht komplett leerläuft oder zu hohe Drücke in der Harnblase entstehen.

Ab welchem Einschränkungsgrad profitieren Frauen oder auch Männer von einem intermittierenden Katheter?

Sobald bestimmte neurogene Harnblasenstörungen auftreten, kann man vom ISK profitieren. Entscheidend ist eine gute Diagnostik, um die Schwere der Einschränkung beurteilen zu können.

Woran erkennt, merkt oder spürt man, dass Katheterisieren angezeigt sein könnte?

Sobald das Gefühl entsteht, dass die Blase nicht komplett entleert wurde oder direkt hintereinander gleichgroße Urinmengen abgesetzt werden, lohnt sich das Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder einer medizinischen Fachkraft, wie neuro-urologisch spezialisierten Ärzten, MS-Nurses oder Kontinenzexperten. Ein weiterer Hinweis können häufige Harnwegsinfektionen und ungewollter Urinverlust sein.

Wie bekommt man eine Verordnung für intermittierende Katheter bzw. Einmalkatheter vom behandelnden Arzt?

Sobald der Arzt die Diagnose „Neurogene Dysfunktion des unteren Harntraktes“ stellt und es zur Restharnbildung kommt, ist der Intermittierende Katheterismus Mittel der Wahl. Damit bekommt man auch das Rezept für die benötigten Hilfsmittel.

Wie wichtig ist eine frühzeitige Diagnose und Therapiebeginn und welche Rolle spielt diese für die Multiple Sklerose?

Neben der Inkontinenz, die im Alltag durchaus dazu führen kann, dass ein gewisses Maß an Selbstbestimmung und Lebensqualität verloren gehen, steht für Menschen mit MS zusätzlich das Thema Restharn und damit zusammenhängende Harnwegsinfekte im Vordergrund.

Generell gilt: Entzündungsprozesse im Körper, die in Verbindung mit MS-Schüben stehen können, sollten weitestgehend vermieden werden. Eine frühzeitige Diagnostik der neurogenen Blase und das Erlernen der vollständigen Blasenentleerung kann somit dazu beitragen, Lebensqualität zurückzugewinnen und eine Verschlechterung der Grunderkrankung zu vermeiden.“

Können beim Selbstkatheterisieren Nebenwirkungen auftreten und wie geht man damit um?

Als Nebenwirkung beim Intermittierenden Katheterismus gilt das mögliche Vorkommen von Harnwegsinfektionen. Diese können entstehen, wenn der Katheterismus nicht aseptisch, also mit Hände – und Schleimhautdesinfektion durchgeführt wird.

Schleimhautverletzungen als mögliche Nebenwirkung sind heute dank der modernen Katheter und ihrer Beschichtungen eher selten. Können jedoch vorkommen – die Schleimhaut der Harnröhre ist empfindlich. Somit hängt viel vom passenden Katheter ab und auch die Technik will gelernt sein.

Was wird empfohlen: wie oft sollte / kann man den intermittierenden Katheter pro Tag anwenden?

Die Häufigkeit des Katheterisierens hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Als erstes ist die Trinkmenge pro Tag sowie die Blasenkapazität entscheidend. Jedoch kann es sein, dass der Katheterismus nur zur Unterstützung bei Restharn-Entleerung eingesetzt wird. Daher empfiehlt sich ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt zur Indikation.

Wenn keine Blasenfunktion mehr vorhanden ist, empfiehlt sich für Erwachsene eine Entleerung der Harnblase von 4-6-mal am Tag.

Wie lange braucht man, um mit dem intermittierenden Katheter vertraut zu werden, sprich bis der Vorgang zur Routine wird?

Bis man den Intermittierenden Selbstkatheterismus als Routine beherrscht, ist individuell unterschiedlich. Zum einen hängt es von der eigenen Motivation und Lernfähigkeit ab. Zum anderen von der anleitenden Fachkraft. Die eigentliche Durchführung ist nicht kompliziert und lässt sich zügig erlernen. Nach den ersten Malen kommt schnell Routine in den Ablauf.

Was berichten Nutzerinnen und Nutzer, wie empfinden sie die Tatsache, dass sie wieder mehr Kontrolle über ihre Urinabgabe haben, und welchen Einfluss hat es auf den Alltag?

Gerade die Kontrolle über die Ausscheidungen spielt in unser aller Leben eine große Rolle. Unfreiwilliger Harn- oder Stuhlabgang kann sehr belastend sein.

Besonders in intimen oder auch sehr persönlichen Momenten möchte man keine „Unfälle“ erleben. Daher stellt der ISK eine einfache, aber sichere Lösung dar, um wieder die Kontrolle zu haben. Oft hör ich von Betroffenen: Wenn ich das früher gewusst hätte!

Eine Patientin hat ungewollt bei mir zu einem Leitsatz beigetragen. Sie sagte mal: „Endlich raus aus der Windel!“

In welchem Umfang kann man die intermittierenden Katheter von Coloplast zunächst unverbindlich testen? Und wo kann man ein Muster bestellen?

Ein eigenständiger Produkttest empfiehlt sich nach Untersuchung durch den Arzt und Einweisung durch eine qualifizierte Fachkraft. Dann können passende Produktmuster bestellt werden – der Ablauf und auch die Indikation sind komplex, sodass man nicht selbst einfach drauf los kathetern sollte.

Welche Lieferzeit ist üblich? Welchen Vorlauf brauchen neue oder wiederholte Verordnungen, damit man die Katheter rechtzeitig geliefert bekommt?

Die Produkte werden innerhalb weniger Tage geliefert. Allerdings bekommt man die ersten Katheter auch von der behandelnden Fachkraft. Bei der Einweisung sollte man sich mehrere Produkte zeigen lassen, damit der passende für mich dabei ist. Die Nachfolge-Lieferung kommt in der Regel ebenfalls über den zuständigen Nachversorger. Somit hat man wenig eigenen Aufwand, da diese sich auch oft um das Folgerezept kümmern.

Wie steht es um die Diskretion von Coloplast Produkte: Sind die Katheter diskret designt? Kann ich diese diskret mitnehmen? Werden die Produkte von Coloplast diskret versendet?

Für Coloplast gilt: die Produkte werden nicht nur in diskreten neutralen Umkartons versandt, sie sind als Katheter selbst oft nicht zu erkennen. Für Coloplast stand schon immer ein hohes Maß an Diskretion für seine Produktanwender im Mittelpunkt. So muten beispielsweise unsere Frauenkatheter äußerlich eher einem Kosmetikartikel an.

Interview mit Uwe Papenkordt zu Blasenschwäche bei Frauen und intermittierenden Kathetern als Hilfsmitteln

Wie funktioniert ein intermittierender Katheter für Frauen genau?

Der ISK bei der Frau läuft wie folgt ab:

Nach dem Händewaschen entfernt die Frau ihre Kleidung, wie zum Toilettengang.

Nachdem man auf der Toilette platzgenommen hat, befestigt man einen Beinspiegel am Oberschenkel oder bringt einen Kosmetikspiegel an der Toilettenbrille an.

Die Umverpackung des Katheters wird geöffnet, ohne den Katheter schon zu entnehmen.

Jetzt desinfiziert man sich die Hände und lässt das Desinfektionsmittel einwirken.

Danach sollte die Frau mit einer Hand ihre Schamlippen spreizen, während sie mit der anderen Hand den Harnröhrenbereich und die Scham desinfiziert. Wichtig ist das die Hand, die die Schamlippen spreizt, nicht wieder gelöst wird sondern so verbleibt.

Anschließend kann die Frau den Katheter der Umverpackung entnehmen und in ihre Harnröhre einführen. Ein leichtes Ausatmen erleichtert oft das Einführen.

Der Katheter wird eingeführt bis Urin aus der Blase zu fließen beginnt.

Wenn der Urinfluss aufhört, zieht man den Katheter unter leichter Drehung zurück damit auch der letzte Urin abfließen kann.

Zum Abschluss reinigt man das Genital und wäscht sich die Hände! Fertig.

Was ist das besondere am SpeediCath Compact Eve, SpeediCath Compact und Compact Plus für Frauen?

Das Besondere am SpeediCath Compact Eve ist seine dreieckige Form. Diese Form erleichtert besonders bei Sensitivitätsstörungen oder schlechter Fingerkraft die Öffnung. Die hydrophile (wasserliebende) Beschichtung ist jederzeit gleitfähig und vermindert somit unangenehme Reibung an der Harnröhren Schleimhaut. Auch kann man einen Ablaufbeutel adaptieren, sodass man den Katheter auch ohne Toilette gut nutzen kann. Das Produktdesign ähnelt einem Kosmetikartikel, weniger einem Urinkatheter.

SpeediCath Compact und SpeediCath Compact Plus sind ebenso beschichtet und damit sofort gebrauchsfertige Einmalkatheter in zwei Längen: 7 und 9 Zentimeter. Je nach Lage der Blase im Körper und je nach Vorliebe oder Anwendungstechnik der Anwenderin, ermöglicht der kompakte Katheter mit Teleskopprinzip und einem handlichen Griff ein erleichtertes Treffen des Harnröhreneingangs und damit Einführen des Katheters – und auch dieser erinnert dabei in Format und Größe an ein Kosmetikprodukt.

Bieten sie auch eine Lösung an, wenn man unterwegs ist und keine Toilette, bzw. keine behindertengerechte Toilette, keine Mülleimer oder keine hygienischen Bedingungen vorhanden sind?

Neben der Option an den Speedicath Compact Eve einen Ablaufbeutel zu adaptieren kann man auch das Speedicath compact Set für unterwegs nutzen. Hier ist schon ein Urinauffangbeutel adaptiert.

Was müssen Frauen bei der Pflege ihres Intimbereichs beachten und haben sie vielleicht noch einige gute Tipps, um Irritationen und Harnwegsinfekte zu vermeiden?

Man muss keine besonderen Pflegemaßnahmen im Intimbereich durchführen. Neben der Schleimhautdesinfektion zum Kathetern sollte eine normale Intimhygiene beibehalten werden. Die modernen hydrophilen Beschichtungen und Kathetermaterialien können dazu beitragen Schleimhautdefekte zu vermeiden und damit auch dazu, Infektionen zu verhindern.

Wichtig ist auf einen guten und extrem gleitfähigen Katheter mit sanften Öffnungen (Augen) zu achten.

Ich freue mich als nächstes Kathrin Biernath im Interview zu begrüßen, die seit Beginn ihrer MS mit Blasenproblemen zu tun hat, mittlerweile täglich Einmalkatheter nutzt und dadurch deutlich an Lebensqualität zurückgewonnen hat.

Interview mit MS-Patientin Kathrin Biernath zur Blasenschwäche bei MS und wie sie wieder mehr Lebensqualität gewonnen hat, dank Einmalkathetern.

Wann hast du die Diagnose MS erhalten und wann hattest du rückwirkend die ersten Symptome?

Im November 2014 wurde mir nach einem MRT meines Kopfes, der Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule, dass man bei mir Multiple Sklerose vermutet. Ich hätte Anzeichen dafür. Es gab Herde im Kopf, den Halswirbeln und in der gesamten Wirbelsäule wie Nebelschwaden.

Dieser Verdacht wurde dann im Sommer 2015 durch eine Lumbalpunktion bestätigt. Erste Symptome, in Form einer Empfindungsstörung am großen Zeh des rechten Fußes, traten bereits im Frühjahr 2012 auf, kurz nach einem Arbeitsunfall.

Wann hattest du das erste mal Probleme mit einer neurogenen Blase und wie hat sich die Problematik bei dir geäußert?

Probleme hatte ich bereits seit 2012, sie äußerten sich als unkontrollierter Urinverlust beim Niesen und Husten. Und ich verlor teilweise die Kontrolle über meine Blase bei starkem Harndrang. Das wurde damals vom Urologen auf meine drei Schwangerschaften geschoben und auf mein Alter. Damals war ich 44 Jahre. Die Diagnose einer neurogenen Blase erhielt ich im August 2015 in einer neurourologischen Klinik.

Was hat der ungewollte Urinverlust mit dir gemacht? Wie hast du dich gefühlt und welche Auswirkungen hatte es auf deinen Alltag?

Ich habe mich sehr oft unwohl gefühlt, unsauber und ich hatte das Gefühl, ich müsste mich für etwas schämen. Unter dem Kontrollverlust über meine Blase habe ich psychisch gelitten. Ich habe mich zurückgezogen, bin wenig unter Menschen gegangen und spontane Treffen gänzlich unterlassen. Wenn ich dann doch mal raus musste, habe ich vorher sehr wenig getrunken.

Hast du zunächst zu anderen Hilfsmitteln oder Maßnahmen gegriffen, um dir selbst zu helfen?

Über den Urologen ließ ich mir Beckenbodentraining verordnen. Mit Liebeskugeln versuchte ich zusätzlich den Beckenboden schnell wieder zu kräftigen. Teilweise habe ich sehr wenig getrunken und bin vor dem Verlassen des Hauses immer erst zur Toilette gegangen.

Welche Auswirkungen hatten die neurogenen Blasenstörungen auf deinen Alltag und deine soziale Teilhabe?

Ich habe mich sehr weit zurückgezogen und an vielen Dingen nicht mehr teilgenommen.

Wann hast du deinem Neurologen von den Problemen berichtet und dir einen Termin beim Urologen bzw. Neurourologen geholt? Wusstest du sofort, an wen du dich wenden kannst? Wer war dein erster Ansprechpartner? Welche Fragen hast du deinem behandelnden Arzt gestellt?

Ich konnte von Anfang an über das Thema sprechen. Da hatte ich Glück. Mein Neurologe sagte mir, es wäre wichtig eine Untersuchung in einer Neuro-Urologischen Klinik durchführen zu lassen. Dort würde eine Blasendruckmessung durchgeführt werden. Denn auch hier haben die Nervenbahnen vom Gehirn zur Blase ihre Funktion. Um zu sehen, ob es dort durch Nervenschädigung zu Problemen kommt, sei diese Untersuchung wichtig.

Bei mir war somit der Neurologe derjenige, der den Stein ins Rollen gebracht hat. Mit der Überweisung von meinem Neurologen holte ich mir einen Termin in einer Neuro-Urologischen Klinik.

Ich muss aber dazu sagen, dass bei uns in der Familie das die Blase und Nieren schon immer ein Thema waren.

Welche Untersuchungen hat der Neuro-Urologe bei dir vorgenommen, um die genaue Ursache und Intensität zu ermitteln? Und wie empfandest du diese Untersuchungen?

In der Neuro-Urologischen Klinik wurde eine urodynamische Untersuchung durchgeführt. Hierbei werden zwei spezielle Katheter verwendet. Der eine wird in die Blase und der andere in den Enddarm eingeführt. Dann wird die Blase erst einmal komplett geleert.

Als Nächstes wird die Blase langsam mit einer körperwarmen Infusionsflüssigkeit gefüllt. Bei verschiedenen Füllmengen sollte ich nach Aufforderung kräftig husten. Dabei wurde der Druck in der Blase und im Bauchraum gemessen. Zusätzlich wurde die Aktivität der Beckenbodenmuskulatur durch drei Klebeelektroden gemessen. Diese wurden mir vor Beginn der Untersuchung an ganz bestimmte Punkte geklebt und verkabelt.

Die Untersuchung fand ich okay. Muss man aber nicht unbedingt haben, wenn sie für MS-Betroffene nicht wichtig wäre. Mein Motto bei solchen Dingen lautet: Was sein muss, muss eben sein. Augen zu und durch.

Tatsächlich schaue ich aber immer sehr genau hin, was gemacht wird und stelle konkrete Fragen, um alles besser verstehen zu können. Es geht ja schließlich um meinen Körper.

Wann hast du das erste Mal über Selbstkatheterisierung nachgedacht? Und wie lange hat es gedauert bis du dich dazu entschieden hast intermittierende Katheter zu nutzen? ab es einen speziellen Auslöser? Und wie bist du im Anschluss vorgegangen? Wie war dein Empfinden, als du mit Kathetern zum ersten Mal in Berührung gekommen bist?

 

Es war im Sommer 2019, als ich wieder mal einen Termin bei meinem Urologen hatte.

Die Empfehlung mich selber zu katheterisieren hatte ich bereits 2018 in der Neuro-Urologischen Klinik erhalten. Ich hatte immer dieses Bild im Kopf, von einem Menschen im Krankenhaus, der einen Dauerkatheter gelegt bekommen hat. Dabei zog sich bei mir alles zusammen und weder mein Kopf, noch mein sonstiger Körper konnte sich mit dem Gedanken wirklich beschäftigen.

Heute bedauere ich es, dass ich mich nicht früher überwinden konnte, mich richtig zu erkundigen. Hier fehlte mir auch die Unterstützung der Ärzte, mir zu helfen, um diese falsche Vorstellung zu überwinden.
Aber letzten Endes habe ich mich doch selber überwunden und das Thema nochmal direkt beim Urologen angesprochen. Grund war mein Gefühl, dass sich meine Restharnmenge erhöht hatte. Um diese über einen längeren Zeitraum zu dokumentieren, ist natürlich Selbstkatheterisierung von großem Vorteil.

Also erhielt ich von meinem Urologen eine Verordnung und eine Karte inklusive Telefonnummer von einem Unternehmen, welches Einmalkatheter herstellt. Mit diesen Produkten würden andere Patienten gut zurechtkommen. So die Aussage, die ich noch dazu bekam.

Ich rief dort an und berichtet kurz, um welches Problem es sich bei mir handelte. Man sagte mir, dass sich eine Beraterin für Selbstkatheterisierung bei mir melden würde, um mir eine persönliche Einweisung zu geben. Wir vereinbarten einen Termin, an dem ich ausreichend Zeit und Ruhe hatte.

Wie gut wurde dir zu Beginn die Selbstkatheterisierung erklärt, wer hat Dich angeleitet und in welcher Frequenz und wie lange hat es gedauert, bis du mit dem Vorgang vertraut geworden bist?

Das Gespräch mit der Beraterin war wirklich sehr angenehm und locker. Dazu hatten wir beide sehr gut beigetragen. Es ging auch erst einmal mit der Theorie los. Über Anatomie und anschauen eines Einmalkatheters ging es dann in den praktischen Teil über. Da ich zu meinem Körper eine recht lockere Beziehung habe, meisterte ich diesen Teil ganz gut, glaube ich. Ich konnte sofort die Anweisung der Beraterin gut umsetzen und direkt beim ersten Mal meine Blase über den Katheter entleeren. Alles in allem dauerte der Termin ungefähr eine dreiviertel Stunde.

Klar ist es nicht einfach, über seinen Schatten zu springen, in Anwesenheit einer fremden Person, die einem genau auf die Finger schaut bei der Katheterisierung. Aber ich wollte mich auf keinen Fall selber verletzen und brauchte daher diese Unterstützung.

Auch wieder ganz nach meinem Motto: Was sein muss, muss sein. Augen zu und durch.

Zum Schluss fragte sie mich, ob ich mir das in Zukunft alleine zutrauen würde. Wenn nicht, würde sie auch gerne noch ein zweites Mal wiederkommen. Und ich könnte mich jederzeit auch telefonisch an sie wenden.
Seitdem katheterisiere ich mich normalerweise zweimal pro Tag. Immer wieder bespreche ich das Ergebnis mit meinem Urologen. Dazu führe ich möglichst zwei Wochen vor dem Termin ein Restharn-Protokoll. Ich muss zugeben, es gibt auch mal Zeiten zwischendurch, in denen ich nicht ganz so konsequent mit allem bin. Aber ich weiß, dass das nicht gut ist.

Gibt es Situationen, in denen du dich selbstkatheterisierst, obwohl keine Toilette verfügbar ist?

Ja, inzwischen bin ich da sehr schmerzfrei geworden. Zum Glück bin ich in der Zwischenzeit auf die Firma Coloplast aufmerksam geworden, allerdings in einem anderen Zusammenhang. Ich war auf der Suche nach einer Lösung wegen meinen Problemen mit meiner Darminkontinenz. Dieses Problem hat sich bei mir inzwischen auch eingestellt.

Dabei fand ich heraus, dass Coloplast neben Einmalkathetern auch Compact-Sets mit Urinbeuteln anbietet. Kleine Einmalkatheter, die gut in der Handtasche verschwinden gibt es auch. So fällt es keinem auf, was ich da bei mir führe, selbst wenn mal einer herausfällt oder wenn ich mal einen aus der Tasche nehme, um ohne Tasche eine Toilette aufzusuchen.

Inzwischen katheterisiere ich mich auch bei Notdurft in Situationen, an die ich früher nie gedacht hätte. Sei es bei längeren Spaziergängen, wo weit und breit keine Toilette zu finden ist, ich aber die Möglichkeit habe, mich aus dem Blickfeld zu ziehen. Oder wenn es beim Shoppen mal wieder keine Toilette in der Nähe gibt. Mir reicht ein Geschäft mit Umkleidekabinen. Zu Not katheterisiere ich mich halt dort. Immer noch besser, als mit nasser Hose rumzulaufen. Ich weiß, wovon ich spreche. Peinliche Situationen hatte ich schon einige und die brauche ich nun wirklich nicht.

Auch unsaubere Toiletten sind durch die Selbstkatheterisierung kein Problem mehr. Inzwischen kann ich mich mit den Compact Sets von Coloplast sogar im Stehen katheterisieren und vermeide dadurch, mir mal wieder eine Blasenentzündung zuzuziehen.

Welchen Einfluss hat die zurückgewonnene Kontrolle über deine Blasenentleerung auf deine Aktivitäten und deine Teilhabe am sozialen Leben? Und wie verknüpfst du das Selbstkatheterisieren mit deinem Alltag, Berufsleben und auf Reisen?

Ich kann das Leben jetzt wieder viel freier und aktiver genießen und wieder an Auftritten teilnehmen. Befreit von Ängsten einen Stadtbummel machen oder auch längere Spaziergänge an Tagen, an denen ich mich gut fühle. Leider ist wie bei vielen MS-Erkrankten nicht nur die Blase eine Baustelle bei mir, sondern es gibt darüber hinaus noch viele andere.

Aber durch das Selbstkatheterisieren ist das Leben eben ein wenig freier geworden. Da ich nicht mehr im Berufsleben stehe, kann ich hierzu nichts sagen. Auf Reisen handhabe ich es, wie zuhause. Das heißt: Habe ich einen längeren Zeitabschnitt vor mir, wo ich weiß, es gibt keine Toilette, entleere ich auch mal zusätzlich zu den den zwei Katheterisierungen am Tag. So verlasse ich den Ort schon mal mit komplett leerer Blase und habe mehr Zeit, bis zum nächsten Pippi machen. Ich bin dann entspannt und kann alles viel besser genießen.

Wie häufig katheterisierst du dich am Tag und benutzt du neben dem Einmalkatheter noch weitere/andere Hilfsmittel?

Wie ich schon erwähnte, katheterisiere ich mich möglichst zweimal am Tag. Das heißt in meinem Fall morgen nach dem Aufstehen und abends beim letzten Toilettengang vor dem Schlafen. Ansonsten zwischendurch nach Bedarf, je nach dem, was ich vorhabe, gerade mache oder es meine Blase erfordert.

Zu meiner Sicherheit trage ich aber auch immer noch Inkontinenzeinlagen. Damit fühle ich mich zusätzlich auf der sicheren Seite.

Was ist dir wichtig bei der Produktauswahl deiner Katheter?

Die Produktauswahl ist natürlich für jeden wichtig. Jeder muss das Richtige für sich finden. Dazu muss ich vielleicht auch erst einige Modelle ausprobieren. Für mich stand im Vordergrund, dass ich keine Schmerzen habe, hierzu sind die Katheter mit einer besonderen Flüssigkeit umzogen. Diese ermöglicht das einfache und sanfte Einführen des Katheters. Alle Stellen am Katheter, die eine Reizung hervorrufen könne, sind speziell bearbeiten. Kanten werden vermieden.

Welche Stärke ich am besten verwende, muss auch jeder selber ausprobieren. Von Coloplast und anderen Anbietern werden sie in verschiedenen Größen produziert. Ich selber verwende zuhause einen L-Katheter. Dieser verhindert für mich am besten, dass ich mit der Hand, die den Katheter führt, in den Toilettentopf gehen muss.

Wichtig war für mich auch, dass der Katheter gebrauchsfertig ist. Das heißt, ich muss kein Gleitmittel einsetzen.

Harnwegsinfekte treten hin und wieder auf. Diese haben aber im Vergleich zu dem Zeitpunkt, wo ich mich noch nicht katheterisiert habe, abgenommen.

Hat deine Intimsphäre durch möglichen unkontrollierten Urinabgang auch gelitten? Und wenn ja, wie hat sich die Situation verändert, seitdem du dich selbstkathetherisiert?

Gelitten hat die Intimsphäre definitiv in der Zeit vor dem Katheterisieren. Allein der Gedanke, unkontrolliert in dieser Situation Urin zu verlieren, war für mich unerträglich.

Da ist mir sehr oft jegliche Lust vergangen. Das mag aber auch der ein oder andere für sich anders sehen. Aber auch hier hat die Eigenkatheterisierung mir meine Ängste nehmen können. Ich glaube, dies ist gerade das größte Hindernis, warum viele Betroffene nicht über das Thema sprechen. Sie ziehen sich zurück. Ohne über all dies Dinge mit jemanden zu sprechen, ob Partner, Arzt oder eine andere Vertrauensperson, droht man auf Dauern womöglich zu zerbrechen.

Hast du Tipps wie man das Thema der neurogenen Blasenstörung inklusive Hilfsmitteln innerhalb der Beziehung ansprechen kann?

Ich kann es nicht mehr wirklich sagen, wie ich es gemacht habe über dieses Thema zu sprechen. Bei mir war es, glaube ich Infomaterial, das ich auf dem Tisch liegen hatte. Oder was war ein Arztbesuch. Solche Momente konnte ich noch nie wirklich gut behalten.

Auf jeden Fall finde ich es wichtig, dass nicht nur die Selbstbetroffenen dafür verantwortlich gemacht werden. Auch Ärzte oder Menschen aus dem Umfeld des Betroffenen sollten Mut fassen, dieses Thema anzusprechen. Vielleicht hilft es dem ein oder anderen eine Broschüre hinzulegen und die Bitte, diese einmal zu lesen. Beim Arzt zu sagen, dass man von anderen Betroffenen gehört hat, dass sie damit Probleme haben. Was er einem dazu sagen kann. Dann habe ich vielleicht beim nächsten Mal den Mut zu sagen, dass es sich dabei um mich handelt.

Wie groß ist der Aufwand, um neue Katheter zu bestellen und wie zufrieden ist du mit dem Service und der Lieferzeit?

Hier habe ich mich inzwischen für Coloplast Homecare entschieden. Ich finde den Service, der hier geboten wird, einfach super. Die Lieferung ist schnell. Ich bekomme sogar den einen Katheter, der nicht von Coloplast ist von dort geliefert. Bei Fragen habe ich immer bemühte Mitarbeiter am Telefon gehabt, die mir weitergeholfen haben.

Für neue Katheter brauche ich mir nur das Rezept vom Arzt holen und zu Coloplast Homecare schicken. Meist liegt binnen 4 Tagen meine Lieferung vor.
Ich bin damals auch mit Mustern von Kathetern beliefert worden, um mir verschiedene Katheter ansehen zu können.

Hast du aufgrund deines öffentlichen Umgangs mit dem Thema auch Feedback von Männern mit neurogener Blasenstörung erhalten? Und wenn ja, welches?

Ich hatte mir am Anfang viele Gedanken darüber gemacht, ob ich mit negativen Reaktionen umgehen kann. Aber ich habe für mich selber entschieden, dass ich so etwas wegstecken kann. Ich bin aber positiv überrascht, dass es überwiegend positive Reaktionen waren. Leider ist von Männern bis jetzt nicht viel an Reaktion gekommen. Ich glaube, dass Männer sich immer noch viel schwerer mit dem Thema tun. Leider wird in der Öffentlichkeit ja auch immer noch viel mehr über Frauen gesprochen, wenn es um eine neurogene Blasenstörung geht.

Ich würde mich freuen, wenn auch hier mehr klargestellt würde, dass es auch ein Problem von vielen Männern ist. Die leider wenigen Reaktionen wurden von Männern aber sehr positiv gesehen. Auch für Männer gibt es ja viele Produkte, die eingesetzt werden können. Aber hier sind es für mich auch die Ärzte, die mehr und offen über das Problem mit ihren Patienten sprechen sollten.

Was würdest du anderen Patienten mit einer ausgeprägten neurogenen Blasenstörung raten? Was hättest du gerne früher gewusst und hast du Tipps für andere Patienten, die sich möglicherweise noch vor der Anwendung scheuen?

Mein Appell an alle ist, dieses Thema ernst zu nehmen. Wenn ihr euch nicht alleine zutraut, einen Arzt darauf anzusprechen, nehmt eine vertraute Person mit. Vielleicht ist auch mein offener Umgang mit dem Thema eine Unterstützung für Euch. Ich möchte aber auch betonen, das ist meine Geschichte und mein Weg im Umgang mit dem Problem. Jeder muss seinen eigenen Weg finden.

Ich hätte gerne bereits früher einen Überblick über die Breite der Produkte gehabt. Sich nicht immer auf stundenlange Suche begeben zu müssen. Was ich auch wichtig gefunden hätte, wäre ein Video, was mir zeigt, wie die Beratungssituation abläuft. Keiner geht gerne in eine unbekannte Situation rein. Je mehr Ungewissheit besteht, umso mehr vermeide ich die Situation.
Für alle, die noch vor der Anwendung stehen, möchte ich sagen, ihr könnt viel gewinnen, wenn ihr es macht.

Wie hast du dich zu Beginn gefühlt und wie fühlst du dich jetzt, wenn du mit Bekannten und Freunden offen über das Thema Blasenschwäche sprichst?

Am Anfang hatte ich kein gutes Gefühl, wenn ich über das Thema gesprochen habe. Inzwischen weiß ich aber, dass ich keine Angst haben muss. Sehr oft waren Personen dankbar, wenn ich mit dem Thema angefangen habe. Jeder tut sich schwer damit, also möchte ich heute die Person sein, die den Stein ins Rollen bringt. Findet es gut oder auch nicht. Dies hier ist mein Weg und davon kann mich keiner abbringen. Ich würde mich freuen, wenn ich einige damit erreichen kann, ihren Weg zu gehen.

Der erste Schritt ist immer der schwerste und raucht die meiste Kraft. Ich bin davon überzeugt, dass es sich aber lohnen wird, um wieder mehr Freiheit zu gewinnen.

Du hast noch mehr Fragen an Kathrin

Dann kannst Du sie per Mail anschreiben: 1968franziska@web.de

Da das Problem auch Männer betrifft, gehen wir im zweiten Interviewteil mit Uwe Papenkordt auf deren Eigenheiten ein.

Interview mit Uwe Papenkordt zu Blasenschwäche bei Männern mit MS

Wie schwer fällt es Männern ihrer Erfahrung nach sich Hilfe zu holen, wenn sie von einer ausgeprägten Blasenschwäche betroffen sind?

Entgegen der allgemeinen Meinung holen Männer sich ebenso schnell Hilfe, wenn sie von ungewolltem Urinverlust oder besonders einer Harnwegsinfektion betroffen sind. Auch die Früherkennungsuntersuchungen werden heute wesentlich regelmäßiger von Männern ab 45 Jahren angenommen als noch vor Jahren.

Was sind die größten Hindernisse und Bedenken und wie groß muss der Leidensdruck werden bevor Männer sich Unterstützung holen?

Was den Leidensdruck und die Befürchtungen der Männer angeht, ist hier natürlich eine andere Herausforderung gegeben. Aufgrund der längeren Harnröhre und der zwei physiologischen Biegungen, haben Männer Bedenken im Bezug auf Verletzungen beim Katheterismus.

Wichtig ist, die richtige Technik zu erlernen und das passende Produkt zu verwenden. Es geht in erster Linie darum die Blase vollständig zu entleeren, Infektionen zu vermeiden und länger schubfrei zu sein.

Sind ihre Berater auch psychologisch geschult, um die vorhandenen Ängste und Bedenken bestmöglich aufzufangen und zu besprechen?

Jeder der schon mal selbst katheterisiert hat weiß, wie einfach es sein kann. Unsere Mitarbeiter durchlaufen ein fundiertes Training und haben durch viele Gespräche mit den Anwendern ein gutes Gespür, welche Sorgen die Bertoffenen umtreibt. Es gibt zwar immer neue Sichtweisen, doch am Ende ist es immer die gleiche Fragestellung. Ich zum Beispiel berate Patienten schon seit 1992 zu diesem Themenbereich und seit damals hat sich viel weiterentwickelt.

Wie finden Männer heraus, welches Kathetersystem das passende für sie in bestimmten Situationen ist?

Die richtige Katheterwahl kann Mann am besten mit Hilfe der Fachkraft durchführen. Viele Homecare Unternehmen bieten auch sogenannte „Katheterfinder“ – Systeme online an. Hier kann man sich die unterschiedlichen Produktvorteile ansehen und auch Muster bestellen. Besonders, wenn noch viele Fragen offen sind, empfiehlt sich die Rücksprache mit einer qualifizierten Fachkraft.

Was sind die Vorteile von SpeediCath Flex und SpeediCath Compact?

Die SpeediCath Familie zeichnet sich durch ihre innovative hydrophile Beschichtung aus.

Der SpeediCath Flex für Männer hat eine flexible Kugelspitze, die besonders gut in der männlichen Harnröhre „navigiert“ und auch das Harnblasendach nicht verletzt. Nach Gebrauch kann das Produkt wieder in seiner Verpackung verschlossen und diskret entsorg werden. Mit dem SpeediCath Flex Set, der SpeediCath Flex mit integriertem Beutel, steht dem Anwender auch für unterwegs ein praktisches und diskretes Format zur Verfügung.

Der SpeediCath Compact ist neben seiner kompakten Art auch diskret und kann auch für eine Reisezahnbürste gehalten werden. Der SpeediCath Compact mit Teleskopsystem ist besonders formstabil und im Set auch mit integriertem Beutel erhältlich. An diesen Beispielen sieht man, dass eine gezielte Beratung zum passenden Produkt sehr wichtig ist, um individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Wie wenden Männer den intermittierenden Katheter an?

Der Ablauf des intermittierenden Selbstkatheterismus

Gibt es spezifische Nebenwirkungen bzw. Dinge die Männer beachten müssen, die über die vorhin genannten hinausgehen?

Die Nebenwirkungen beim Mann die sich von der Frau unterscheiden sind mögliche Entzündung der Prostata, der Nebenhoden oder der Samenleiter.

Welche Tipps haben sie für Männer, die Katheter diskret aufzubewahren, da sie im Gegensatz zu Frauen selten Handtaschen tragen?

Die modernen Kompaktkatheter sind so designed, dass man sie diskret mit nehmen kann ohne, dass es nach Kathetern aussieht. Die meisten Anwender führen kleine Rücksäcke oder ähnliches mit, in denen die Katheter und das Desinfektionsmittel sowie Reinigungsmittel mitgeführt werden können.

Erhalten sie gelegentlich Feedback von Männern, welchen Einfluss die zurückgewonnene Kontrolle über ihre Blasenentleerung auf deren Alltag hat?

Die Männer, die den ISK erfolgreich durchführen und keine Nebenwirkungen haben sind meistens zufrieden und erwähnen die Vorteile nicht so deutlich. Für sie zählt, dass sie eine passende Lösung für sich gefunden haben.

Was möchten sie Männern mit auf den Weg geben, bei denen Auffanghilfen und Stopper nicht mehr ausreichen, um die Auswirkungen der neurogenen Blasenstörung zu bewältigen, die aber noch zögern intermittierende Katheter auszuprobieren?

Generell sollte man bei Urinverlust nicht nur zur Selbsthilfe mit aufsaugenden Produkten greifen, sondern den Urinverlust abklären lassen. Sollte Restharn übersehen werden, kann dieser unter Umständen zu Entzündungen führen.

Was unternehmen Männer möglicherweise, um sich selbst zu helfen?

Früher hat man neurogene Blasenfunktionsstörungen mit dem Ausklopfen oder dem sogenannten Credeschen Handgriff ausgepresst. Diese Techniken versucht man heute zu vermeiden, da es hierdurch zu Überdrücken in der Blase kommt, die ebenso in die Nieren aufsteigen und mit der Zeit Nierenfunktionsstörungen auslösen können. Die meisten sogenannten Coping Strategien beziehen sich auf Versorgung mit saugenden Produkten. Die wichtigste Information ist für Betroffene in meinen Augen: Du bist nicht allein mit dem Problem, geh zum Arzt!

Vielen Dank an Kathrin Biernath für ihre persönlichen Erfahrungen und an Uwe Papenkordt für sein Expertenwissen.

Bis bald und versuche so gesund wie möglich zu leben,
Nele

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Nele von Horsten

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