Schmerzen gehören zu den häufigsten und belastendsten Symptomen bei Multipler Sklerose, weshalb Schmerzlinderung ein wichtiges Thema ist, um die Lebensqualität zu erhöhen. Doch was genau löst diese Schmerzen aus, und welche Möglichkeiten gibt es, sie effektiv zu behandeln? Im Interview teilt Neurologin und Schmerztherapeutin Dr. Camelia Ionescu ihr umfassendes Wissen über die komplexen Mechanismen von MS-bedingten Schmerzen und erklärt, wie ein multimodaler Ansatz aus medikamentöser Behandlung, Physiotherapie und psychologischer Unterstützung Betroffenen helfen kann.
Erfahre außerdem, welche alternativen Methoden vielversprechend sind, wie Patienten ihre Selbstbefähigung stärken können und welche Fortschritte sie sich in der Schmerztherapie der Zukunft wünscht. Du erhältst Einblicke und praktische Tipps, um die Lebensqualität trotz chronischer Schmerzen zu verbessern.
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Vorstellung – Wer ist Dr. Camelia Ionescu?
Dr. Camelia Ionescu: Ich bin Neurologin aus Rumänien und arbeite seit 2002 in der Marianne-Strauß-Klinik in Deutschland. Die ersten Jahre in einem neuen Land und Gesundheitssystem waren herausfordernd, aber diese Erfahrungen haben meine Empathie für Patienten gestärkt. Seit 2014 bin ich ausgebildete Schmerztherapeutin und verfolge ein multimodales Konzept, das medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien kombiniert, um Menschen mit Multipler Sklerose (MS) und chronischen Schmerzen zu helfen.
Nele von Horsten: Ich finde es beeindruckend, wie Ihre Arbeit zeigt, dass gerade persönliche Herausforderungen eine Bereicherung für die medizinische Praxis sein können.

Schmerzauslöser bei MS
Welche spezifischen Faktoren können bei MS-Patienten Schmerzen auslösen?
Dr. Camelia Ionescu: Schmerzen bei MS entstehen durch unterschiedliche Mechanismen. Entzündliche Läsionen im Gehirn oder Rückenmark können zum Beispiel neuropathische Schmerzen verursachen. Zusätzlich gibt es muskuloskelettale Schmerzen, die durch eine veränderte Haltung oder Bewegungsmuster entstehen. Interessant ist, dass spezifische Läsionen in Bereichen wie dem periaquäduktalen Grau im Hirnstamm Kopfschmerzen auslösen können. Auch die Chronifizierung von Schmerzen durch immunologische Prozesse spielt eine Rolle.
Nele von Horsten: Das ist eine wichtige Perspektive, weil viele Patienten oft gar nicht wissen, dass ihre Schmerzen durch die MS und nicht durch etwas anderes verursacht werden.
Gibt es Trigger, die individuell unterschiedlich wirken?
Dr. Camelia Ionescu: Ja, die Trigger variieren von Patient zu Patient. Stress ist ein häufig genannter Faktor, ebenso wie Begleiterkrankungen oder genetische Einflüsse. Jeder erlebt Schmerzen anders, was eine personalisierte Herangehensweise notwendig macht.
Medikamentöse Ansätze
Welche medikamentösen Optionen stehen zur Verfügung, um MS-bedingte Schmerzen zu behandeln?
Dr. Camelia Ionescu: Es gibt eine breite Palette an Medikamenten. Neben klassischen Schmerzmitteln wie nicht-steroidalen Antirheumatika und Opioiden setzen wir auch auf Antidepressiva, die schmerzhemmende Bahnen im zentralen Nervensystem verstärken. Neuere Optionen wie Capsaicin-Pflaster sind ebenfalls vielversprechend. Bei akuten entzündlichen Schüben kommen Kortisonstoßtherapien oder Anpassungen der Immuntherapie zum Einsatz.
Wie wählen Sie das am besten geeignete Medikament für einen bestimmten Patienten aus?
Dr. Camelia Ionescu: Das hängt von der Art des Schmerzes, Begleiterkrankungen und individuellen Präferenzen ab. Nebenwirkungen und kognitive Einschränkungen spielen ebenfalls eine Rolle. Die Wahl erfolgt in enger Abstimmung mit dem gesamten therapeutischen Team.
Therapeutische Ansätze
Wie können Physiotherapie und andere therapeutische Ansätze in die multimodale Schmerztherapie integriert werden?
Dr. Camelia Ionescu: Physiotherapie ist essenziell. Nach einer umfassenden Bewertung durch Ärzte, Physio- und Ergotherapeuten erstellen wir individuelle Behandlungspläne. Diese umfassen Übungen, um Beweglichkeit und Muskelkraft zu erhalten, sowie physikalische Maßnahmen wie Wärmetherapie. Ergänzt wird dies durch soziale und psychologische Unterstützung.
Nele von Horsten: Diese Kombination aus körperlicher und emotionaler Unterstützung macht sicher einen großen Unterschied für die Lebensqualität der Patienten.
Wie wichtig ist die psychologische Unterstützung bei der Behandlung von Schmerzen bei MS, und welche psychologischen Ansätze werden oft genutzt?
Dr. Camelia Ionescu: Psychologische Unterstützung ist entscheidend, besonders bei chronischen Schmerzen. Kognitive Verhaltenstherapie und Akzeptanz-Commitment-Therapie (ACT) helfen Patienten, ihre Schmerzen besser zu bewältigen und Resilienz aufzubauen.
Welche Rolle spielt die Selbstbefähigung von PatientInnen mit ihren Schmerzen im Alltag umzugehen und diese durch eigene Maßnahmen zu lindern?
Dr. Camelia Ionescu: Selbstbefähigung ist ein zentraler Bestandteil unserer Arbeit. Wir lehren Patienten Techniken wie progressive Muskelentspannung oder Atemübungen, die sie selbstständig anwenden können. Das stärkt ihre Selbstwirksamkeit und verbessert die Schmerzkontrolle im Alltag.
Alternative Methoden
Gibt es alternative oder ergänzende Methoden, die vielversprechende Ergebnisse bei der Schmerzlinderung bei MS zeigen?
Dr. Camelia Ionescu: Ja, Methoden wie Akupunktur, Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR) und Phytotherapie können unterstützend wirken. In unserer Klinik integrieren wir diese Ansätze, um den Patienten eine ganzheitliche Behandlung zu bieten.
Wie werden alternative Ansätze in die multimodale Schmerztherapie integriert?
Dr. Camelia Ionescu: Alternative Methoden ergänzen die Schulmedizin. Zum Beispiel lehren wir Patienten einfache Anwendungen wie Quarkauflagen oder Wärmepackungen, die sie zu Hause nutzen können, um ihre Schmerzen zu lindern.
Blitzlicht-Runde
Vervollständigen sie den Satz: „Für mich ist die Multiple Sklerose…“
Dr. Camelia Ionescu: …eine herausfordernde Erkrankung, die Geduld, Kreativität und Zusammenarbeit erfordert.
Welchen Durchbruch in der Forschung und Behandlung der Multiplen Sklerose wünschen sie sich in den kommenden 5 Jahren?
Dr. Camelia Ionescu: Bessere lokale Behandlungsmethoden, neue Medikamente mit weniger Nebenwirkungen und mehr spezialisierte Schmerztherapeuten.
Welche Internet-Seite können sie zum Thema MS empfehlen?
Dr. Camelia Ionescu: Die Seite der Deutschen Schmerzgesellschaft bietet fundierte Informationen. Auch ihre Schmerz-App ist ein großartiges Tool für Patienten.
Verabschiedung
Möchten sie den Hörerinnen und Hörern noch etwas mit auf dem Weg geben?
Dr. Camelia Ionescu: Ich möchte allen Betroffenen mitgeben: Geben Sie nicht auf! Es gibt immer Möglichkeiten, die Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Es kann Zeit brauchen, aber gemeinsam finden wir die richtige Lösung.
Nele von Horsten: Vielen Dank, Dr. Ionescu, für die Einblicke und die wertvollen Tipps. Ihre Arbeit ist so wichtig. Dankschön!
Bis bald und mach das Beste aus Deinem Leben,
Nele
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