#275: Einblick ins Kompetenznetzwerk Multiple Sklerose, das KKNMS mit Prof. Dr. Heinz Wiendl

Heute gewährt Prof. Dr. Heinz Wiendl, Neurologe und Vorstandssprecher des Kompetenznetzwerks Multiple Sklerose (KKNMS), wertvolle Einblicke in die Arbeit des KKNMS und seine persönliche Motivation. Prof. Dr. Wiendl teilt nicht nur seine Erfahrungen als führender Experte im Bereich der Neuroimmunologie, sondern erklärt auch, wie das KKNMS dazu beiträgt, die Versorgung von MS-PatientInnen in Deutschland nachhaltig zu verbessern.

Im Interview besprechen wir die Bedeutung der Qualitätshandbücher, die von Ärzten wie Patienten genutzt und geschätzt werden, und wie diese dabei helfen, die sichere Anwendung von Medikamenten zu gewährleisten. Darüber hinaus beleuchtet Prof. Dr. Wiendl einige der wichtigsten Forschungsprojekte des KKNMS, wie die nationale MS-Kohorte, die wichtige Daten zur Personalisierung von Therapien liefert.

Erfahre, wie das KKNMS die medizinische Versorgung optimiert und gleichzeitig neue Erkenntnisse für eine verbesserte Behandlung der Erkrankung gewinnt. Hör dir den Podcast an, um zu erfahren, wie Forschung und Wissenschaft Hand in Hand arbeiten, um die Lebensqualität von MS-PatientInnen zu steigern und die Erkrankung besser zu verstehen.

Inhaltsverzeichnis

Vorstellung – Wer ist Prof. Dr. Heinz Wiendl?

[00:00:33] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Ja, ich stelle mich gerne vor. Mein Name ist Heinz Wiendl. Ich bin Neurologe, ich bin Chef der Neurologischen Uniklinik in Münster. Ab 1.10. dann Chef der Neurologischen Uniklinik in Freiburg. Beschäftige mich in Forschung, aber auch im klinischen Schwerpunkt mit Neuroimmunologie, auf ganz unterschiedlichen Ebenen, sowohl sehr tief experimentell, mechanistisch, wissenschaftlich, aber auch strategisch. Und da leite ich gleich zum Kompetenznetzwerk, eben strategisch, im Sinne einfach einer Qualitätssicherung dieser wichtigen Erkrankungsgruppen, vor allen Dingen der Multiplen Sklerose. Und bin seit einigen Jahren im Vorstand und seit einigen Jahren auch Vorstandssprecher vom Kompetenznetzwerk Multiple Sklerose. Ich bemühe mich auch in einigen nationalen und internationalen Gremien, einfach um den Fortschritt in diesem Krankheitsbild und dieser Fortschritt ist ja auf unterschiedlichen Ebenen zu begleiten. Im Alltag der Patientenversorgung, aber eben auch in der Forschung und dem Versuch, Forschung für den Patienten verständlich, aber auch zugänglich zu machen. Und genau das ist alles so ein Aufgabenbereich, auch mit dem sich das Kompetenznetzwerk befasst, da kommen wir ja gleich dazu. Aber das ist jetzt so ein bisschen das Portfolio Wiendl, mit dem ich mich vorstelle.

Persönliche Motivation für Beruf?

[00:02:25] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Naja, ich muss sagen, ich fand das Gehirn immer unglaublich faszinierend. Ich habe ziemlich viel im Studium mit Neuroanatomie auch mich befasst. Ich fand aber auch das Immunsystem extrem faszinierend. Und die beste Mischung aus beiden ist dann halt einfach die Rolle des Immunsystems bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungsmanifestationen. Und das war dann die Motivation, Neurologe zu werden, aber mich dann eben in dieses Feld der Immunologie zu spezialisieren. Das muss man sagen, ist jetzt retrospektiv gar nicht mal eine schlechte Entscheidung gewesen. Aber als ich das entschieden habe, war der Himmel noch nicht so voller Geigen gehangen, weil die MS damals ja gerade erst mal anfing, so richtig erobert zu werden, mit neuen Medikamenten und den ersten modernen Medikamenten. Inzwischen ist das eine richtige Erfolgsgeschichte und das war toll oder ist toll, das zu begleiten bzw. aktiv mitzugestalten. Also das ist schon ein Thema gewesen, wo mich jetzt persönlich sehr interessiert hat. Das kann man ja nie sagen, ob dann auch wirklich das Interesse des Felds oder auch Gelder für dieses Interesse dann da sind. Das war aber jetzt in dem Fall halt glücklicherweise so und wird hoffentlich auch weiterhin so sein.

Patientenunterstützung durchs KKNMS

Wie unterstützt das Kompetenznetzwerk Multiple Sklerose (KKNMS) Patienten mit MS oder aus dem NMO-Spektrumt?

[00:04:15] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Also ich hole vielleicht ein kleines bisschen aus, weil das nicht jeder weiß. Also es gab, über viele Jahre, eine Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, BMBF, dessen Hintergrund war, wichtige, sozioökonomisch auch relevante, Erkrankungen, mit einem großen Förderprogramm zu unterstützen, damit sich die Qualität der Forschung auf die Qualität der Versorgung überträgt. Und das Letzte in diesem Programm war die Erkrankung Multiple Sklerose und das war auch 2009 der Beginn des sogenannten Kompetenznetzwerks Multiple Sklerose. 

Der Name dieses Programms verbirgt sich eben hinter diesem Terminus “Kompetenznetzwerk”. Und in allererster Linie ist das ein Zusammenschluss von forschenden, aber auch klinischen Einrichtungen, aber ins Hausaufgabenbuch ist eigentlich diesen Kompetenznetzwerken geschrieben, dass sie mit Bildung von, zum Beispiel, großen Kohorten wissenschaftlichen Einfluss nehmen sollen, auf die Qualität der Versorgung. Aber eben auch einen Edukationsauftrag haben, sprich, ich sage mal, den Status der Versorgung positiv beeinflussen sollen, durch die Beeinflussung von oder Erstellung von Leitlinien. 

Und was wir dann eben gemacht haben im Kompetenznetzwerk, und ich glaube, das ist ziemlich einzigartig in der Geschichte, ist sogenannte “Qualitätshandbücher” zu generieren. Das heißt also sowas wie Kochrezepte, wie man Medikamente sicher anwendet, eben mit dem Vorteil einer solchen öffentlich geförderten Netzwerkeinrichtung, Neutralität und Seriosität versprühen zu können. Und das ist uns tatsächlich jetzt über viele Jahre gelungen. 

Das Portfolio ist breiter geworden. Also begonnen hat das Kompetenznetzwerk letztendlich als Forschungsnetzwerk. Das Portfolio hat jetzt zunehmend eben diesen Versorgungsaspekt im Visier, Stellungnahme zu aktuellen Themen zu machen, Pressemitteilungen zu machen, weil es einfach eine Instanz ist, die sich vor allem an die Ärzte richtet, aber eben auch an die Patienten. Und in einem gewissen Schulterschluss, aber auch in einer abgestimmten Weise mit der Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft, der Patientenorganisation, zusammenarbeitet. 

Das ist jetzt in kurzen Worten mal der Anfang der Geschichte, der Hintergrund. Aber auch, ja, die Aufgabe des Kompetenznetzwerks, also letzten Endes die Instanz, die auf Basis von Wissenschaft und damit auch gut gelebter Wissenschaft, die Versorgungsstrukturen der Multiplen Sklerose in Deutschland versucht, positiv zu beeinflussen und zu verbessern.

[00:07:36] Nele von Horsten: Genau und wir hatten im Rahmen des Studiums, ich studiere Multiple Sklerose Management im Masterprogramm, als einzige Nicht-Ärztin. Da hatten wir auch eine Vorlesung bei Professor Mäurer und da ging es darum, dass man sich anschaut, wie kann man einen Therapiewechsel durchführen? Was muss man beachten? Das ist ja wirklich alles schön übersichtlich dargestellt. Und das ist für die Neurologen wichtig und für uns Patienten sind natürlich andere Aspekte wichtig, aber es ist wirklich schön übersichtlich gestaltet.

Welche Patientenhandbücher oder Ressourcen werden angeboten, um MS-Betroffene zu informieren und zu unterstützen?

[00:08:25] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Ich muss sagen, ich glaube, ich weiß es aus dem Kopf nicht, aber Sie haben völlig recht. Also die Qualitätshandbücher haben den Anspruch, alle neu zugelassenen Medikamente relativ rasch zu repräsentieren und auch einmal jährlich zu aktualisieren. 

Wir haben am Anfang Print-Versionen gehabt und sind dann übergegangen zu Online-Versionen, die man auch sehr einfach downloaden und aktualisieren kann. Die Patientenhandbücher kamen später und die Idee war eine patientenverständliche Sprache und auch Darstellungen zu liefern, die, wenn man so will, als Pendant zu den Qualitätshandbüchern im Alltag einfach sehr nützlich ist. Weil die Alternative sind eigentlich industriegesponserte Aufklärungen zu Produkten, die ja immer einen gewissen Bias zumindest mutmaßen lassen. Oder die Alternative sind diese nicht lesbaren Waschzettel, die sogenannten Produktinformationen, das hat am Anfang einen, ja,  einen bisschen langsameren Beginn genommen, inzwischen haben wir aber irgendwie die ersten sechs oder sieben der wichtigsten Medikamente, auch als Patientenhandbücher verfügbar. 

Ich glaube, das ist für die Patienten eine ganz wichtige und segensreiche Entwicklung und die Planung ist, innerhalb der nächsten Monate, auch das zu komplettieren. Man darf natürlich nicht vergessen, dass diesen ganzen, nennt sich so salopp, “Handbüchern”, ein sehr komplizierter Weg zugrunde liegt. Das ist, ich will nicht sagen, wie bei der Gesetzgebung, aber Sie brauchen jemanden, der den ersten Aufschlag macht. Das sind freiwillige Helfer, Mitglieder des Kompetenznetzwerks, dann haben sie eine größere Gruppe, die das Korrektur liest, aber dann haben sie verschiedene Schleifen, die das Ganze absegnen müssen, ratifizieren müssen, kommentieren müssen. 

Das sind unterschiedliche Gremien und am Schluss steht dann letzten Endes eben die DMSG, der Berufsverband der Deutschen Neurologen, die Deutsche Gesellschaft für Neurologie, auch dahinter. Das geht aber nur, wenn sie diese Schleifen der Ratifizierung und Kommentierung durchlaufen. Das heißt, das ist ein sehr konsensgetriebener Prozess. Und am Schluss kann man aber sagen, dass das viele Leute lesen und so auch gut finden und das erhöht natürlich deutlich die Akzeptanz. 

Also das ist nicht… So, Herr Wiendl schreibt das in seinem Kämmerchen und das sind die Patientenhandbücher, sondern dahinter ist ein sehr formalisierter Prozess gelegt, der eben aufwändig ist, aber am Schluss dazu dient, die Akzeptanz dieser Handbücher, und das sehen wir ja auch bei den Downloads und bei der Nutzung dieser Handbücher, sehr gesteigert hat und sehr, sehr dienlich ist.

[00:11:24] Nele von Horsten: Genau und auf jeden Fall, also ich kann es Ihnen bloß widerspiegeln, aus Sicht der Patienten, da ist es wirklich auch relativ gut bekannt und wird auch von vielen empfohlen. Also nicht nur ich verweise immer wieder drauf, auch ganz viele andere, die sich ein bisschen mehr damit beschäftigen.

Forschungsprojekte des KKNMS

Könnten Sie einige der laufenden Forschungsprojekte im Bereich MS-Kohorten erklären?

[00:11:48] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Ja, sehr gerne. Also ich denke, die wichtigste Kohorte ist die sogenannte nationale MS-Kohorte. Was wir damals gesagt haben, das begann tatsächlich 2009, ist, dass wir eine Längsschnittkohorte deutschlandweit aufgesetzt haben, bei der Patienten mit früher MS, das heißt weniger als 18 Monate nach der Erstmanifestation oder nach der Diagnose, einer Multiple Sklerose, also der sogenannten Früh-MS, eingeschlossen haben. Und inzwischen 1.400 Patienten über inzwischen mehr als zehn Jahre verfolgt haben.

Und diese Patienten wurden sehr engmaschig verfolgt, engmaschig heißt am Anfang einmal jährlich und dann später alle zwei Jahre und wurden sehr standardisiert verfolgt. Und das ist extrem wertvoll, diese Kohorte, vor allen Dingen, weil die zu der Zeit auch schon etwas gemacht wurde, was inzwischen immer mehr Kohorten weltweit tun, nämlich neben klinischen Informationen und bildgebenden Informationen auch biologische Informationen zu sammeln. 

Letzten Endes also eine riesige Datenrepositorie von einer nicht kleinen Anzahl von MS-Patienten, bei denen man unterschiedliche Fragen beantworten kann. Insbesondere eben die nach besseren Personalisierungen für Prognose, für Therapie-Monitoring. Also das ist die sogenannte nationale Kohorte. Ich glaube, das ist das wichtigste Projekt vielleicht, was das Kompetenznetzwerk so wissenschaftlich auf die Beine gestellt hat und auch weiter begleitet, weil da dran hängt eine Infrastruktur für diese Daten, da hängt eine Biobank dran, da hängt eine MRT-Datenbank dran.

Und wir haben auch eine ganze Reihe von sehr wichtigen Erkenntnissen schon daraus gewonnen und publizieren können. Die im Übrigen, kann ich jetzt auch schon spoilern, die Grundlage ist für eine Folgekohorte, die wir gegenwärtig auflegen, die sogenannte Nationale Kohorte 2, wir nennen es Nation MS 2.

Die Idee ist einfach, die Lernpunkte aus der ersten Kohorte und die inzwischen natürlich gewachsene Wissenschaftlichkeit in der Multiplen Sklerose in eine nächste Kohorte zu übernehmen, dann solche Dinge wie digitale Marker oder Biomarker rein zu integrieren. Und genau das können wir dann eben tun.

Ein zweites Projekt, es gab eine ganze Reihe von Projekten, waren Therapie-Kohorten. In der Zeit wurden ja eine ganze Reihe von neuen Medikamenten zugelassen und das Kompetenznetzwerk hat sich immer zur Aufgabe gemacht, diese neuen Medikamente eben möglichst sicher in den Markt zu begleiten und auch Erkenntnisse, die man mit diesen Medikamenten gewinnt, möglichst schnell an die Öffentlichkeit zu bringen. Der eine oder andere wird sich erinnern, dass da ein paar monoklonale Antikörper dabei waren, Dinge wie Natalizumab. Und in der Zeit wird viel gesprochen über Risikostratifizierung und kann man Risiken besser einschätzen und da hat das Kompetenznetzwerk einen großen Beitrag geleistet, bei eben Erkenntnissen zu Wirkmechanismen, aber auch zu Risikosignalen, ja.

Es gab eine ganze Reihe noch zusätzlicher Projekte, auch präklinische Projekte, tierexperimentale Projekte, das ist vielleicht für den Zuhörerkreis nicht so jetzt spannend, aber man muss ganz klar sagen, dass Deutschland eine sehr, sehr starke Neuroimmunologie hat, auch gerade was so vorklinische Forschung betrifft, Wirkmechanismen besser zu verstehen, Mechanismen der Erkrankung besser zu verstehen. Und die Idee war immer, dass sich das gegenseitig befruchtet, also dass Dinge, die man im Tiermodell lernt, dann in der Kohorte nachgeschaut werden und umgekehrt. Und ich glaube, das sind tatsächlich die wichtigsten Eckpfeiler jetzt für diesen, ja,  größeren Pinselstrich, damit die Zuhörerinnen und Zuhörer das Kompetenznetzwerk so in ihrer Rolle und auch Funktion besser kennenlernen.

[00:16:17] Nele von Horsten: Sehr gut, ja. Vielen Dank für den Überblick. Und ich erinnere mich auch an einen Post von Ihnen, auf LinkedIn, wo es darum ging, das war, glaube ich, auch in dem Bereich Prognose, dass man eben erkennt, okay, was für Subgruppen gibt es denn von Patienten, um einzuschätzen. Jemand wie ich beispielsweise, ich habe seit 20 Jahren MS, mir geht es aber super, braucht man halt nicht hochwirksam zu behandeln, weil sehr milder Verlauf. Und jemand, der da einen sehr hochaktiven Verlauf hat, dass man den hoffentlich gleich schafft einzufangen, damit die Prognose natürlich eine bessere wird, weil das ja wirklich immer noch ein Problem ist. Vielleicht kann ich da auch noch mal jemanden aus diesem Paper hier auf dem Podcast begrüßen. 

 

[00:16:55] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Total, total, also da rennen Sie bei mir natürlich offene Türen ein. Das war eines der ersten Projekte, das hat tatsächlich fast 15 Jahre gedauert, um diese nullte Frage der Multiplen Sklerose zu beantworten, nämlich, kann man aus dem peripheren Blut, was ja gut zugänglich ist, Subtypen einer multiplen Sklerose identifizieren. Und genau das ist uns gelungen und wir haben eben in einer sehr aufwändigen Arbeit und unter Nutzung dieser prospektiven, gerade genannten Kohorte, drei immunologische Subtypen identifiziert, die, wie Sie richtigerweise sagen, mit unterschiedlichen Erkrankungsverläufen assoziiert sind. Und wenn man das vorher gewusst hätte, was man natürlich nicht konnte, hätte man natürlich auch die Therapie danach ausrichten können. Und das ist genau jetzt der Plan, das weiterzuführen, diese Präzisionsmedizin, die uns ja definitiv noch fehlt, bei der Multiple Sklerose, bei allen Erfolgen, diese Präzision hinsichtlich individueller, besserer Prognose und dann auch Therapieentscheidungen zu unterstützen. Genau da ist der Ansatz.

 

[00:18:13] Nele von Horsten: Genau und das fand ich auf jeden Fall total spannend, eben weil mir bewusst ist, dass das nicht so einfach ist. Aber natürlich dann auch eine unglaubliche Erleichterung ja für uns Patient*Innen wäre, gleich richtig behandelt zu werden. Egal, jetzt mal, was man für Glück oder Pech sozusagen mit dem Verlauf als solches hat, mit dem originalen, ohne Intervention.

Zusammenarbeit des KKNMS mit Experten

Wie erfolgt die Zusammenarbeit zwischen dem KKNMS und anderen Fachleuten im Bereich der Neurologie?

[00:18:45] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Also das ist eine sehr gute Frage, weil wir natürlich eine gewisse Außenwirksamkeit suchen und natürlich auch mit den Neurologen im Land, oder in den deutschsprachigen Regionen, vielleicht jetzt nicht im Alltag wissenschaftlich allen zusammenarbeiten, aber hinsichtlich unseres Outreaches mit denen kooperieren. Jetzt fange ich mal ganz anders an, dass wir international wissenschaftlich mit anderen Kohorten kooperieren, das ist eine Sache. 

Das zweite ist, in Deutschland versuchen die Akzeptanz über eben die sogenannten Fachgesellschaften oder Berufsverbände zu akzelerieren. Also wir haben einen sehr engen Schulterschluss mit dem Berufsverband der deutschen Neurologen. Und was wir aus genau dem Grund etabliert haben, im Kompetenznetzwerk, ist eine sogenannte Taskforce, die kennt man aus unterschiedlichen Bereichen des Lebens. Wir haben ein paar Taskforces, aber die wichtigste Taskforce, glaube ich, ist die Taskforce, Therapeutika und Versorgungsstrukturen. 

Und die ist so aufgesetzt, dass aus allen Elementen der MS, inklusive Patientenvertretung, jemand in dieser Taskforce sitzt, dass wirklich jeder weiß, wovon er spricht. Also niedergelassene Vertreter der Rehakliniken, Vertreter der Universitätskliniken, also das ist kein nur wissenschaftlicher Elfenbeinturm, der irgendwie so aus einer Elfenbeinturm Perspektive, die es ja schon lange nicht mehr ist, aber egal, die Versorgungsrealität aus dem Blick verliert. Sondern das ist unser gewählter Weg und auch aus meiner Sicht erfolgreicher Weg, die Bedürfnisse zu erkennen und dann die unterschiedlichen Stimmen und auch echten Fakten zusammenzusammeln und dann in die Umsetzung zu bringen. 

Und ich nenne ein ganz konkretes Beispiel, das werden einige vielleicht wissen, es gab über den Gemeinsamen Bundesausschuss, den GBA, auch wieder unter der Vorstellung, das ist eine sehr komplizierte, chronische Erkrankung, manchmal sehr komplex zu durchdringen und unterschiedliche Versorgungsaspekte. Die Etablierung des sogenannten ASV, das ist eine Ziffer, die es ermöglicht, im ambulanten Sektor, also der klassische Neurologe, der niedergelassen ist, oder eine Ambulanz, die bei Krankenhäusern angebunden ist, eine bessere Vergütung zu erreichen. Und die bessere Vergütung begründet sich dadurch, dass die Erkrankung halt komplizierter ist als jetzt so eine 0815-Erkrankung, bei der Sie nicht andere Disziplinen involvieren müssen und so weiter und so fort. Und die Vorgaben sind durch den Gesetzgeber gemacht, ja, aber die inhaltlichen Auslegungen, das war halt die Frage, wie macht man das? Und dann hat die Taskforce des Kompetenznetzwerks ein Positionspapier erarbeitet, wo wir gesagt haben, na ja, das sind die größten Herausforderungen der MS, Diagnose, Therapie, Begleitung. 

Wie würde man sie denn idealerweise gelöst wissen wollen, unter der Vorstellung, das ist kein Edeka-Laden, sondern es muss ja auch irgendwie darstellbar sein. Das ist jetzt ein konkretes Beispiel auf Ihre Frage hin, wie interagieren wir denn tatsächlich mit den Kolleginnen und Kollegen, weil das ist eine Handreichung für jetzt die neurologischen Versorger. Die MS ist ja ganz überwiegend tatsächlich immer noch in neurologischer Hand und auch gut so. Der auch dann der Kopf solcher Teams ist. Also der ASV ist geregelt über Teamstrukturen und der Neurologe ist der Teamleiter. Und da hatten wir eben gesagt, das konkretisieren wir und damit haben wir auch wieder eine Form der Qualitätssicherungsinitiative versucht umzusetzen.

[00:22:51] Nele von Horsten: Sehr gut. Ja, genau. Gerade zum Urologen oder wo man da sonst hingeht und sehen sie. Sie machen hier schöne Teaser für kommende Folgen. Da habe ich auch die Woche noch ein Gespräch zu einer Podcast-Folge, wo wir genau über die ASV sprechen werden und dazu wird es auch eine Folge im Zukünftigen geben.

Patientenbeteiligung beim KKNMS

Wie werden Patienten in die Entscheidungsprozesse des KKNMS einbezogen?

[00:23:26] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Also die Patienten sind direkt und indirekt beteiligt, über im Wesentlichen zwei Wege. Das eine ist tatsächlich diese Taskforce, die ich gerade schon genannt habe. Das zweite ist diese Kooperationsachse, die wir mit der Patientenorganisation DMSG haben. Die Patientenhandbücher sind beispielsweise eine gemeinsame Aktivität, weil die natürlich einen anderen Verteilerschlüssel auch bedienen und die Bedürftigkeiten der Patienten auch vielleicht noch mal anders spiegeln können als wir. Wir sind aber auch offen für neue Wege. 

Es gibt ja auch, ja, neue Initiativen, die vor allen Dingen jetzt das jüngere Klientel mit Social Media abholen, die haben wir zum Beispiel auch in die Taskforce mit reingenommen. Ja, und last but not least sind es natürlich die Patientinnen und Patienten, die bei unseren Forschungsprojekten mitmachen. Wenn man so will, ist das ja auch eine aktive Teilhabe und ein Feedback, gerade bei so einer longitudinalen Kohorte verlangt man ja wirklich viel von Patienten, also die müssen zehn Jahre, 14 Jahre sich da committen. Da entstehen schon sehr, ja, substanzielle Anbindungen zu den Zentren. Die, ja, die uns auch viel immer lehren. Was die Patienten so umtreibt und was die Patienten so bewegt, das ist ja eben auch bidirektional. 

Wir hatten tatsächlich in dieser Forschungsprojektförderung auch das eine oder andere patientenorientiertere Projekt, also Patienten mit Entscheidungsfragen. Das war dann aber, wenn man so will, eher die Frage, wie geht ein Patient mit Aufklärung um? Wie geht er mit Therapieentscheidungen um? Das waren, wenn man so will, wissenschaftliche Ansätze, um die Sicht des Patienten oder auch die Rolle des Patienten besser zu fassen oder besser zu standardisieren.

[00:25:34] Nele von Horsten: Genau und vor uns haben sie wahrscheinlich sowas wie aMStart gemeint.

[00:25:39] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Genau, wir haben aSTtart bei uns in der Taskforce sitzen, weil wir das ein ganz erfrischendes Element fanden…

[00:25:48] Nele von Horsten: Absolut.

[00:25:49] Prof. Dr. Heinz Wiendl: … und einfach auch offen sind für neue innovative Impulse, ganz genau.

[00:25:56] Nele von Horsten: Ja genau, Jasmin von aMStart durfte ich auch schon begrüßen, ein ganz großartiges Projekt.

Information und Aufklärung

Welche Rolle spielt das KKNMS bei der Aufklärung der Öffentlichkeit über Multiple Sklerose? Gibt es gezielte Initiativen?

00:26:16] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Ja, das ist ein guter Punkt. Ich meine, das Kompetenznetzwerk hat so eine Reihe von Edukations- und Fortbildungsinitiativen, mischt sich, das ist nicht wirklich die komplette Öffentlichkeit, aber mischt sich beispielsweise in die Prozesse der Preisgestaltung ein, das ist das sogenannte Amnok-Verfahren. Was wir nicht gemacht haben, ist so eine Art Public-Awareness-Initiative. Was wir aber immer machen, ist zum Beispiel beim Welt-MS-Tag, eine Repräsentation des Kompetenznetzwerks. Ich glaube, das kommt vielleicht Ihrer Frage am nahestehen, dass wir eben Dinge wie den Welt-MS-Tag nutzen. Und da eben die Marke des Kompetenznetzwerks, um auf die Erkrankung aufmerksam zu machen, beziehungsweise, na ja, sowas wie einen World MS Awareness Day zu leben.

Datenschutz und Ethik

Wie werden Datenschutz und ethische Standards in den Forschungsprojekten des Netzwerks gewährleistet?

[00:27:37] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Also, ich fange mal andersrum an. Ich glaube, dass die allermeisten Patienten es sehr gut verstehen, dass wir mit diesen Daten keinen Missbrauch betreiben, sondern dass wir eigentlich diese Daten brauchen, um weiterzukommen. Und wenn man sieht, welche, wirklich teilweise berechtigten, aber teilweise auch überbordenden Hürden so ein deutsches Datenschutz oder europäisches Datenschutzsystem legt, muss man sagen, ist da schon viel Sorge getragen, dass Patientendaten sehr sorgsam behandelt werden, Patientendaten, aber auch eben Patientenmaterialien. Und die meisten Patienten haben damit ehrlich gesagt kein Problem, sondern die sind sehr dankbar, dass wir uns dafür einsetzen und geben dann einfach ihre Daten her, die sind ja dann alle pseudonymisiert. 

Das heißt, man findet ja den Patienten so nicht wieder, da ist schon Sorge getragen. Aber ich will eigentlich eher es andersrum erzählen, ich würde  sagen, wenn es nach den Patienten ginge, nach den meisten der Patienten, würde man weniger starke Hürden einziehen und würde das sogar niederschwelliger machen können und hätte es immer noch eigentlich im internationalen Vergleich gut gemacht. 

Deutschland ist da sehr genau und ich würde fast sagen, in manchen Punkten sogar restriktiv, aber das ist schon gut aufgesetzt. Und man kann den Patienten ja auch immer wieder sagen, falls ihr eure Meinung ändert, könnt ihr im Prinzip aus dieser Studie austreten, dann werden die Daten gelöscht. Oder ihr könnt austreten, es wird nicht mehr weiter gesammelt, aber die Daten können noch weiter verwendet werden. Also der Patient hat eigentlich weiterhin die Herrschaft über seine Daten. 

Ich will nur umgekehrt sagen, die allermeisten Patienten, mit denen ich spreche, die sind da nicht ängstlich, dass da irgendein Schindluder getrieben wird, sondern die sind froh, dass eben da Aktivität ist und geben diese Daten, auch wenn sie wissen, dass es vielleicht Ihnen persönlich direkt nix hilft, aber dem Feld und den nächsten Generationen von Patienten, sehr bereitwillig eben her, beziehungsweise helfen uns da. Ich finde manchmal, um es vielleicht so zu pointieren und ein bisschen Salz da auch nochmal in den Podcast reinzustreuen, ich glaube auch, dass sowas motiviert werden muss. 

Man darf nicht, es gibt so einen schönen Spruch, wer was verhindern will, der findet immer Gründe und der Datenschutz ist so ein schönes Beispiel. Wer was erreichen will, der macht halt Aktivitäten. Und wer was verhindern will, der findet dann immer Gründe. Und am Ende des Tages wollen wir ja was voranbringen und wollen es natürlich regelkonform machen. Aber man darf nicht sozusagen immer mit den Bedenken  am Beginn anfangen, sondern man muss eigentlich mit dem Ziel am Ende anfangen und dann versuchen, es in das Rechtssystem passend zu machen. Ich hoffe, jetzt habe ich nicht zu viel geredet, aber ich denke, die Zuhörerinnen und Zuhörer wissen vielleicht, was ich meine. Also man macht es sich in Deutschland damit schon auch sehr, sehr schwer.

 

[00:31:18] Nele von Horsten: Genau, der Spruch lautet glaube ich: Wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Gründe.

 

[00:31:28] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Ja, ja, genau.

 

[00:31:29] Nele von Horsten: Und ich nehme an der Uniklinik Dresden an allen möglichen Studien teil, weil ich das auch total wichtig finde. Und nur wenn man mehr Daten hat, kann man auch Neues erforschen, ansonsten bleibt man auf dem Stand, wo man war, aber nichtsdestotrotz gehört es ja irgendwie immer ein bisschen mit angesprochen. Und ich habe da auch keine Bedenken und ein guter Freund von mir, habe ich auch schon mehrfach auf dem Podcast gesagt, der hat gesagt, wenn das so weitergeht, dann haben wir irgendwann den Punkt, dass der Datenschutz der Hauptsterbegrund in Deutschland wird. Das ist etwas übertrieben, aber so ein bisschen zugespitzt. Dass man es auch nicht komplett übertreiben muss, mit dem Datenschutz, sonst schützen wir uns vor jeglicher neuer Erkenntnis.

Netzwerk-Engagement

Wie können Ärzte und Fachleute aus dem Bereich Neurologie im KKNMS-Netzwerk aktiv werden?x

[00:32:14] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Also, wir haben jetzt eine Qualitätsinitiative ins Leben gerufen, die wir für sehr wichtig halten, nämlich letzten Endes ist es die konsequente Weiterdenke dieser Qualitätshandbücher und dieser Qualitätsoffensiven und das ist die sogenannte “Zertifizierung zum MS Specialist”. Also es gibt ja in Deutschland keine personenbezogene Qualitätsdeklaration, wann jetzt jemand sich MS-Spezialist nennen darf. Und wir haben da einen Katalog jetzt erarbeitet, auch gemeinsam mit dem Berufsverband der Deutschen Neurologen und eben über diese Taskforce mit Repräsentation aller Instanzen, die eine Person qualifiziert, sich MS-Specialist nennen zu können. Und das ist etwas, wo ich denke, dass MS-Interessierte und Echt-Interessierte sich einklinken können. 

Wir haben da jetzt in der ersten Runde, glaube ich, weit über 150 oder so Interessenten gefunden und das wird jetzt ins Leben gerufen. Und man ist dann auch Mitglied des Kompetenznetzwerks und damit wächst dieses Kompetenznetzwerk in die Breite und eigentlich in so eine Art Landkarte der gelebten Qualitätssicherung. Ich finde es ganz wichtig, weil Qualitätshandbücher zu machen, ist eine Sache, sie zu lesen ist eine andere Sache, aber auch zu dokumentieren, dass die, die Qualitätshandbücher lesen und das ist ja nicht nur die Qualitätshandbücher, sondern ganz grundsätzlich eben, in dem Feld rührig und aktiv sind, dass das auch von den Patienten und von, ja, von den MS-Erkrankten gewusst wird, das halte ich schon für wichtig. Und das ist so eine Maßnahme, das Kompetenznetzwerk in die Breite und eben in die Kollegenschaft zu bringen.

[00:34:15] Nele von Horsten: Sehr schön, genau, das ist nämlich total wichtig. Ich empfehle ja auch immer wieder allen Leuten, zu einem, auf MS spezialisierten Neurologen zu gehen, einfach weil ständig so viel passiert und weil ständig neue Erkenntnisse hinzu kommen

Gibt es Möglichkeiten für den fachlichen Austausch und die Weiterbildung?

[00:34:35] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Doch, genau, das gibt es eben auch. Also das Kompetenznetzwerk macht ja eigene Fortbildungen und die Idee bei diesem MS-Specialist ist, dass die MS-Spezialisten auch weiterhin fortbilden. Also, der MS-Specialist bildet weitere MS-Specialists aus und das Kompetenznetzwerk deklariert Fortbildungen, eben in Kompatibilität mit einem MS-Specialist. Das heißt, es wird so eine Art rollierendes Fortbildungssystem auch geben, wo es dann einen Stempel gibt, das ist jetzt quasi…hilft Ihnen auf Ihrem Weg zum MS-Specialist. Das ist nicht so zu verstehen, wie dieses Curriculum, was da in Dresden ja gemacht wird, sondern eher im Sinne von fokussierteren CME-Punkten, Continuous Medical Education, die halt eben in Konformität mit dem ist, was wir wollen mit dem MS-Specialist, dass man wirklich on top of things ist, in diesem Feld MS und related disorders.

[00:35:47] Nele von Horsten: Sehr gut. Alles, was das Feld sozusagen verbessert und mehr Spezialisierung reinbringt, sind wir als Patienten auf jeden Fall glücklich drüber.

Zukünftige Entwicklungen des KKNMS

Welche zukünftigen Entwicklungen und Projekte plant das KKNMS und wie sollen diese Entwicklungen dazu beitragen, die Lebensqualität von Menschen mit MS zu verbessern?

[00:36:11] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Also ich glaube, das Wichtigste habe ich schon gespoilert, das ist diese große zweite longitudinale Kohorte, die Nation MS2. Die ist noch nicht losgelaufen, aber es gibt jetzt ein Studienprotokoll und ich glaube, das ist ein wirklich starkes Projekt, weil, ja, weil es die neuen Trends, die man ja jetzt teilweise schon diskutiert, aber vielleicht teilweise im Alltag schon verwendet, Dinge wie Risikostratifizierer, wie Neurofilament Light, oder genetische Marker, oder Epstein-Barr, in so eine Patientenkartierung mit reinnimmt. Und das ist genau eben die Transition zwischen, was ist in der Wissenschaft heiß diskutiert und was kann denn schon wirklich glaubwürdig in den Versorgungsalltag mit reinkommen. Ich glaube, das ist das wichtigste Projekt, was hier zu diskutieren ist.

Blitzlicht-Runde

Vervollständigen sie den Satz: „Für mich ist die Multiple Sklerose…“

[00:37:21] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Eine Vorbild Erkrankung in der Neurologie, bei der man inzwischen viel erreichen kann und die von einer vormals unheilbaren und unkontrollierbaren Erkrankung in eine immer besser kontrollierbare Erkrankungsgruppe transformiert ist.

Welchen Durchbruch in der Forschung und/oder Behandlung der Multiplen Sklerose wünschen sie sich in den kommenden 5 Jahren?

[00:37:52] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Ich wünsche mir zwei Sachen. Das eine ist eine bessere individuelle Prognostizierung und Monitorierung der frühen MS, also eine optimale Behandlung der frühen MS. Und im zweiten ein besseres Verständnis und vielleicht auch Behandlung der Elemente der Progression bei der Multiplen Sklerose. Das sind die zwei riesigen Fragen bei der MS für mich

Verabschiedung

Möchten sie den Hörerinnen und Hörern noch etwas mit auf dem Weg geben?

[00:38:39] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Gerne folgendes, dass die MS natürlich mitnichten leicht zu nehmen ist, aber ich erleben durfte, dass man über 20 Jahre extrem viel erreicht hat und man jetzt auf einem Niveau diskutiert und natürlich, je mehr Sie über eine Erkrankung wissen und je erfolgreicher Sie sind, desto mehr steigert sich das Niveau. Man sollte aber das Glas immer eher halb voll als halb leer sehen. Und das ist meine größte Lehre aus der Nation MS1, wo wir Patienten jetzt auch über zehn Jahre verfolgt haben, dass es vielen von diesen Patienten erfreulich gut, auch nach zehn Jahren geht. 

Und als ich angefangen habe, in der Neurologie, hieß es immer, naja, nach fünf Jahren landen die ersten im Rollstuhl, das ist nicht mehr so. Das Bild der Multiple Sklerose hat sich glücklicherweise gewandelt, auch wenn es immer noch schwere Verläufe gibt, sodass ich eigentlich den Mut und das Positive ganz vorn anstellen würde. Und Deutschland eigentlich auch ein nicht so schlechtes Land ist, bei allen regionalen Unterschieden der Versorgungsrealität, vom Gesundheitssystem immerhin ein Land ist, bei dem man den Zugang zu Medikamenten bekommt. 

Und was ich am schlimmsten finde, ist letztendlich diese Sichtweise, ja, die Erkrankung nicht aktiv anzugehen, sondern, ja, so ein bisschen Vogelstrauß-Politik zu machen und der Erkrankung hinterherzuhoppeln. Also ich denke, zum frühestmöglichen Zeitpunkt sich damit auseinandersetzen und kompetent auseinandersetzen, wäre meine Message für diesen Podcast.

[00:40:31] Nele von Horsten: Genau, super. Ja, da werde ich auch demnächst noch mal eine Folge zum Thema Shared Decision Making haben. Deshalb mache ich ja auch den Podcast, damit man sich wirklich auseinandersetzt, keine Angst hat und weiß, was man vorbeugend, aber natürlich auch symptomatisch tun kann und ja, eine ganze Menge auch mit in der Hand hat. Herr Professor Wiendl, vielen Dank.

Wo findet man sie und ihre wissenschaftlichen Arbeiten im Internet?

[00:40:57] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Also ich glaube, ich bin da relativ gut aufzufinden, indem man einfach Heinz Wiendl eingibt. Über unsere Homepage, im Moment ja noch Münster (Anm. Nele: mittlerweile Freiburg), findet man, denke ich, am einfachsten, was wir machen. Und die andere Homepage ist natürlich die vom Kompetenznetzwerk, über das wir ja heute im Wesentlichen gesprochen haben.

Heinz Wiendl auf PubMed

[00:41:17] Nele von Horsten: Genau, wunderbar. Dann vielen, vielen Dank und Ihnen natürlich auch alles Gute für den Umzug. Und dann freue ich mich auf alle weiteren Dinge, die das KKNMS vorantreibt und uns Patienten damit hilft.

[00:41:31] Prof. Dr. Heinz Wiendl: Ja, ich bedanke mich sehr für die Möglichkeit, das mal auch in so einem Podcast darstellen zu können. Interessanterweise ist es das erste Mal, dass das Kompetenznetzwerk sich in so einem Podcast darstellt. Wir haben schon ganz unterschiedliche Dinge versucht, aber ich fand es sehr schön, dass Sie da auf uns zugekommen sind und hoffentlich findet es die entsprechende Rezeption und den Verteiler. Vielen Dank.

Bis bald und mach das Beste aus Deinem Leben,
Nele

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Nele von Horsten

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