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#277: Wie Digitale Medizin die MS-Therapie unterstützt. Interview mit Dr. Lars Masanneck

In der modernen MS-Behandlung bietet die digitale Medizin vielfältige neue Möglichkeiten. Dr. Lars Masanneck, Neurologe und Experte für digitale Gesundheitslösungen an der Uniklinik Düsseldorf, gibt spannende Einblicke, wie innovative Technologien und digitale Anwendungen die Versorgung von MS-Patienten bereits unterstützen und zukünftig revolutionieren könnten. Von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs) über personalisierte Therapieunterstützung bis hin zu neuen Forschungsperspektiven zeigt er auf, wie MS-Patienten aktiv von digitalen Tools profitieren können. Lass dich inspirieren, wie Telemedizin, Gesundheits-Apps und moderne Tracking-Methoden den Alltag erleichtern und die Behandlung verbessern können – für eine moderne, evidenzbasierte MS-Versorgung.

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Inhaltsverzeichnis

Vorstellung – Wer ist Dr. Lars Masanneck?

Nele von Horsten: Hallo Lars, ich freue mich riesig, dass du heute hier bist und wir uns über digitale Medizin unterhalten. Bevor wir richtig loslegen, wäre es schön, wenn du dich kurz unseren Hörer*innen vorstellst, damit sie wissen, mit wem ich heute spreche.

Dr. Lars Masanneck: Hi Nele, ich freue mich auch sehr! Bin gespannt auf das, was die nächste Stunde bringt. Gerne: Ich bin Lars Massaneck, Arzt in der Neurologie an der Uniklinik Düsseldorf, wo wir intensiv zur digitalen Medizin forschen. Außerdem bin ich im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für digitale Medizin aktiv.

Persönliche Motivation für Beruf?

Dr. Lars Masanneck: Das hängt fast zusammen. Ich habe in Münster Medizin studiert und dort bei Sven Meuth promoviert. Meine Promotion bezog sich auf Multiple Sklerose (MS) und entzündliche Prozesse im Nervensystem, was ich sehr spannend fand. Im Rahmen der Promotion habe ich dann angefangen, Daten auszuwerten und Programmieren hat mich zunehmend fasziniert. 2016–2018 wurde mein Interesse daran, wie man Daten effektiv sammelt und verarbeitet, immer größer. Schließlich wechselte ich ans Hasso-Plattner-Institut, um einen Master zu machen und mein Wissen zu vertiefen. Neurologie und digitale Medizin sind bei mir eng verknüpft.

Digitale Medizin - Einführung und Überblick

Welche Rolle spielt die Digitale Medizin im Management von Multipler Sklerose heute?

Dr. Lars Masanneck: Eine schwierige Frage, weil man erstmal definieren muss, was alles unter digitale Medizin fällt. Nicht jede digitale Infrastruktur ist evidenzbasierte Medizin. Ich finde es positiv, dass zunehmend Prozesse im deutschen Gesundheitswesen digitalisiert werden, wie z.B. E-Rezepte. Aber wenn wir uns auf evidenzbasierte Ansätze konzentrieren, gibt es noch viel Potenzial. Zwar gibt es bereits digitale Therapieansätze für MS in Form von zugelassenen DIGAs (digitale Gesundheitsanwendungen), aber Monitoring und evidenzbasierte Standards fehlen oft noch.

Welche Chancen ergeben sich durch den Einsatz digitaler Technologien in der MS-Versorgung und wo liegen die Herausforderungen und Grenzen bei der Umsetzung in den Alltag?

Dr. Lars Masanneck: Digitale Lösungen bieten vor allem Skalierbarkeit, also die Möglichkeit, Expertise und Zeit zu vervielfachen. Zum Beispiel können telemedizinische Konsultationen Expertise ortsunabhängig verfügbar machen. Auch digitale Therapeutika ermöglichen es, einmal aufbereitete Informationen oder Algorithmen vielen Patientinnen zur Verfügung zu stellen. Eine große Chance liegt auch darin, Prozesse durch KI-gestützte Unterstützung effizienter zu gestalten, was sowohl Ärztinnen als auch Patient*innen zugutekommt. Die Herausforderung ist, diese Tools praktikabel und evidenzbasiert in die Versorgung zu integrieren.

Digitale Medizin - Tracking und Monitoring

Wie kann das Tracking von körperlicher Aktivität mithilfe von Wearables wie Smartwatches oder Fitness-Trackern interpretiert werden und wie gut funktioniert es als Motivation sich mehr zu bewegen?

Dr. Lars Masanneck: Das ist tatsächlich eines meiner Lieblingsthemen. Studien zeigen, dass z.B. Schritte mit der Krankheitsschwere korrelieren. Auch wir sehen in Kohorten, dass einfache Messungen wie Schrittzahl Einblicke in die Krankheitsentwicklung geben können. In der Praxis fehlen jedoch standardisierte Anwendungen. Aktuell gibt es noch keine direkte Pipeline, um solche Daten einfach in den Klinikalltag zu integrieren, was eine Herausforderung darstellt. Dennoch kann das allgemeine Tracking von Aktivität motivierend wirken und eine wertvolle Ergänzung zur klinischen Beurteilung sein.

Therapieunterstützung durch digitale Medizin

Wie können digitale Lösungen MS-Patienten bei der Medikamenteneinnahme, Einhaltung von Terminen und Vorbereitung auf Arztgespräche unterstützen?

Dr. Lars Masanneck: Bei der Medikamenteneinnahme gibt es bereits Apps, die an die Einnahme erinnern, was gerade bei chronischen Erkrankungen hilfreich ist. Spannender finde ich jedoch, wie Sprachmodelle helfen könnten, medizinische Informationen für Patient*innen zugänglicher zu machen. Damit könnten komplexe Inhalte auf ein verständliches Niveau angepasst werden. Das ist besonders wertvoll bei der Vorbereitung und Nachbereitung von Arztgesprächen.

Welche Apps oder Plattformen gibt es, die MS-Patienten bei der Verwaltung ihrer Gesundheit und Medikation helfen können?

Dr. Lars Masanneck: Es gibt viele Apps, darunter auch DIGAs, und ich empfehle, diese einfach auszuprobieren, um herauszufinden, was individuell passt. Besonders bei MS haben wir im Vergleich zu anderen neurologischen Erkrankungen eine breite Auswahl. Manche Apps sind als Begleitung zu bestimmten Medikamenten entwickelt worden und können bei der Therapie unterstützen. Wichtig ist, sich selbst zu informieren und auszuprobieren, was funktioniert.

Digitale Medizin - Forschung und Datenauswertung

Inwiefern trägt die Digitale Medizin zur MS-Forschung bei? Welche neuen Erkenntnisse wurden durch die Analyse von Patientendaten gewonnen?

Dr. Lars Masanneck: Digitale Medizin hilft, indem wir Patientinnen effizienter in Studien einbinden und durch kontinuierliches Monitoring Daten erhalten, die uns neue Einblicke geben. Wenn wir Schwankungen zwischen Therapiegaben messen oder Patientendaten zusammenfassen können, fördert das unser Verständnis der Krankheit. Auch Algorithmen können bei der Einbindung in Studien helfen, indem sie geeignete Kandidatinnen erkennen.

Wie werden Datenschutz und Datensicherheit im Zusammenhang mit digitalen Gesundheitsdaten gewährleistet?

Dr. Lars Masanneck: Das ist ein großes Diskussionsthema in Deutschland. Bei unseren Studien nutzen wir GDPR-konforme Systeme, um Daten sicher zu verwalten. Es ist auch wichtig, Daten so zu schützen, dass wir im Ernstfall alle relevanten Informationen für die Versorgung haben. Ein zu strenger Datenschutz kann zu einer Datenabschottung führen, die die Patientenversorgung gefährdet.

Welche vielversprechenden Entwicklungen im Bereich der digitalen Medizin könnten die MS-Versorgung in den kommenden Jahren revolutionieren?

Dr. Lars Masanneck: In den nächsten Jahren werden wahrscheinlich Ambient Listening Systeme Einzug in Arztpraxen halten, die das Gespräch automatisch dokumentieren und so Zeit sparen. Ich denke auch, dass mehr digitale Unterstützungsplattformen für Patientinnen und Ärztinnen etabliert werden, was die Effizienz der Versorgung steigern kann.

Wo siehst du den größten Bedarf für weitere Forschung und Innovation im Kontext von MS und digitaler Medizin?

Dr. Lars Masanneck: Ich sehe einen großen Bedarf darin, die Kluft zwischen Forschung und Praxis zu schließen. Die Daten, die Patient*innen selbst sammeln, könnten wertvoller genutzt werden. Ein Fokus auf die praktische Anwendung von Wearables und anderen Monitoring-Tools für den Klinikalltag wäre wichtig, um eine breitere Integration in die Versorgung zu ermöglichen.

Was sind die Ziele der Deutschen Gesellschaft für Digitale Medizin e.V. und welche Aspekte deiner Arbeit dort sind für MS-PatientInnen spannend?

Dr. Lars Masanneck: Unsere Gesellschaft fördert die Ausbildung und den Austausch im Bereich der digitalen Medizin. Wir bieten auch Stipendien und Wissenschaftspreise, um junge Forschende zu unterstützen. Die Entwicklungen in diesem Feld sind besonders für MS-Patient*innen relevant, da sich hier vieles schnell weiterentwickelt.

Patientenperspektive

Wie können MS-Patienten aktiv von digitalen Gesundheitslösungen profitieren? Gibt es Erfolgsgeschichten aus der Praxis?

Dr. Lars Masanneck: Wichtig ist, dass jedeR für sich herausfindet, was individuell passt. Wir haben positives Feedback von PatientInnen, die digitale Lösungen wie DIGAs nutzen, und es gibt Erfolgsgeschichten, bei denen z.B. kontinuierliches Monitoring eine andere Therapieentscheidung beeinflusst hat.

Fazit und Ausblick

Welche Botschaft möchtest du MS-Patienten hinsichtlich der Nutzung digitaler Medizinlösungen mit auf den Weg geben?

Dr. Lars Masanneck: Ja, ich ermutige alle, an Studien teilzunehmen und digitale Gesundheitslösungen auszuprobieren. Dadurch gewinnen wir alle an Wissen, und es kann auch für die Patient*innen selbst Vorteile bringen, wenn sie engmaschiger begleitet werden.

Blitzlicht-Runde

Vervollständige den Satz: „Für mich ist die Multiple Sklerose…“

Dr. Lars Masanneck: Für mich ist die Multipi Sklerose ein Forschungsfeld, auf dem sich extrem viel tut, das hoffentlich auch nicht langweilig wird in den nächsten Jahren und wo wir hoffentlich, wenn man jetzt die letzten 20 Jahre als Referenz nimmt, auch in den nächsten 20 Jahren noch weiter Fortschritte machen. 

Welchen Durchbruch in der Forschung und/oder Behandlung der Multiplen Sklerose wünschst du dir in den kommenden 5 Jahren?

Dr. Lars Masanneck: Ich würde mir eine bessere Phänotypisierung wünschen. Ich glaube einerseits digital, dass man vielleicht verschiedene Progressionsarten voneinander abgrenzen kann, aber da muss man natürlich auch ganz klar sagen, auch nicht digital. Auch die Immunologie schreitet fort und ich glaube, da liegt am Ende der Schlüssel zur Behandlung. Das ist einfach so.

Welche Internet-Seite kannst du zum Thema Digitale Medizin empfehlen?

Dr. Lars Masanneck: Grundsätzlich kann ich natürlich immer auf die Website der Deutschen Gesellschaft für Digitale Medizin verweisen, wobei es da wenig Infos gibt.

Was ich ganz grundsätzlich empfehlen kann, das sprengt ein bisschen den Rahmen, sind einige Journals, die auch tolle, relativ einfache wissenschaftliche Arbeiten manchmal rausbringen, zum Beispiel NPJ Digital Medicine oder den New England Journal of Medicine Ableger für AI. Die haben oft auch graphical abstracts, wo sie die Themen erklären. Das ist jetzt nicht nur MS, aber die total interessant sind, wo man wirklich auch mal über den Tellerrand schauen kann und wo ich immer total viel lerne.

Verabschiedung

Wo findet man dich und deine wissenschaftlichen Arbeiten im Internet?

Dr. Lars Masanneck: Natürlich einerseits auf unserer Website von der Klinik Reine Nervensache. Wer sie nicht kennt, einfach mal auschecken. Wir haben auch einen Instagram-Kanal, wo wir Forschungsergebnisse immer teilen, heißt ebenfalls reine Nervensache. Ja, ich glaube, da findet man sie am besten. Ansonsten kann man mir auch auf LinkedIn folgen. Da halte ich auch eigentlich immer alle auf dem Laufenden.

Vielen Dank, Lars, für deine spannenden Einblicke und die Zeit, die du dir genommen hast. Es war toll, das Thema digitale Medizin mit dir zu beleuchten.

Bis bald und mach das Beste aus Deinem Leben,
Nele

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Nele von Horsten

Blogger & Patient Advocate

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