Diesmal geht es um ein Thema, das häufig mit Missverständnissen verbunden ist: Palliativmedizin bei Multipler Sklerose. Viele denken bei Palliativmedizin ausschließlich an Sterbebegleitung – dabei umfasst es so viel mehr! Gemeinsam mit Dr. Veronika Dunkl, Fachärztin für Neurologie und Palliativmedizin an der Uniklinik Köln, sprechen wir darüber, wie Palliativmedizin Menschen mit MS helfen kann, ihre Lebensqualität zu steigern, Symptome besser zu managen und sowohl Betroffene als auch Angehörige zu entlasten.
Du erfährst welche speziellen Maßnahmen und Therapien Palliativmedizin umfasst und wie man Zugang zu entsprechenden Angeboten erhält. Außerdem klären wir die Bedeutung von Patientenverfügungen und welche Punkte unbedingt berücksichtigt werden sollten.
Dieser Podcast und Blogbeitrag richtet sich an Betroffene mit fortgeschrittener MS, sowie Angehörige und Menschen, die sich frühzeitig mit Unterstützungsangeboten vertraut machen möchten. Denn Palliativmedizin bedeutet nicht Abschiednehmen, sondern die Möglichkeit, ein erfülltes Leben trotz Einschränkungen zu führen.
Erhalte Einblicke, praktische Tipps und gewinne eine neue Perspektive auf das Thema.
Jetzt reinhören und informieren – denn Lebensqualität ist immer ein wichtiger Teil der Therapie!
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Inhaltsverzeichnis
Vorstellung – Wer ist Dr. Veronika Dunkl?
Nele von Horsten: Hallo Frau Dr. Dunkl, schön, dass Sie heute da sind und ein ganz liebes Hallo an die Uniklinik Köln. Könnten Sie sich den Hörerinnen und Hörern bitte vorstellen?
Dr. Veronika Dunkl: Mein Name ist Veronika Dunkl. Ich bin Fachärztin für Neurologie, habe die Weiterbildung Palliativmedizin abgeschlossen und arbeite am Zentrum für Palliativmedizin. Ich bin sowohl in der neuropalliativmedizinischen Forschung tätig als auch auf der Station und im Bereich SAPV (spezialisierte ambulante Palliativversorgung). Privat habe ich zwei kleine Kinder, was neben der Klinik ebenfalls für viel Trubel sorgt.
Persönliche Motivation für Beruf?
Nele von Horsten: Was war Ihre Motivation für die Berufswahl, insbesondere für den Bereich Palliativmedizin?
Dr. Veronika Dunkl: Ich habe mich früh für die Neurologie entschieden, da mich die Komplexität des Gehirns fasziniert. Während meiner Arbeit in der Neuro-Onkologie habe ich jedoch gemerkt, dass ein ganzheitlicher Ansatz fehlt, wenn keine tumorspezifische Therapie mehr möglich ist. Patienten haben oft weiterhin Symptome und Bedarfe, die in kurzen Sprechstunden kaum umfassend behandelt werden können.
Nach einer längeren Hospitation auf der Palliativstation habe ich die ganzheitliche Betreuung und Forschung im Bereich der Neuropalliativmedizin als perfekte Ergänzung zur Neurologie gefunden.
Allgemeines Verständnis der Palliativmedizin
Wie wird Palliativmedizin bei MS definiert, und wie unterscheidet sie sich von der allgemeinen Vorstellung?
Dr. Veronika Dunkl: Palliativmedizin bei MS unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der allgemeinen Palliativmedizin. Es geht darum, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern, unabhängig davon, ob noch eine therapeutische Behandlung erfolgt.
Während viele bei Palliativmedizin an die Sterbebegleitung denken, beginnt sie bei MS oft früher – ergänzend zu neurologischen oder immunologischen Therapien. Dabei stehen nicht die Krankheit selbst, sondern die Symptome wie Schmerzen, Spastiken oder Atemprobleme im Mittelpunkt. Auch die Unterstützung der Angehörigen ist zentral.
Organisationen und Zugang zur Palliativmedizin
An welche Organisationen können sich MS-Patienten wenden?
Dr. Veronika Dunkl: Eine wichtige Anlaufstelle ist das Palliativnetzwerk Köln, das auch eine deutschlandweite Beratung anbietet. Frau Grede, die diese Beratung leitet, kann Patienten individuell informieren, ob ein Hospizdienst oder spezialisierte Palliativversorgung sinnvoll ist. Auch Neurologen können Hinweise zu lokalen Palliativnetzwerken geben.
Welche Kriterien muss man erfüllen, um Unterstützung zu erhalten?
Dr. Veronika Dunkl: Jeder Mensch hat laut Grundgesetz Anspruch auf Palliativmedizin. Voraussetzung sind jedoch konkrete Symptome wie Schmerzen, Luftnot oder erhebliche Pflegebedarfe. Wichtig: Palliativmediziner ersetzen keine Neurologen oder Hausärzte, sondern arbeiten ergänzend.
Was tun, wenn eine Anlaufstelle sich querstellt?
Dr. Veronika Dunkl: Leider passiert das manchmal, da die Palliativmedizin oft noch mit Onkologie oder Sterbebegleitung gleichgesetzt wird. In solchen Fällen können Patienten erneut anrufen oder Neurologen und Hausärzte um Unterstützung bitten. Frau Grede hilft ebenfalls bei der Vermittlung.
Unterstützung für Betroffene und Angehörige
Welche Maßnahmen bietet die Palliativmedizin?
Dr. Veronika Dunkl:
- Schmerztherapie: z. B. bei neuropathischen Schmerzen oder Spastiken.
- Atemunterstützung: Bei eingeschränkter Atmung können Geräte wie nicht-invasive Beatmungsmasken zum Einsatz kommen.
- Unterstützung bei Schluckstörungen: Beratung zu Ernährung und Medikamentenanpassungen.
- Alltagshilfen: Organisation von Pflegebetten, Rollstühlen oder Unterstützung für pflegende Angehörige.
Wie kommt man zu einer Patientenverfügung, und wie berücksichtigt man Wünsche schwer Betroffener?
Dr. Veronika Dunkl: Patientenverfügungen können mit Hausärzten, in Beratungsstellen oder eigenständig erstellt werden. Wichtig ist, die individuellen Wünsche schriftlich und klar zu formulieren – etwa zu Reanimation, Beatmung oder Ernährung. Angehörige sollten eingebunden sein, um später die Wünsche vertreten zu können.
Warum ist keine anwaltliche Unterstützung notwendig?
Dr. Veronika Dunkl: Eine Patientenverfügung ist rechtlich bindend, wenn sie unterschrieben ist. Ein Anwalt ist nicht erforderlich, es sei denn, man wünscht explizit juristische Beratung.
Welche Elemente sollte eine Patientenverfügung enthalten?
- Wünsche zu Reanimation und Intensivbehandlung.
- Angaben zu Beatmung (nicht-invasiv oder invasiv).
- Regelungen zur Ernährung bei Schluckstörungen.
- Wünsche zur Sterbebegleitung, z. B. Anwesenheit von Angehörigen, Musik oder seelsorgerische Unterstützung.
Welchen Einfluss hat die Palliativmedizin auf Lebensqualität und Wohlbefinden?
Dr. Veronika Dunkl: Palliativmedizin bietet emotionale und psychische Entlastung, sowohl für Patienten als auch für Angehörige. Sie gibt Sicherheit, da immer ein Ansprechpartner da ist, und ermöglicht mehr Lebensqualität durch Symptomkontrolle und Hilfestellung im Alltag.
Blitzlicht-Runde
Vervollständigen sie den Satz: „Für mich ist die Multiple Sklerose…“
Dr. Veronika Dunkl: …eine sehr individuelle Erkrankung, die das gesamte Umfeld betrifft.
Welchen Durchbruch in der Forschung und/oder Behandlung der Multiplen Sklerose wünschen sie sich in den kommenden 5 Jahren?
Dr. Veronika Dunkl: Bessere Therapien für progrediente Formen und mehr Studien für ältere Patienten.
Welche Internet-Seite können sie zum Thema MS empfehlen?
Dr. Veronika Dunkl: Die DMSG bietet verlässliche Informationen, die regelmäßig aktualisiert werden.
Verabschiedung
Möchten sie den Hörerinnen und Hörern noch etwas mit auf dem Weg geben?
Dr. Veronika Dunkl: Palliativmedizin bedeutet nicht nur Sterbebegleitung, sondern kann in vielen Lebensphasen unterstützen. Warten Sie nicht zu lange, wenn Sie oder Angehörige Hilfe benötigen.
Wo findet man sie und ihre wissenschaftlichen Arbeiten im Internet?
Informationen zur Palliativmedizin finden Sie auf den Seiten der Uniklinik Köln oder der DMSG.
Nele von Horsten: Vielen Dank, Frau Dr. Dunkl, für Ihre Zeit und die wichtigen Einblicke.
Dr. Veronika Dunkl: Vielen Dank, es war mir eine Freude!
Bis bald und mach das Beste aus Deinem Leben,
Nele
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