Fatigue, also chronische Müdigkeit, ist eines der häufigsten und zugleich belastendsten Symptome der Multiplen Sklerose (MS). Bereits in Folge #107 aus dem Jahr 2021 habe ich ausführlich über Fatigue gesprochen: Was ist sie, warum tritt sie auf und wie kann man ihr entgegenwirken? Seitdem hat sich viel getan – sowohl in der Forschung als auch in der Wahrnehmung dieses Symptoms.
Deshalb gibt es nun ein Update im Jahr 2025. Ich teile neue Erkenntnisse aus Studien, spreche über bewährte und neue Therapieansätze und gebe dir Tipps, wie du Fatigue in den Griff bekommen kannst. Danach folgt die ursprüngliche Folge aus 2021 mit allen grundlegenden Informationen – perfekt, falls du dein Wissen auffrischen oder ganz neu in das Thema einsteigen möchtest.
In diesem Update erfährst du:
✅ Warum Fatigue mittlerweile stärker erforscht wird
✅ Wie gezieltes Training – besonders Sport – helfen kann
✅ Welche Rolle soziale, körperliche und geistige Aktivität spielt
✅ Wie du KI zur Vorbereitung auf Arztgespräche nutzen kannst
✅ Welche drei Hauptfaktoren Fatigue beeinflussen
✅ Meine persönliche Erfahrung mit Fatigue und wie ich sie bewältigt habe
Falls du die ursprüngliche Episode bereits kennst, kannst Du nur den neuen Teil zu Beginn lesen oder hören. Wenn du tiefer einsteigen möchtest, fährst Du im Anschluss mit dem ursprünglichen Beitrag aus 2021 fort. Ich hoffe, du kannst viele hilfreiche Impulse für dich mitnehmen.
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Fatigue rückt immer mehr in den Fokus
Also, was ist in den vergangenen vier Jahren passiert? Zum einen ist Fatigue immer mehr in den Fokus gerückt, was eine positive Entwicklung ist. Sie wird zunehmend in verschiedenen Studien untersucht. In der Schweiz gibt es beispielsweise das FAMRI-Projekt, in dem mit funktioneller MRT analysiert wird, was genau bei der Fatigue passiert, sowohl auf direkter als auch auf indirekter Ebene.
Sport als zentrale Maßnahme gegen Fatigue
Eine wichtige Erkenntnis, die bereits damals bekannt war, sich aber noch weiter bestätigt hat, ist, dass gezieltes Training, insbesondere Sport, eine erhebliche Verbesserung bewirken kann. Dazu gab es eine sehr gute Folge mit Professor Zimmer aus Dortmund. Er ist Sportwissenschaftler und befasst sich insbesondere mit Multiple Sklerose und Krebs. Er erklärt darin, wie wichtig nicht nur Ausdauersport, sondern auch Krafttraining ist, um die MS-Symptomatik zu lindern, insbesondere die Fatigue.
Auch mit Professor Ulrik Dalgas aus Dänemark habe ich eine interessante Folge aufgenommen. In dieser Episode besprechen wir verschiedene wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse zum Thema Sport und MS, wobei Fatigue eine zentrale Rolle spielt.
Eine weitere sehr gute Folge gibt es mit Professor Feinstein aus Kanada. Hier geht es um die progrediente MS, also die fortschreitende Form der Erkrankung, bei der nicht mehr einzelne Schübe auftreten, sondern die Symptome kontinuierlich zunehmen. Eine zentrale Erkenntnis war, dass kognitive Einschränkungen besonders schwer zu behandeln sind. Gerade Fatigue, die sich auf Konzentration, Verarbeitungsgeschwindigkeit und paralleles Entscheiden auswirkt, kann nicht allein durch Sport verbessert werden. Wichtig sind auch geistige Stimulation und soziale Interaktion, sei es durch Sport, Musik, Kochkurse oder andere gemeinschaftliche Aktivitäten.
Aktiv bleiben: Sozial, körperlich und geistig
Kurz gesagt: Man sollte aktiv bleiben – sozial, körperlich und geistig. Das betone ich auch in der bereits aufgenommenen Episode, aber es ist wirklich essenziell, sich jedes einzelne Symptom der MS genau anzusehen. Bei Fatigue spielen besonders körperliche Symptome eine Rolle, wie zum Beispiel Spastik. Jedes Symptom, das Energie kostet, verstärkt die Fatigue. Wenn du also unter Spastik leidest, Koordinationsprobleme hast oder nachts schlecht schläfst, weil du häufig zur Toilette musst, dann raubt dir das Energie und verstärkt die Fatigue.
Es gibt direkte Ursachen, also Entzündungsherde im Gehirn, die Fatigue direkt auslösen. Aber es gibt auch viele indirekte Faktoren. Die direkten Ursachen kann man nicht einfach beseitigen, aber durch gezieltes Training des Körpers und des Gehirns können sich neue Verbindungen im Nervensystem bilden. Diese neuen Netzwerke sind vielleicht nicht mehr so effizient wie die alten, aber sie können helfen, Fatigue zu reduzieren oder zumindest stabil zu halten, damit sie sich nicht weiter verschlimmert.
Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der letzten Jahre: Sei aktiv und arbeite gezielt an deinen Symptomen, am besten eins nach dem anderen. Wenn du beim Arztbesuch zu viele Probleme auf einmal ansprichst, kann das überfordernd sein. Priorisiere daher die dringendsten Themen.
KI zur Vorbereitung auf Arztgespräche nutzen
In vergangenen Folgen, insbesondere im englischen Podcast (die ich noch übersetzen werde), aber auch schon in einigen deutschen Episoden, habe ich angesprochen, dass künstliche Intelligenz (KI) hilfreich sein kann, um sich auf Arztgespräche vorzubereiten. KI kann dir dabei helfen, dich strukturiert zu informieren und die richtigen Fragen zu formulieren. Wichtig ist, dabei keine personenbezogenen Daten preiszugeben.
Du kannst zum Beispiel mit einer KI wie ChatGPT, Gemini oder anderen Tools besprechen, was dich im Kontext von MS beschäftigt, und so gezielt Themen erarbeiten. Dein Arzt oder deine Ärztin kann dann ergänzend dazu weitere professionelle Einschätzungen geben und vielleicht alternative Empfehlungen aussprechen. Besonders bei Themen wie Blasenstörungen (Neurogene Blase) kann es hilfreich sein, bereits gut vorbereitet ins Gespräch zu gehen.
Die drei Hauptfaktoren der Fatigue
Fatigue wird in verschiedenen Umfragen als eines der störendsten und am schwersten behandelbaren Symptome beschrieben. Das liegt an der Komplexität der Fatigue, da viele Faktoren eine Rolle spielen. Anders als bei anderen Beschwerden gibt es nicht einfach ein Medikament, das hilft. Stattdessen gibt es drei zentrale Faktoren:
Direkte Ursachen: Entzündungsherde im Gehirn, die Fatigue auslösen.
Sekundäre Ursachen: Andere MS-Symptome (z. B. Spastik, Blasenstörungen, Schlafprobleme), die zusätzliche Energie kosten und Fatigue verstärken.
Psychologische Faktoren: Die psychische Belastung durch die Krankheit, Depressionen oder Angststörungen können ebenfalls zur Fatigue beitragen.
Wenn du mehrere Symptome hast, konzentriere dich zuerst auf die beiden dringendsten. Falls du vierteljährlich einen Neurologen besuchst, kannst du jedes Mal zwei neue Themen besprechen und schrittweise vorgehen.
Abschluss vom Update und persönliche Erfahrung
Das war’s für heute. Ich hoffe, dir gefällt diese Folge. Falls du sie noch nicht kennst, hör gerne rein. Wenn du bereits Probleme mit Fatigue hast, könnte es sich lohnen, sie nochmal anzuhören.
Ich wünsche dir viel Erfolg auf deiner Reise. Persönlich hatte ich anfangs mit Fatigue zu kämpfen, bevor ich eine Therapie begonnen habe. Seitdem führe ich ein aktives Leben, habe einen milden MS-Verlauf und spüre Fatigue nur noch an sehr heißen Tagen im Sommer.
Aber ich weiß, dass es für viele anders läuft. Ich drücke dir die Daumen, dass du für dich eine gute Strategie findest. Viel Erfolg, und weiter geht es mit dem originalen Beitrag aus 2021.
Wann tritt chronische Müdigkeit auf?
Häufig bereits zu Beginn der Erkrankung. Sie kann sich auch erst im späteren Verlauf bemerkbar machen. Insgesamt sind 4 von 5 MS-Patienten sind mehr oder weniger von der Fatigue beeinträchtigt.
Welche Bereiche beeinflusst die Fatigue?
Die Fatigue kann den kompletten Körper, aber auch die geistigen Fähigkeiten beeinträchtigen. Körperliche Anstrengungen werden zur großen Hürde und die geistige Aufnahmefähigkeit reduziert sich. Es kann dir schwerfallen einem Gespräch zu folgen, länger spazieren zu gehen und vieles mehr.
Was steckt dahinter?
Zum einen MS-Läsionen, die zu einem langsameren Transport von Reizen und Signalen über die geschädigten Nervenbahnen führen. Hinzukommt ein veränderter Stoffwechsel.
Außerdem gibt es noch indirekt Einflüsse. Wenn du schlecht siehst, benötigt dein Körper für die Kompensation zusätzliche Energie. Das gleiche gilt für Schmerzen, psychische Anspannung oder hohe Temperaturen. Alle Auswirkungen oder negativen Einflussfaktoren auf die MS rauben dir Energie, die dann an anderer Stelle fehlt und die Fatigue verstärkt.
Wenn du viele Medikamente nimmst, kann es sein, dass eins oder mehrere davon deine Fatigue verstärken, weil sie müde machen. Lass das von deinem behandelnden Arzt überprüfen. Oft gibt es mehrere Wirkungsweisen, sodass ein Medikament womöglich durch ein anderes ersetzt werden oder niedriger dosiert werden kann. Oder eine Wechselwirkung bringt unerwünschte Nebenwirkungen mit sich. Die Fachleute können Dir da gewiss weiterhelfen.
Wie gehst du am besten mit der Fatigue um?
Da die Fatigue zu den unsichtbaren Symptomen der MS zählt, hat sie zum einen lange Zeit keine Aufmerksamkeit bei der Behandlung erhalten. Das hat sich zum Glück gebessert. Dennoch bleibt es weiterhin schwer, Fatigue Außenstehenden zu erklären. Viele verwechseln die Fatigue mit normaler Müdigkeit, weil sie das kennen. Ein kleiner Vorteil ist sicherlich, dass Covid-19 ebenfalls zur Fatigue führen kann und das Problem der chronischen Müdigkeit nun einer größeren Öffentlichkeit bekanntgeworden ist.
Was hilft bei chronischer Müdigkeit?
Eine bewusste Lebensweise mit gesundem Essen tut dir gut. Trinke ausreichend, mindestens zwei Liter am Tag, bei Wärme oder sportlicher Betätigung auf jeden Fall mehr.
Tipps zur Ernährung findest Du in diesen drei Podcasts:
- #038 – Gesunde Ernährung bei Multipler Sklerose
- #091 – Interview mit Dr. Petra Goergens zu gesunder Ernährung bei MS
- #094 – Details zur gesunden Ernährung bei MS von Dr. Goergens
Des Weiteren solltest du dir regelmäßige Pausen gönnen. Probiere ein bisschen herum mit Länge, Dauer, Häufigkeit und Art der Pause, damit du dein Optimum findest.
Kühle deinen Körper durch entsprechende Kleidung im Sommer. Es gibt spezielle Kleidung, die Kühlung ermöglicht, aber du kannst auch einfach die Verdunstungskälte nutzen, indem du deine Kleidung etwas befeuchtest. Aber bitte nicht übertreiben, ein Schnupfen im Sommer macht keinen Spaß.
Vielleicht kannst du dir deine Zeit flexibel einteilen und die Mittagshitze für eine Pause nutzen wie in den südlichen Ländern.
Sport bringt dich in Schwung
In jedem Fall helfen Sport und Bewegung. Vor allem Ausdauersport, wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren sind gut. Scheue Dich nicht zum E-Bike zu greifen oder mit Stöcken Nordic Walking zu machen und damit gleichzeitig deinen Gang zu stabilisieren. Ganzkörpertraining wie Yoga, Pilates sowie Sport zu Musik zum Beispiel Salsa oder Hip-Hop helfen dir gegen die chronische Müdigkeit. Starte lieber langsam und erhöhe allmählich dein Pensum, um dich nicht gleich zu Beginn zu überfordern, Verletzungen zu vermeiden und dauerhaft motiviert zu bleiben.
Die DMSG hat das SpokS Sportprogramm, was in fast allen Landesverbänden angeboten wird. In Folge 84 interviewe ich Dr. Woschek zu den Sportorientierten Kompaktschulungen. Hör gleich mal rein.
Oder du fragst deinen Physiotherapeuten beziehungsweise während deiner Reha nach geeigneten Übungen.
Falls du im Großraum Hamburg wohnst, kannst du an der Studie Activity Matters des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) teilnehmen. Dort lernst du in 12 Wochen nicht nur Sportarten kennen und welche Vorteile sich dahinter verbergen, sondern auch, was du davon hast und wie du den inneren Schweinehund besiegst.
Was ist die beste Prävention gegen Fatigue?
Wie schon so oft erwähnt, ist das die verlaufsmodifizierende Therapie, die bei Dir im besten Fall zu einem Stopp der Multiplen Sklerose führt oder die Krankheitsaktivität mindestens stark eindämmt. Derzeit gibt es drei Level von Therapieoptionen.
Level eins ist die Basistherapie für milde Verläufe. Level zwei und drei sind Eskalationstherapien, die hochwirksamer ins Immunsystem eingreifen, um aktive und hochaktive MS-Formen behandeln zu können. Außerdem gibt es noch die Stammzelltherapie als letzten Eskalationsschritt der Behandlung.
Wenn Du mehr erfahren möchtest, höre in diese Folgen rein:
- #075 – Interview mit Prof. Schwab zur „Hit Hard and Early“ Behandlungsstrategie mit neuen Medikamenten
- #101 – Interview mit Prof. Christoph Heesen zur Stammzelltherapie
- #102 – Interview mit MS-Patientin Johanna zu ihren Erfahrungen mit der Stammzelltherapie
- #099 – Keine Zeit verlieren bei Multipler Sklerose – Zusammenfassung des Berichtes der MS Brain Health Organisation → Studienergebnisse zu den positiven Auswirkungen von verlaufsmodifizierenden Therapien.
Bei kognitiver Fatigue gilt, trainiere Dein Gehirn. Das kann auf verschiedene Arten erfolgen. Indem du eine neue Sprache lernst, Apps nutzt oder dich intensiv mit einem Thema auseinandersetzt, wo du viel neues lernst. Mehr dazu erfährst du in Folge #016 – Gehirnjogging.
Was kannst du noch gegen Fatigue tun?
Schnappe täglich ausreichend frische Luft, und zwar bei Tageslicht. Dreißig Minuten sind ein gutes Minimum, natürlich gern mehr. Wenn du währenddessen noch Sport machst, profitierst du doppelt durch die erhöhte Sauerstoffversorgung.
Falls du rauchst, dann versuche schnellstmöglich Nichtraucher zu werden. Rauchen verschlechtert deine Prognose bei Multipler Sklerose. Alkohol solltest du ebenfalls nur in geringen Mengen zu dir nehmen oder ganz sein lassen. In Folge 89 erfährst du mehr zu den Auswirkungen von Lifestylefaktoren auf die MS, dass ich mit Prof. Dr. Mathias Mäurer geführt habe.
Pflege Seele und Geist
Falls dir die Psyche zu schaffen macht, suche dir Hilfe. Eine Psychotherapie kann viele alte Probleme und Denkweisen auflösen, die dich belasten. Oder vielleicht ist eine Gesprächsgruppe das richtige für Dich oder Techniken aus dem Schreiben.
In jedem Fall solltest du dich auf die positiven Dinge konzentrieren, auf all das was du geschafft hast. Dafür kannst du ein Erfolgstagebuch nutzen, dass du jeden Tag mit Einträgen befüllst.
Eine andere Alternative ist das Glückstagebuch, in das du all die Momente des Tages eintragen, die dich glücklich gemacht haben, wie das Eichhörnchen, das du gesehen hast, der schöne Sonnenaufgang, der leckere Tee, …
Aufklärung hilft
Zu guter Letzt ein Ratschlag: Sprich die Fatigue an, wo sie zum Tragen kommt. Das vermeidet Missverständnisse. Natürlich kann es sein, dass du mehrfach erklären musst, was die chronische Müdigkeit mit dir macht. Und eventuell benötigt dein Gegenüber Tipps, wie die Zusammenarbeit für dich am besten funktioniert. Das macht im privaten, aber auch beruflichen Zusammenhang Sinn.
Wenn die Menschen wissen, dass du Pausen benötigst oder einem Meeting nicht vollständig beiwohnen kannst, verstehen sie es vielleicht. Ohne Erklärung gibt es viele Fragen und Verunsicherungen. Und zuhause könnte eine Haushaltshilfe etwas Arbeit abnehmen oder die Aufgaben auf mehrere Personen verteilt werden.
Kreativ finden sich Lösungen.
Bis bald und mach das beste aus deinem Leben,
Nele
Vielleicht interessiert Dich auch der folgende Podcast zur Fatigue und einer Studie zu den Ursachen, die 2022 – 2023 in der Schweiz läuft.
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Hier findest Du eine Übersicht zu allen bisher veröffentlichten Podcastfolgen.
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