Hendrik Dahm, ehemaliger Personalleiter und heute erfolgreicher Karrierecoach, hat die Herausforderung Multiple Sklerose angenommen und sie als Chance genutzt. Mit beeindruckender Offenheit spricht er über seine Erfahrungen, von den ersten Schocks der Diagnose über berufliche Rückschläge bis hin zu einem bewussteren und erfüllten Leben.
Seine Geschichte ist nicht nur eine persönliche Reise, sondern auch eine Inspiration für alle, die vor großen Schwierigkeiten stehen – sei es durch eine chronische Erkrankung, berufliche Unsicherheiten oder persönliche Krisen. Hendrik Dahm zeigt, dass Inklusion und beruflicher Erfolg Hand in Hand gehen können, wenn wir den Mut haben, unsere Stärken neu zu entdecken.
Begleite ihn auf dieser Reise – von der Diagnose, über den Umgang mit Vorurteilen bis hin zu einer neuen, selbstbestimmten beruflichen Perspektive.
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Inhaltsverzeichnis
Vorstellung – Wer ist Hendrik Dahm?
Hallo, ich bin Hendrik Dahm, 52 Jahre alt, Vater von 2 erwachsenen Kindern im Alter von 18 und 21 Jahren. Mein Geburtsort und inzwischen auch wieder Wohnort: Duisburg in Nordrhein-Westfalen. Meine Hobbies: sportlich liebe ich mein Gravelbike und den rotsandigen Tennisplatz.
Diagnose und aktueller Status
Wann erhieltest du die Diagnose Multiple Sklerose und was war der Anlass dafür?
Meine Diagnose erhielt ich vor einigen Jahren, MS Typ: RRMS / schubförmig remittierend. Anlass waren eine Sehnerventzündung und Taubheitsgefühl an einigen Körperteilen.
Hattest du bereits vorher Symptome, die rückblickend mit Multipler Sklerose zu tun hatten?
Meine Schwester war bereits einige Jahre zuvor mit MS diagnostiziert worden. Daher kannte ich die Krankheit in ihren Grundzügen. Aber das war natürlich nur eines der 1000 Gesichter. Die Diagnose erhielt ich im Krankenhaus von einem „nicht ganz so empathischen“ Arzt mit den Worten: „Sie haben ziemlich sicher Multiple Sklerose. Eine unheilbare Nervenkrankheit. Sie bleiben übers Wochenende hier. Lesen Sie diese Broschüre. Am Montag haben wir alle Ergebnisse. Tschüss.“
Natürlich war die Diagnose ein Schock: ich erlebte Verunsicherung, Angst, Gefühlschaos. Ich hatte 1000 Fragen und keine Ahnung, was die MS für mich, meine Familie, die Zukunft bedeuten würde.
Wie hast du die Diagnose aufgefasst?
Meine Schwester war bereits einige Jahre zuvor mit MS diagnostiziert worden. Daher kannte ich die Krankheit in ihren Grundzügen. Aber das war natürlich nur eines der 1000 Gesichter. Die Diagnose erhielt ich im Krankenhaus von einem „nicht ganz so empathischen“ Arzt mit den Worten: „Sie haben ziemlich sicher Multiple Sklerose. Eine unheilbare Nervenkrankheit. Sie bleiben übers Wochenende hier. Lesen Sie diese Broschüre. Am Montag haben wir alle Ergebnisse. Tschüss.“
Natürlich war die Diagnose ein Schock: ich erlebte Verunsicherung, Angst, Gefühlschaos. Ich hatte 1000 Fragen und keine Ahnung, was die MS für mich, meine Familie, die Zukunft bedeuten würde.
Wurden dir zu Beginn verlaufsmodifizierende Therapien empfohlen und wie hast du dich entschieden?
Ich habe das mögliche Vorgehen mit meiner damaligen Neurologin besprochen, natürlich auch die Option verlaufsmodifizierender Therapien. Ich wollte damals unmittelbar nach der Diagnose nichts überstützen, daher haben wir die Entwicklung zunächst eng beobachtet. Schließlich habe ich mich zunächst gegen eine Therapie entschieden. Ganz anders als meine Schwester zum Beispiel, die sehr frühzeitig eine Therapie begonnen hatte. 1000 Gesichter eben. Sogar unter Geschwistern. Ich habe dann einige Jahre später im Rahmen einer Neubewertung eine Therapie begonnen.
Bei Interesse meine Empfehlungen:
- Sucht Euch zu jedem Zeitpunkt die Begleiter, denen Ihr vollständig vertraut. Ich bin schließlich in ein MS-Schwerpunktzentrum gewechselt.
- Macht Euch schlau und setzt Euch mit den für Euch in Frage kommenden Möglichkeiten auseinander. Stellt Eurem Arzt / Ärztin alle Fragen, die Ihr habt.
- Ich spreche mich nicht pauschal für oder gegen den Beginn einer Therapie aus – das ist eine höchst individuelle Entscheidung.
Hast du bereits einen Therapiewechsel hinter dir und wenn ja, was war der Anlass dafür?
Nein. Ich komme bisher gut mit der empfohlenen und ausgewählten Therapie klar.
Nutzt du symptomatische Therapieangebote? Wenn ja, welche?
Ich halte eine interdisziplinäre Behandlung der Krankheit für wichtig.
Ich schätze Physiotherapie sehr – manchmal hat sie einen unmittelbaren MS-Bezug, manchmal auch nicht.
Sport & Bewegung sind für mich ein wichtiger Baustein einer umfassenden Therapie. Daher nehme ich an einem Forschungsprojekt der TU Dortmund um Professor Zimmer teil. Im Rahmen des Projekts wird das Bewegungsverhalten untersucht und darauf aufbauend personalisierte und evidenzbasierte Bewegungs- und Sportberatung angeboten.
Wie hast du nach der Diagnose deinen Lebensstil angepasst?
Ich habe Anpassungen vorgenommen, diese sind aber zugegeben sukzessive erfolgt, nicht alle von Beginn an oder auf einen Schlag. Insbesondere eine berufliche Stressreduktion habe ich zunächst nicht konsequent umgesetzt. Umgestellt habe ich meine Ernährung (z.B. Verzicht auf Fleisch, Kuhmilch und unnötigen Zucker, dafür mehr Gemüse und die richtigen Fette). Zudem habe ich ein größeres Bewusstsein für die Bedeutung der Bewegung entwickelt … die Zahl der täglichen Schritte hilft als grober Indikator. Und ich erlaube mir konsequent, im Privaten auf Termine und Menschen zu verzichten, die mir nicht guttun.
Wie blickst du auf deine Zukunft und haben sich deine beruflichen und privaten Pläne verändert?
Seit der Diagnose gehe ich bewusster mit meiner Zeit und meinen Zielen um. Dadurch haben sich auch private und berufliche Pläne verändert – aber das bedeutet nicht, dass sie kleiner geworden sind. Anders. Vielleicht sogar besser.
Beruflich habe ich mich stärker auf meine selbständige Arbeit als Berufs- und Karrierecoach fokussiert, weil ich darin eine besondere Erfüllung finde, Menschen zu unterstützen, die selbst vor großen Herausforderungen stehen. Privat habe ich gelernt, meine Zeit und Energie bewusster einzuteilen und die wertvollen Momente zu schätzen.
Insgesamt blicke ich mit Zuversicht in die Zukunft, weil ich weiß, dass ich sowohl beruflich als auch privat einen wertvollen Beitrag dazu leisten kann.
Was war dein tiefster Punkt mit der Multiplen Sklerose und wie hast du dich wieder rausgekämpft?
Der tiefste Punkt war der erste Schub einige Jahre nach der Erstdiagnose. Ich hatte damals die Hoffnung auf eine quasi „inaktive MS“ ohne weitere Schübe entwickelt. Der neuerliche Schub hat mir schlagartig klar gemacht: die MS ist aktiv.
Stichwort „rauskämpfen“: In diesem schweren Moment habe ich verstanden, dass ich meine Einstellung zur Krankheit ändern musste. Schritt 1: Ich habe die Diagnose wirklich angenommen und mich auf das konzentriert, was ich selber beeinflussen kann. Schritt 2: Selbstfürsorge: ich habe nach und nach Stressoren aus meinem Leben verbannt. Schritt 3: Ich habe mich medizinisch neu aufgestellt: neue Ärztin, Start einer Therapie, die mir Sicherheit gab, und zunehmend tägliche Routinen, die mir Struktur boten. Schritt 4: In Sachen Beruf habe ich mir meine Ressourcen bewusst gemacht: was kann ich wirklich gut, was mache ich richtig gerne. Diese Erkenntnis hat mich sukzessive an die Tätigkeit herangeführt, die ich heute genieße.
Wie geht es dir aktuell mit deiner MS?
Sie ist Teil meines Lebens, ich habe sie akzeptiert. Uns gibt es nur noch im Doppelpack.
Zugegeben: manchmal nervt sie. Und gleichzeitig hat sie mein Leben verändert und auch bereichert.
Offenlegung, berufliche Herausforderungen und Neuorientierung mit MS
Was sind die häufigsten beruflichen Herausforderungen für MS-Patienten, und welche Strategien empfiehlst du, um diese zu bewältigen?
Die größte Herausforderung für MS-Betroffene ist die Unvorhersehbarkeit der Krankheit. Bei manchen Erkrankten sind plötzliche Krankheitsschübe oder Symptome wie Erschöpfung, Konzentrationsprobleme möglich. Andere Erkrankte leben 20+ Jahre ohne neue Einschränkungen. Die berühmten 1000 Gesichter.
Oft mündet es in der Frage: Muss ich meine Krankheit gegenüber meinem Arbeitgeber offenlegen? Klare Antwort: nein! Grundsätzlich ist niemand zu einer Offenlegung seiner Krankheit verpflichtet – weder im Bewerbungsgespräch noch im laufenden Arbeitsverhältnis. Ausnahmen sind selten, z.B. ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, wenn z.B. Gefahr für andere Mitarbeiter droht.
Dennoch steht jeder, der mit einer ernsthaften Erkrankung lebt, irgendwann vor der verzwickten Frage: Sollte ich meinen Arbeitgeber informieren oder lieber schweigen? Hier gilt es gut abzuwägen:
- Beide Optionen haben individuelle Vor- und Nachteile. Für die einen überwiegt der Wunsch nach Transparenz (weil sie zu einer psychischen Entlastung führen kann), für andere eher die Angst vor Stigmatisierung (z.B., dass Kollegen Dich plötzlich anders behandeln).
- Viele Herausforderungen und Belastungen eines MS Erkrankten sind für Außenstehende nicht sichtbar.
- Eine erfolgte Offenlegung Deiner Erkrankung kannst Du nicht wieder zurücknehmen.
- Die Frage ist also nicht nur komplex, sondern auch zutiefst persönlich. Meine Empfehlung zum Umgang mit ihr lautet:
- Gewinne Klarheit über Deine persönliche Situation: Welche Argumente sprechen in Deinem Fall für oder gegen eine Offenlegung? Welche Kriterien sind relevant für Deine Entscheidungsfindung?
- Und dann triff aktiv und frühzeitig eine bewusste, wohlüberlegte Entscheidung für Dich, wie Du mit dem Thema Offenlegung umgehst. Es gilt: jede Entscheidung ist richtig, solange sie sich für Dich gut anfühlt.
Wie hast du die Entscheidung getroffen deine Diagnose am Arbeitsplatz offenzulegen, und welche Auswirkungen hatte das auf deine berufliche Laufbahn?
Unmittelbar nach der Diagnose stand für mich fest: keine Offenlegung gegenüber meinem Arbeitgeber. Ich wollte in Ruhe verstehen, was die Krankheit für mich bedeutete, nichts überstürzen. Klar war da auch die Angst vor Reaktionen und vor einem Karriereknick.
Einige Jahre später habe ich mich nach erneuter intensiver Abwägung der obigen Punkte für eine vertrauensvolle Offenlegung entschieden. Ich glaubte an eine Entlastung für mich sowie an eine verständnisvolle Reaktion meines Vorgesetzten.
Als „es“ raus war, habe ich zunächst tief durchgeatmet. Ich fühlte mich befreit. Doch dieses Gefühl hielt nur kurz. Dann erhielt ich – nur wenige Wochen später – die erste Kündigung überreicht.
Spreche ich nun eine eindeutige Empfehlung gegen eine Offenlegung aus? Nein! Jeder Einzelfall muss gesondert betrachtet und bewertet werden. Es gibt so viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen.
Wie bist du mit den Kündigungen umgegangen, und wie hast du die MS-Erkrankung als Chance genutzt, dich beruflich neu zu orientieren?
Die Kündigungen, die ich jeweils kurz nach der vertrauensvollen Offenlegung meiner Krankheit erhielt, waren natürlich alle unberechtigt – dennoch erstmal harte Einschnitte. Sie haben ein intensives Gefühlschaos, Zweifel und Unsicherheit ausgelöst. Rückblickend sehe ich diese Phasen als Wendepunkte in meinem Leben. Sie haben mich gezwungen, innezuhalten und meine berufliche Situation neu zu bewerten.
Die MS hat mir klargemacht, dass ich mehr auf meine eigenen Bedürfnisse hören und meinen beruflichen Weg so gestalten muss, dass er langfristig für mich stimmig ist – gesundheitlich wie beruflich. Es war Zeit, meine langjährige Erfahrung als Führungskraft und Personalleiter mit meinem persönlichen Weg zu verbinden. Daraus entstand meine Entscheidung, als Coach tätig zu werden und Menschen zu unterstützen, die selbst vor beruflichen oder gesundheitlichen Herausforderungen stehen. Es mag klischeehaft klingen: tatsächlich geht es darum, aus Krisen etwas Positives zu schöpfen und gestärkt daraus hervorzugehen – das gilt für mich genauso wie für die Menschen, mit denen ich arbeite. Daher bin ich heute tatsächlich dankbar für diese Wendungen. Sie haben mir geholfen, authentischer und fokussierter zu werden – beruflich und persönlich.
Wie beeinflusst die MS deinen Alltag als Selbstständiger, und welche Vorteile siehst du in dieser beruflichen Freiheit?
Die Selbstständigkeit erlaubt mir jede Menge Flexibilität – zum Beispiel bezüglich Arbeitszeit und Arbeitsort. Ich kann z.B. meine Aufgaben viel flexibler als früher nach meinem typischen Energielevel über den Tag verplanen und so meinen Alltag noch mehr auf meine Bedürfnisse abstimmen. Konkret: ich nutze die Möglichkeit, Sport-/ Bewegungspausen einzuplanen, wenn ich weiß, dass anstrengende Tage vor mir liegen. So kann ich Einfluss auf meine Belastung und auf meine Produktivität nehmen. Funktioniert das immer so einfach? Nein, natürlich nicht. Zugleich umfasst die Selbständigkeit eine riesige Herausforderung: ich trage die volle finanzielle Verantwortung ohne Backup.
(Kleines Bonbon bei Interesse: Die Selbständigkeit hat mir einen überraschenden Raum geschaffen für Kreativität, den ich zunächst gar nicht vermisst hatte, nun aber sehr genieße: Raum fürs Schreiben … wenn ich beispielsweise für meinen Blog Erfahrungen aus der Praxis zu Papier bringe. Und dieses Schreiben habe ich für mich als sehr wertvollen Ausgleich entdeckt.)
Welche beruflichen Ziele hast du dir gesetzt, und wie bringst du sie mit deinen persönlichen Wünschen in Einklang?
Mit meiner Selbständigkeit unterstütze ich Menschen bei allen Fragen im Kontext von Beruf & Karriere. Mein berufliches Ziel? Ich möchte denjenigen, die durch ein einschneidendes Lebensereignis aus ihrer Berufs- und Lebensplanung gerissen wurden, Mut machen, ein erfülltes Berufsleben zu führen. Mit ihren Herausforderungen. Zudem habe ich – z.B. durch die Teilnahme an Deinem Podcast – die Möglichkeit, chronisch Erkrankten eine Stimme zu schenken und mich aktiv gegen die Tabuisierung von Krankheiten und ihre Stigmatisierung im Arbeitsalltag einzusetzen. Beides erfüllt mich total.
Inklusion, Unternehmenskultur und Führung mit chronischer Erkrankung
Was müssen Unternehmen tun, um Menschen mit chronischen Erkrankungen wie MS besser zu integrieren und zu unterstützen?
Die entscheidenden Ansätze sind eine gelebte ehrliche Unternehmenskultur und die richtige Haltung zum Thema „Krankheiten am Arbeitsplatz“. Ich bin überzeugt: Wer die richtige Haltung zu Menschen hat, wird passende Lösungen finden. Und das funktioniert unabhängig davon, ob es um eine chronische Krankheit oder die Pflege der Eltern geht.
Ferner sind unterstützende Rahmenbedingungen wichtig. Unternehmen sollten in erster Linie Offenheit und Flexibilität leben. Ein Arbeitgeber, der Inklusion ernst nimmt, bietet individuelle Lösungen an: das kann von flexiblen Arbeitszeiten, Homeoffice-Regelungen bis zu ergonomischen Anpassungen oder barrierefreien Arbeitsumgebungen reichen. Wichtig ist, dass auch Arbeitgeber keine Scheu haben, offen über diese Themen zu sprechen.
Wichtig ist, dass alle Beteiligten (d.h. Unternehmen, Führungskräfte und betroffene Mitarbeiter) einen Beitrag für die psychologische Sicherheit des Einzelnen am Arbeitsplatz leisten können.
Wie hat dich deine Diagnose als Führungskraft verändert, besonders im Umgang mit den Sorgen und Ängsten deiner Mitarbeitenden? Und welche Tipps hast du für Führungskräfte?
In meiner Selbstwahrnehmung hat mich die Diagnose noch ein wenig menschenorientierter und einfühlsamer gemacht. Zahlreiche Mitarbeitende haben Sorgen, über die sie nicht offen sprechen – oft aus Angst vor negativen Konsequenzen. Seit meiner Diagnose konnte ich als Führungskraft noch besser nachvollziehen, wie belastend z.B. das Verstecken von Krankheitssymptome ist. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie sich Unsicherheiten anfühlen und wie sich Ängste auf die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden von Mitarbeitenden auswirken können.
Tipps für Führungskräfte? Hier ist ein sehr greifbarer und leicht umsetzbarer: Als Betroffener erwarte ich nicht, dass meine Führungskraft meine Krankheit im Detail versteht, meine gesundheitlichen Probleme löst oder selbst zum besten Therapeuten mutiert. Oder 10 Seminare zum Thema „Chronische Erkrankungen A-Z“ besucht hat. Meine Erwartung an meine Führungskraft ist viel einfacher: Sei einfach Mensch. Dir sitzt wiederum ein Mensch gegenüber, dem es richtig dreckig geht. Gib dieser Person Deine Unterstützung. Zeig ihr, dass Du zuhörst. Frage sie „was brauchst Du?“. Wenn Du als Führungskraft diese Haltung transportierst und dieses Verhalten zeigst, wirst Du schnell zum Vorbild für andere.
Wünsche und Ziele
Hast du einen großen unerfüllten Wunsch?
Ich träume davon, das Buch zu schreiben, das ich zu Beginn meiner Diagnose selbst gebraucht hätte. Ein Buch, das Menschen die Angst vor der MS nimmt. Ein Buch, das nicht primär die medi-zinischen Fakten vertieft, sondern zeigt, wie man die Krankheit mental und emotional bewältigen kann. Ein Buch, das Menschen ermutigt, ihren (insbesondere beruflichen) Weg mit Zuversicht zu gehen.
Welche Entwicklung wünschst du dir im Bereich Multiplen Sklerose in den kommenden 5 Jahren?
Meine Wünsche für die Zukunft der Multiplen Sklerose betreffen uns alle: als Gesellschaft, als Erkrankte und als Angehörige.
Ich träume von einer Zukunft, in der die Forschung entscheidende Fortschritte macht und die Medizin in eine neue Ära führt. In eine Zukunft, in der die MS behandelbar wird und das Leben mit MS einfacher, freier und selbstbestimmter wird. In der wir die Ursachen der Krankheit umfassend verstehen und neue, vielleicht personalisierte Therapien den Krankheitsverlauf aufhalten.
Ich träume von einer Arbeitswelt, in der MS und andere chronische Erkrankungen kein Hindernis mehr sind, sondern Teil unserer Stärke. In der der Wert eines Menschen nicht daran gemessen wird, ob er gesund oder krank ist, sondern an dem, was er mit Leidenschaft und Talent beisteuert.
Ich träume von einem Leben, in dem Betroffene weniger Angst vor einer ungewissen Zukunft haben. Weniger Angst vor dem Verlust von Fähigkeiten, von Selbstständigkeit, von Zukunftsträumen. Ich wünsche mir eine Zukunft, in der Unsicherheit durch Zuversicht ersetzt wird. In der die Diagnose nicht mehr das Ende von Ambitionen und Lebensplänen ist, sondern der Anfang eines neuen Kapitels. In dem die Betroffenen mit Klarheit, Mut und Vertrauen in die Zukunft blicken können.
Blitzlicht-Runde
Was war der beste Ratschlag, den du jemals erhalten hast?
Kurzform: Der Ratschlag der mehrfach krebserkrankten Sängerin Jane „Warte nicht, bis das Leben nicht mehr hart zu Dir ist … bevor Du Dich entscheidest, glücklich zu sein.“. Ihr Umgang mit Schmerz und Hoffnung.
Lange Version: Im Jahr 2021 trat bei America’s Got Talent (das Originalformat zu „Deutschland sucht den Superstar“) eine junge Dame namens Jane (Künstlername „Nightbird“) auf. Sie begeisterte das Publikum mit ihrem Mut und ihrer berührenden Geschichte. Denn sie kämpfte zu diesem Zeitpunkt bereits mehrfach gegen Krebs – mit geringen Überlebenschancen. Dennoch beeindruckte sie – neben ihrer Stimme – mit ihrer unerschütterlichen Lebensfreude und Positivität. Sie sagte damals „You can’t wait until life isn’t hard anymore … before you decide to be happy.“. Zu deutsch: Warte nicht, bis das Leben nicht mehr hart zu Dir ist … bevor Du Dich entscheidest, glücklich zu sein.“ Das war ihr Umgang mit Schmerz und Hoffnung. Dieses Zitat begleitet mich seitdem, weil es eine wichtige Lebensweisheit transportiert: Das Leben wird nie frei von Herausforderungen sein, aber genau in den schwierigen Momenten müssen wir bewusst entscheiden, Glück und Zufriedenheit zu finden. Wie oft hält uns das Warten auf bessere Zeiten davon ab, die guten Dinge im Hier und Jetzt zu erkennen? Und genau darin liegt der Schlüssel, trotz allem erfüllt zu leben – sei es privat oder beruflich. Für mich ist das ein wichtiger Ratschlag im Umgang mit einschneidenden Lebensereignissen.
Wie lautet dein aktuelles Lebensmotto?
Mein Lebensmotto lautet „Be the reason someone smiles today.“ und begründet meine Arbeit als Karrierecoach: Ich kann einen positiven Unterschied im Leben anderer Menschen machen, indem ich ihnen Mut mache, trotz ihrer Herausforderungen ein erfülltes Berufsleben zu führen.
Mit welcher Person würdest du gern einmal ein Kamingespräch führen und zu welchem Thema?
Mit Schauspieler Michael J. Fox zu den Themen beruflicher Träume trotz gesundheitlicher Rückschläge, seine optimistische Lebensphilosophie für chronisch Erkrankte und Humor als Bewältigungsstrategie.
Vervollständige den Satz: „Für mich ist die Multiple Sklerose…“
…ein ständiger Begleiter, der mich definitiv herausgefordert, aber auch gelehrt hat, das Leben bewusster zu leben, meine privaten und beruflichen Prioritäten neu zu denken und gleichzeitig die Stärke zu finden, um weiterzumachen. (Weil ein erfülltes Leben auch mit MS möglich ist.)
Welche Internet-Seite kannst du zum Thema MS empfehlen?
amstart.net ermöglicht neu mit MS diagnostizierten Menschen 1:1 Gespräche mit erfahrenen MS-Betroffenen. Unmittelbarer, verständnisvoller Austausch statt 1001 Fragen und Gefühlschaos.
Welches Buch oder Hörbuch, dass du kürzlich gelesen hast, kannst du uns empfehlen und worum geht es darin?
Das Buch „Der Resilienz Faktor“ (von Carolin Giesemann und Ines Bruckschen): wie können wir Resilienz nicht nur in Krisenzeiten, sondern auch langfristig in unsere Karriere integrieren. Viele praxisnahe Methoden ermöglichen wertvolle Selbsterkenntnis. Für Menschen mit MS relevant: wie kann man trotz der vielen Unsicherheiten resilient bleiben.
Verabschiedung
Hast du einen Tipp, den du deinem jüngeren Ich geben würdest, für den Zeitpunkt der Diagnose?
Nimm dir die Zeit, die Du brauchst, um alles zu verarbeiten. Es ist okay, nicht sofort alle Antworten und die eine Lösung zu haben. 2. Hab keine Angst vor der Zukunft. Du wirst Wege finden, mit der Krankheit umzugehen und weiterhin ein erfülltes Leben zu führen.
Möchtest du den Hörerinnen und Hörern noch etwas mit auf dem Weg geben?
Ihr seid mehr als eure Krankheit. Lasst Euch nicht entmutigen, egal wie unsicher Eure Zukunft erscheinen mag. Eure beruflichen und persönlichen Träume müssen nicht enden. Vielleicht verändern sie sich – aber das bedeutet nicht, dass sie unerreichbar sind.
Wo findet man dich im Internet?
Gerne unter hendrikdahm.de.
Vielen Dank an Hendrik für das Teilen seiner Geschichte und weiterhin viel Erfolg als Karrierecoach bei der Unterstützung anderer Menschen auf ihrem Berufsweg mit Multipler Sklerose oder einer anderen Erkrankung.
Bis bald und mach das Beste aus Deinem Leben,
Nele
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