#272: Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak) bei hochaktiver MS

Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak) ist eine Immuntherapie aus dem Bereich der Immunsuppressiva, die zur Behandlung von hochaktiver Multipler Sklerose (MS) eingesetzt wird. Es gehört zur Klasse der verlaufsmodifizierenden Therapien, die das Immunsystem durch Depletion gezielt beeinflussen, um das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern. Erfahre mehr über das Prinzip der Induktionstherapien, wie Cladribin funktioniert, wie wirksam es ist und welche potenziellen Risiken damit verbunden sind. Du lernst die Rolle von Cladribin in der MS-Therapie kennen, seine verschiedenen Formen und was PatientInnen wissen sollten, wenn sie diese Behandlung in Betracht ziehen, insbesondere im Hinblick auf Schwangerschaft, Stillen und langfristige Gesundheitsüberwachung.

Bitte bedenke, dass ich hier nur einen Überblick geben kann. Dein Neurologe und deine MS-Schwester sollten dich ausführlich über die richtige Therapie für dich beraten. Das liegt daran, dass sie deinen allgemeinen Gesundheitszustand kennen und du auch über deine Ziele, Wünsche, Ängste und Vorlieben sprechen solltest, damit diese berücksichtigt werden können.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Informationen

Um einen guten Überblick über das große Thema der Therapieentscheidungen zu bekommen, empfehle ich dir, zuerst die Folge 250 zu hören: Immuntherapie bei MS. Ein Wegweiser durch Wirksamkeit und Auswahl mit Prof. Tjalf Ziemssen. Dort wirst du erfahren, warum:

  • Man die verschiedenen verlaufsmodifizierenden Medikamente nur bedingt miteinander vergleichen kann.
  • Es wichtig ist, schnell mit einer wirksamen Therapie zu beginnen.
  • MRT und andere Untersuchungen wichtig sind für die Beurteilung des Krankheitsverlaufs und Aufschluss über die Wirksamkeit geben.
  • Therapien so wenig wie möglich gewechselt werden sollten, aber natürlich immer, wenn sie nicht ausreichend wirksam sind.
  • Es oft besser ist, mit einer hochwirksamen Therapie zu beginnen und erst im fortgeschrittenen Alter auf eine niedrigere Kategorie zu wechseln.
  • Es bei hochaktiver MS wichtiger sein kann, schnell mit der Immuntherapie zu beginnen und in einem zweiten Schritt die Rehabilitation in Angriff zu nehmen.
  • Generika und Biosimilars immer häufiger eingesetzt werden und welche Zulassungsvoraussetzungen sie erfüllen müssen.
  • Die Risiken und Nebenwirkungen einer Therapie unterschieden werden müssen in unangenehme Nebenwirkungen zu Beginn der Therapie und seltene mögliche Risiken. Und diese müssen in Relation zu den meist irreversiblen Langzeitfolgen einer unbehandelten MS gesetzt werden.
  • Es wichtig ist, dass du deine Meinung, Wünsche, Ziele und Befürchtungen mit deinem Neurologen ehrlich besprichst, um gemeinsam Behandlungsentscheidungen zu treffen, denen beide Seiten zustimmen können.
  • Es von Vorteil ist, sich von MS-Spezialisten betreuen zu lassen und selbst informiert zu bleiben, um von neuen Erkenntnissen und Behandlungsmöglichkeiten zu profitieren.
  • Du mit deiner eigenen gesunden Lebensweise zu einer günstigen Prognose beitragen kannst..

Noch ein allgemeiner Hinweis

Die Zulassungsstudien für die einzelnen Medikamente wurden zu sehr unterschiedlichen Zeiten durchgeführt. Vor dreißig Jahren musste man schwerer betroffen oder im Krankheitsverlauf weiter fortgeschritten sein, um eine sichere Diagnose der Multiplen Sklerose zu erhalten. Leichte Verläufe wurden wahrscheinlich gar nicht oder zunächst nicht diagnostiziert. Mit immer besseren Untersuchungsmethoden, wie z. B. der Kernspintomographie, auch bekannt als MRT, findet man heute deutlich kleinere Läsionen im zentralen Nervensystem. Außerdem war vor 30 Jahren noch nicht bekannt, dass es sich bei den Neuromyelitis-Optica-Spektrum-Erkrankungen, kurz NMOSD und MOGAD, um eigenständige Krankheiten handelt, die eigene Therapien erfordern und manchmal sogar negativ auf MS-Medikamente reagieren. Früher hielt man sie für Multiple Sklerose, und MS-Therapien linderten die Krankheitsaktivität fast nie.

Wie wird Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak) bei den Immuntherapien eingestuft?

Für die vorbeugende, d. h. verlaufsmodifizierende Therapie der Multiplen Sklerose gibt es derzeit drei verschiedene Therapieansätze. Am unspezifischsten ist die Immunmodulation. Die Migrationshemmung wirkt bereits zielgerichtet. Am spezifischsten ist die Depletion von Immunzellen, zu der auch Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak) gehört. Die Therapien sind in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt:

  1. Immunmodulation – die Therapien schwächen das Immunsystem. Sie wirken sehr breit über verschiedene Faktoren (z.B. auf Th1/T17 – Th2/Treg, Antigenpräsentation) sowie auf verschiedene Signalwege und möglicherweise über andere Mechanismen: Sie versuchen, das Milieu von entzündlich auf nicht-entzündlich zu verschieben:
    • Dimethylfumarat (Tecfidera und Generika) & Diroximel-Fumarat (Vumerity),
    • Glatirameracetat (Copaxone und Generika),
    • Interferon-beta: Interferon beta-1a (Avonex, Rebif), Interferon beta-1b (Betaferon, Extavia), Peginterferon beta-1a (Plegridy)
    • Teriflunomid (Aubagio)
  2. Migrationshemmung – die Wanderung bestimmter Immunzellen wird gehemmt:
    • Natalizumab (Tysabri, Tyruko)
    • S1P-Modulatoren: Fingolimod (Gilenya), Ozanimod (Zeposia), Ponesimod (Ponvory), Siponimod (Mayzent)
  3. Zelldepletion – sich entwickelnde Immunzellen sterben ab
    • Verminderung von T-Zellen, B-Zellen, NK-Zellen und Monozyten: Alemtuzumab (Lemtrada, Campath)
    • T- und B-Zell-Depletion: Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak)
    • B-Zell-Depletion: Ocrelizumab (Ocrevus), Ofatumumab (Kesimpta, Bonspri), Rituximab (Mabthera, Rituxan), Ublituximab (Briumvi)

Wofür ist Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak) zugelassen?

Cladribin ist für die Behandlung von hochaktiver schubförmiger MS bei Erwachsenen zugelassen. Es sollte eine detaillierte Nutzen-Risiko-Bewertung durchgeführt werden, basierend auf den vorhandenen Zulassungsstudien CLARITY, CLARITY EXTENSION, ORACLE-MS und ONWARD. Vor dem Hintergrund dieser Studiendaten kann Cladribin bei folgenden Patientengruppen eingesetzt werden:

  1. Patienten, die unter hoher Krankheitsaktivität während der Therapie mit einem verlaufsmodifizierenden Medikament leiden, d. h. im Vorjahr …
    • … mindestens einen Schub während der verlaufsmodifizierenden Therapie erlitten haben und
    • … mindestens neun T2-hyperintense Läsionen oder mindestens eine
      Gadolinium-verstärkte Läsion im Gehirn-MRT aufweisen.
  2. Patienten mit zwei oder mehr Schüben im letzten Jahr, unabhängig davon, ob sie mit einer verlaufsmodifizierenden Therapie behandelt wurden oder nicht.

Wie sieht die Situation für spezielle Patientengruppen aus?

Kinder und Teenager

Aufgrund des Krebsrisikos wird Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak) bei MS-Patienten unter 18 Jahren nicht empfohlen. Es gibt keine Daten zur Sicherheit oder Wirksamkeit bei pädiatrischen Patienten.

Schwangerschaft und Stillen: Empfehlung der europäischen (EMA) und amerikanischen Zulassungsbehörden (FDA)

Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung mit Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak) eine wirksame Empfängnisverhütung anwenden. Vor jedem Behandlungszyklus muss ein negativer Schwangerschaftstest vorliegen. Wenn möglich, sollte die Empfängnisverhütung sowohl mit einem Verhütungsmittel wie Pille oder Spirale und ähnliches als auch mit einer Barrieremethode wie einem Kondom erfolgen. Der Zeitraum zwischen der letzten Dosis Cladribin sollte mindestens sechs Monate betragen. Dies gilt auch für Männer, da in Tierstudien eine erhöhte Rate an Fehlgeburten und Missbildungen beobachtet wurde, unabhängig davon, ob die Mütter oder Väter dem Wirkstoff ausgesetzt waren.

Falls es während der Behandlung oder mit einem Intervall von weniger als sechs Monaten dennoch zu einer Schwangerschaft kommt, sollte die Behandlung sofort abgebrochen und während der Schwangerschaft eine intensivere Diagnostik durchgeführt werden.

Cladribin sollte nicht während der Stillzeit eingenommen werden.

Empfehlung des DMSKW (Deutschsprachiges MS-Kinderwunschregister)

In den klinischen Studien zu Cladribin (Mavenclad) gab es nur wenige Schwangerschaften, von denen die meisten bewusst abgebrochen wurden. Die Zahl der Fehlgeburten entsprach der normalen Fehlgeburtenrate in der Allgemeinbevölkerung. Drei Kinder wurden gesund geboren und es gab keine Missbildungen. Die wenigen anderen Kinder, die nach der Zulassung von Cladribin geboren wurden, waren ebenfalls gesund.

Unser Register dokumentierte 62 Schwangerschaften, bei denen die Mütter vor der Schwangerschaft in unterschiedlichen Abständen Cladribin eingenommen hatten. Von diesen wurden 46 Babys gesund geboren. Zwei Babys hatten ein niedriges Geburtsgewicht (Einnahme von Cladribin mehr als sechs Monate vor der Schwangerschaft) und ein Baby hatte einen Herzfehler, der auch in der Allgemeinbevölkerung häufig ist (die Mutter hatte 66 Tage vor der Schwangerschaft Cladribin eingenommen).

Cladribin kann in die Muttermilch übergehen. Erste Daten aus dem Register zeigen, dass bei einer Patientin, die Cladribin in der ersten und zweiten Behandlungswoche einnahm, nur eine geringe Menge (etwa 3 % der Dosis) in die Muttermilch überging. Da Cladribin jedoch im Körper schnell abgebaut wird, konnte 48 Stunden nach der letzten Dosis kein Wirkstoff in der Muttermilch nachgewiesen werden.

Da Cladribin länger wirksam bleibt, könnte es theoretisch Vorteile bei der Planung einer Schwangerschaft bieten.

Wenn du jedoch während der Behandlung oder innerhalb von 6 Monaten nach der letzten Dosis Cladribin schwanger wirst, wende dich bitte sofort an deinen Arzt, um entsprechende Ratschläge zu erhalten. Wenn du während eines Behandlungszyklus schwanger wirst, muss die Behandlung sofort abgebrochen werden. Du darfst Cladribin nicht einnehmen, wenn du schwanger bist oder stillst.

Wer sollte Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak) meiden?

  • Personen mit Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile.
  • Menschen mit akuten und chronisch aktiven Infektionen, wie HIV-Infektion, Tuberkulose, Hepatitis B und Hepatitis C.
  • Immungeschwächte Patienten.
  • Patienten mit mittelschwerer oder schwerer Nierenerkrankung.
  • Personen mit mittelschwerer oder schwerer Lebererkrankung.
  • Patienten, die einen Lebendimpfstoff in den letzten vier bis sechs Wochen, z. B. Impfung gegen Varicella-Zoster-Virus (VZV), Typhus, Gelbfieber usw. erhalten haben
  • Frauen in der Schwangerschaft oder Stillzeit

Eine relative Kontraindikation besteht für …

  • Patienten mit hoher Infektanfälligkeit (z. B. Druckgeschwüre auf der Haut, Aspirationsneigung, häufige Harnwegsinfektionen, Atemwegsinfektionen).
  • Personen mit einer Vorgeschichte bösartiger Erkrankungen.
  • Patienten mit Fructoseintoleranz, da die Cladribin-Tablette Sorbitol enthält.
  • Kinder unter 18 Jahren. Es liegen keine Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit bei pädiatrischer MS vor.

Wie wirkt Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak)?

Cladribin reduziert die entzündungsfördernden Untergruppen von Immunzellen und erhöht die Anzahl der regulatorischen Zellen. Es reduziert insbesondere bestimmte Arten von Immunzellen, die sogenannten T- und B-Zellen, sowohl teilende als auch ruhende.

Das Medikament bewirkt, dass die Zellen absterben. Unter anderem blockiert es ein wichtiges Enzym in sich teilenden Zellen. In ruhenden Zellen führt Cladribin zu einem raschen Energieverlust, der zum Absterben der Zelle führt. Cladribin gehört zu den Induktionstherapien und ist ein Immunsuppressivum, d. h. es wirkt nach der Einnahme schnell und hat bei nur kurzer Verabreichungsdauer eine langfristige Wirkung auf das Immunsystem.
Ab dem fünften Jahr kann ein neuer vierjähriger Therapiezyklus in Betracht gezogen werden. Allerdings fehlen hierzu noch die Daten aus der Praxis.

Wie wird es eingenommen?

Mavenclad

Cladribin wird oral als Tablette(n) in einer Gesamtdosis von 3,5 mg/kg Körpergewicht in insgesamt vier Behandlungszyklen verabreicht. Ein Behandlungszyklus umfasst eine oder zwei Tabletten pro Tag über vier oder fünf Tage. Die Dosis muss entsprechend dem Gewicht angepasst werden.

Das folgende Dosierungsschema von Cladribin wurde von der EMA für die Behandlung von Multipler Sklerose zugelassen: Im ersten Behandlungsjahr wird Cladribin oral in einer Dosis von 1,75 mg/kg Körpergewicht verabreicht. Im zweiten Jahr wird die orale Verabreichung von Cladribin in einer Dosis von 1,75 mg/kg Körpergewicht wiederholt.

Die ersten beiden Behandlungen werden in den Wochen 1 und 5 und die beiden weiteren Behandlungen in den Wochen 53 und 57 verabreicht. Diese vier Wochen der Tabletteneinnahme sollten idealerweise vier Behandlungsjahre abdecken.

Die Tablette(n) sollte(n) jeden Tag des Behandlungszyklus zur gleichen Zeit unzerkaut eingenommen werden. Dabei ist es egal, ob du die Tabletten zu oder unabhängig von Mahlzeiten einnimmst. Es wird empfohlen, sie drei Stunden vor oder nach anderen Medikamenten einzunehmen, da ein Bestandteil der Cladribin-Tabletten mit anderen Wirkstoffen interagieren kann.

Die Menge an Cladribin, die du einnehmen musst, wird anhand deines Körpergewichts berechnet. Der Hersteller stellt Tabellen zur Verfügung, mit denen du die Dosierung schnell und einfach bestimmen kannst. Du nimmst entweder eine oder zwei Tabletten pro Tag. Wenn du zwei Tabletten einnehmen musst, solltest du beide gleichzeitig als eine Dosis einnehmen. Die maximale Menge, die über zwei Jahre eingenommen werden kann, beträgt 40 Tabletten à 10 mg. Bei einigen Patienten kann eine dritte oder vierte Behandlung mit Cladribin erforderlich sein.

Leustatin und Litak

Leustatin und Litak sind nicht-orale Formen von Cladribin, die möglicherweise außerhalb der Zulassung zur Behandlung von MS eingesetzt werden. Sie werden als Infusion oder Injektion verabreicht. Diese Formen von Cladribin sollen ähnlich wirken wie die Tabletten und ähnliche Nebenwirkungen haben, was jedoch noch nicht vollständig nachgewiesen wurde.

Wie wirksam ist Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak)?

Gavin Giovannoni, ein MS-Experte aus Großbritannien, hat seine MS-Selfie-Karten auf einer Skala von eins bis zehn bewertet, wobei eins für geringe Wirksamkeit und zehn für maximale Wirksamkeit steht. Seiner Einschätzung nach erreicht Cladribin eine Bewertung von sechs für die Verhinderung von Schüben und acht für die Vermeidung von Langzeitbehinderungen.

In der zweijährigen Zulassungsstudie wurde Cladribin mit einem Placebo verglichen und reduzierte die Schübe um 58 Prozent und verlangsamte die Verschlechterung der Behinderung um 33 Prozent. Mit anderen Worten: Man kann auch 100 Patienten betrachten. 61 dieser Patienten bleiben schubfrei, selbst bei einem Placebo. In der Cladribin-Gruppe blieben weitere 19 Patienten schubfrei. Bei Betrachtung derselben 100 Patienten blieben 79 während des entscheidenden Studienzeitraums auf dem gleichen Behinderungsgrad, gemessen anhand der EDSS (Expanded Disability Status Scale), einschließlich der Placebogruppe. Bei sieben Personen in der Placebogruppe verschlechterte sich der Zustand, während er bei Cladribin stabil blieb.

Die Studien CLARITY und CLARITY EXT zeigten in den Jahren 3 und 4 bei 46 % der Personen, die zuerst ein Placebo und dann Cladribin erhielten, und bei 48 % der Personen, die von Anfang an Cladribin eingenommen hatten, keine Anzeichen von Krankheitsaktivität in drei Kategorien (NEDA-3). NEDA-3 bedeutet, dass es keine Schübe, keine Verschlechterung der Behinderung und keine Anzeichen von Krankheitsaktivität in MRT-Scans des Gehirns gab.

MS selfie card for Cladribine tablets, trade names: Mavenclad by Prof. Dr. Gavin Giovannoni, London, UK
MS selfie card for Cladribine infusion, trade names: Leustat, Litak by Prof. Dr. Gavin Giovannoni, London, UK

Risiken und Nebenwirkungen von Cladribin (Mavenclad, Leustatin, Litak)

Die Studien CLARITY, CLARITY EXTENSION, ORACLE-MS und ONWARD bildeten die Grundlage für die Zulassung von Cladribin. Folgende Nebenwirkungen treten häufig auf:

  • Bei mehr als einem von vier Patienten tritt eine Lymphopenie auf, eine niedrige Anzahl weißer Blutkörperchen, die über einen längeren Zeitraum anhalten kann. Dies kann dazu führen, dass der zweite Cladribin-Zyklus in den Wochen 53 und 57 verschoben werden muss oder manchmal gar nicht gegeben wird.
  • Die typischsten Nebenwirkungen nach der Einnahme von Cladribin sind Hautreaktionen, seltener Haarausfall und dünner werdendes Haar.
  • Es besteht ein erhöhtes Risiko für Herpesinfektionen, die Gürtelrose und Fieberbläschen verursachen.

Sicherheitsvorkehrungen – Laborparameter

Klinische neurologische Untersuchung

Klinische neurologische Untersuchungen müssen vierteljährlich durchgeführt werden. Vor jedem Behandlungszyklus mit Cladribin sollte dein Arzt deine medizinische Vorgeschichte überprüfen und eine klinische Untersuchung durchführen, um mögliche Gründe zu ermitteln, warum du das Medikament nicht einnehmen solltest.

Grundlegendes Laborprogramm

  • Routinemäßige Laborparameter: Vor jedem Behandlungszyklus mit Cladribin müssen Blutbild und Differentialblutbild überprüft werden. Eine genaue Typisierung der weißen Blutkörperchen kann ebenfalls durchgeführt werden, wenn dies sinnvoll erscheint. Die Kontrollen sollten dann alle zwei bis drei Monate durchgeführt werden. Wenn die Lymphozytenzahl unter einen kritischen Wert fällt, sollte die Behandlung im zweiten Jahr ausgesetzt und erst fortgesetzt werden, wenn sich die Werte normalisiert haben. Dauert die Normalisierung länger als sechs Monate, sollte Cladribin nicht mehr gegeben werden. Bei niedrigen Leukozytenzahlen sollte eine engmaschigere Kontrolle erfolgen und ggf. eine Herpesprophylaxe erwogen werden.
  • Die Leber- und Nierenwerte müssen vor jedem Behandlungszyklus mit Cladribin und dann alle zwei bis drei Monate über die gesamte Behandlungsdauer kontrolliert werden.
  • Vor jedem Cladribin-Behandlungszyklus muss eine Infektion ausgeschlossen werden. Treten während der Cladribin-Therapie Anzeichen einer klinisch relevanten Infektion auf, sollte eine antiinfektive Therapie eingeleitet werden. Die Verabreichung von Cladribin sollte unterbrochen oder verschoben werden, bis die Infektion vollständig abgeheilt ist.
  • Vor jedem Cladribin-Behandlungszyklus muss ein negativer Schwangerschaftstest vorliegen.

Radiologische Überwachung

Einmal jährlich sollte eine MRT des Gehirns und eventuell auch des Rückenmarks durchgeführt werden, um den Behandlungserfolg zu beurteilen und mögliche Komplikationen der Therapie zu erkennen, die für die Differentialdiagnose relevant sind. Kontrastmittel sind nur erforderlich, wenn es Anzeichen für eine Verschlechterung der Erkrankung gibt oder wenn keine standardisierte MRT-Erstuntersuchung vorliegt.

Krebsvorsorgeuntersuchungen

Da Cladribin das Immunsystem vorübergehend schwächen kann, sollten Patienten die Standardrichtlinien für Krebsvorsorgeuntersuchungen befolgen und die empfohlenen Kontrolluntersuchungen durchführen lassen. Darüber hinaus sollten mindestens zwei Jahre nach der letzten Cladribin-Dosis Blutuntersuchungen durchgeführt werden, um deine Gesundheit zu überwachen.

Du brauchst dir darüber keine Sorgen zu machen. Es wird für dich überprüft. Bitte nimm die Tests jedoch ernst und hole sie nach, wenn du einen Termin nicht einhalten kannst, und lasse sie nicht ganz ausfallen.

Auf der bereits erwähnten MS-Selfie-Karte werden die Nebenwirkungen auf einer Skala von eins für wenige oder selten bis zehn für viele oder häufig wie folgt bewertet:

  • Regelmäßige Nebenwirkungen bei zwei
  • Langfristige Nebenwirkungen bei eins
  • Krebsrisiko bei fünf

Cladribin erhält in der Übersicht der Therapieeffekte der MS-Selfie-Karte folgende Bewertung:

  • Klinikbesuche: minimal
  • Familienplanung: kurzfristig nicht vereinbar
  • Impfungen: gute Reaktion

Impfungen

Die Wirksamkeit von Impfungen kann während und nach der Einnahme von Cladribin eingeschränkt sein. Falls erforderlich, sollte der Erfolg der Impfung mittels Titerkontrolle überprüft werden.
Lebendimpfstoffe sollten vermieden und nur nach einer gründlichen Risiko-Nutzen-Abwägung verabreicht werden. Alle anderen Impfungen sind während der Behandlung mit Cladribin erlaubt.

Eine Impfung gegen Herpes Zoster, der zu Gürtelrose führt, wird für Patienten mit Immuntherapie ab einem Alter von 50 Jahren empfohlen. In diesem Fall wird eine Impfung mit dem inaktivierten Impfstoff Shingrix empfohlen.

Quellen

Für die Erstellung des Inhalts habe ich folgende Quellen verwendet:

Schlussbemerkung

Bitte denke daran, dass es kein Medikament gibt, das allen hilft, sondern dass immer abgewogen werden muss, was für eine bestimmte Person am besten geeignet ist. Auch andere Krankheiten, persönliche Ziele und Vorlieben müssen berücksichtigt werden. Deine Neurologin oder dein Neurologe und die MS-Schwester sind die richtigen Ansprechpartner und können individuelle Empfehlungen aussprechen. Dieser Beitrag dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Empfehlung dar. Was der einen Person hilft, muss der anderen nicht helfen.

Ich hoffe, dass du gemeinsam mit deinem Neurologen und deiner MS-Schwester schnell die richtige Immuntherapie für dich findest. Und dass du mit MS ein erfülltes, glückliches und selbstbestimmtes Leben führen kannst, unterstützt durch einen gesunden Lebensstil und eine Portion Glück.

* Dieser Text enthält Affiliatelinks. Das bedeutet, dass ich eine kleine Vergütung bekomme, wenn du das von mir empfohlene Produkt über den Link erwirbst. Für dich ändert sich dadurch nichts am Kaufpreis. Und mir hilft es dabei, die Kosten für den Blog zu tragen und neue Beiträge zu schreiben.

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Nele von Horsten

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