Während der kalten, dunklen Jahreszeit sehnen sich wohl die meisten Menschen nach dem Sommer. Doch wenn die Temperaturen 25 Grad übersteigen, und tropische Nächte keine Abkühlung mehr bringen, ist MS-Patienten längst die Freude daran vergangen.
Das Konzentrieren fällt schwer oder ist gar nicht mehr möglich. Alte Symptome melden sich zurück. Die Fatigue schlägt gnadenlos zu und an Sport oder Zärtlichkeiten ist gleich gar nicht zu denken. Dabei wäre beides so gut für den Allgemeinzustand und das Seelenwohl.
Am Klima können wir so schnell nichts ändern, aber es gibt Möglichkeiten den Körper zu kühlen und den Sommer wieder zu genießen.
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Inhaltsverzeichnis
Wie wirkt sich Hitze auf MS-Betroffene aus?
Bei einer erhöhten Körpertemperatur sind wir weniger leistungsfähig. Das gilt für alle Menschen. Die Auswirkungen sind aber bei Menschen mit MS höher.
Überall, wo Nervenbahnen von der MS bereits attackiert wurden, kannst Du es spüren. Bei mir ist dann oft das Sehen beeinträchtigt und ich habe leichte Empfindungsstörungen. Genauso gut können Spastiken, die Fatigue, Schmerzen, kognitive Probleme oder andere Symptome stärker werden.
Wenn Du die Symptome bereits aus der Vergangenheit kennst und sie sich zurückbilden, wenn Dein Körper wieder Normaltemperatur erreicht hast, ist es ein Pseudoschub, ausgelöst durch das Uhthoff-Phänomen. Wenn die Symptome bleiben, wenn Du wieder Normaltemperatur hast, solltest Du dich bei Deinem Neurologen melden.
Generell ist Sport sehr gut bei Multipler Sklerose und unterstützt den Körper bei der Regeneration und lindert Symptome. Natürlich haben die wenigsten Menschen noch Lust auf Sport, wenn es so heiß ist und sie sich schlecht fühlen.
Außerdem nehmen sexuelle Funktionsstörungen bei Hitze zu, dabei sind körperliche Nähe und Zärtlichkeiten wohltuend für Körper und Seele und lassen MS-Symptome zumindest zeitweise in den Hintergrund treten.
Tipps zum Kühlen
Damit es Dir, Deinem Kreislauf, Deinem Körper und Deiner Psyche gut geht, gibt es mehrere Möglichkeiten, etwas gegen die Hitze und deren negative Auswirkungen zu unternehmen.
Ausreichend Trinken
Eine der wichtigsten Grundregeln bei Hitze lautet: Trinken, trinken, trinken – am besten Wasser oder ungesüßten Tee. Natürlich gehen auch zuckerarme Limonade, Lassis in süß oder salzig, Buttermilch oder Kefir.
Übrigens, Cold Brew Coffee schmeckt auch ausgezeichnet. Er muss acht bis 24 Stunden ziehen, enthält dafür aber auch weniger Bitterstoffe und Säuren als gebrühter Kaffee.
Schwere Beine entspannen
Du kannst auch mal für 5 Minuten Deine Beine an die Wand legen. Auf dem Rücken liegend den Po nah an die Wand rutschen, Becken am besten noch auf einem Kissen oder Decke erhöht platzieren, Beine leicht geöffnet, Knie nicht ganz durchdrücken und entspannen. Das funktioniert, bringt Ruhe in den Geist und hilft die schweren Beine zu entlasten, weil das Blut endlich mal mit Unterstützung der Schwerkraft aus den Beinen fließen kann.
Passende Lebensmittel bei Hitze
Dazu gehören Gurke, Wassermelone, Tomaten, Ananas und Beeren. Alles was schön saftig ist. Oder wie wäre es mal mit einem selbst gemachten Eis? Einfach Früchte pürieren bei Bedarf mit Joghurt oder etwas anderem mischen, in eine geeignete Form geben, ab ins Gefrierfach und nach ein paar Stunden genießen. Meine Tochter liegt es, obwohl kein extra Zucker beigemischt ist.
Tagesablauf anpassen
Natürich kannst Du auch nach dem Vorbild der Südländer Deines Tagesablauf anpassen und morgen früh aufstehen, bevor es heiß wird, um die Mittagszeit Siesta halten und abends nochmals aktiv werden. Ist nur die Frage, ob es mit Deinem Leben und Verpflichtungen vereinbar ist. Die Kita meiner Tochter hat das ganze Jahr über die gleichen Öffnungszeiten, aber ich könnte meine Tochter früher hinbringen.
In jedem Fall solltest Du an heißen Tagen genug Pausen einplanen und die Mittagshitze unbedingt meiden.
Wenn Du flexible Arbeitszeiten hast, dann nutze sie so gut es geht aus, um den Arbeitstag für Dich angenehmer zu gestalten. Vielleicht kannst Du auch ein paar Überstunden abbauen. Am besten Du besprichst Deine Vorstellungen zu einer angenehmeren Arbeit auch bei Hitze mit Deinem Vorgesetzten. Wenn Du von Dir aus gleich mit Vorschlägen kommst, wie die Situation zu lösen ist, Du Deine Aufgaben erfüllst, in einem angepassten Rahmen, hat gewiss niemand etwas dagegen.
Richtig lüften und Sonnenschutz
Du kannst Dir bestimmte Verhaltensweisen angewöhnen. Dazu gehören ganz klassisch – nachts lüften und wenn es morgens beginnt warm zu werden Fenster zu und Verdunkeln, wo möglich. Außenliegender Sonnenschutz ist besser als innenliegender. Wenn innenliegend, dann hilft es wenn die Seite, die zum Fenster zeigt, das Sonnenlicht reflektiert und die Wärme damit wieder rausbringt. Das klappt zumindest zu einem Teil.
Durchzug ist zwar angenehm, aber Vorsicht bei Zugluft. Am Anfang fühlt es sich vielleicht gut an, kann Dir aber neuralgische, sprich Nervenschmerzen bescheren, je nachdem an welcher Körperregion der Windzug vorbeigleitet.
Kaltes Wasser
Füße oder Handgelenke unter Wasserhahn oder in einem Wasserbad kühlen ist für kurze Zeit wohltuend und wenn Du es immer mal wiederholst, kein Problem. Aber bitte nicht stundenlang die Füße im Wasser lassen, das kann schnell zu Blasenentzündungen führen und die sind sehr unangenehm.
Klimageräte
Klimageräte sind ebenfalls eine Option, allerdings verbrauchen sie unglaublich viel Energie, die erstmal erzeugt werden muss und heizen somit die globale Erwärmung zusätzlich an. Außerdem verbannen sie einen im privaten Rahmen in einen Raum, der vielleicht noch abgedunkelt ist. So den ganzen Sommer verbringen wäre wirklich schade und ist gewiss nicht gut für die Psyche.
Verdunstungskälte
Darüber hinaus kannst Du Verdunstungskälte nutzen. Wenn Du ein Handtuch feucht aufhängst, zum Beispiel in Fensternähe, erzeugt es beim Verdunsten / Trocknen kühle Luft. Das eignet sich aber nur, wenn Du lüften kannst, also abends bis morgens oder an schattigen Stellen. In geschlossenen Räumen entsteht dabei eine höhere Luftfeuchtigkeit und die ist anstrengend.
Eine richtig gute Lösung ist hingegen Kühlkleidung, die ein normales Leben im Sommer ermöglicht, weil sie das Prinzip der Verdunstungskälte an den Körper bringt, ohne „Nebenwirkungen“.
Um das Thema genauer zu beleuchten, habe ich mir Gabriele Renner von der pervormance international GmbH eingeladen, die über ihre Idee und das Konzept der Marke E-Cooline berichten wird.
Interview mit Gabriele Renner zur Kühlfunktionskleidung E-Cooline
Folgende Fragen habe ich Frau Renner gestellt:
Wie entstand die Idee Kühlkleidung zu entwickeln? – Aus einem Beratungsprojekt heraus, wo ein neuartiges Gewebe getestet wurde. Für den eigentlichen Verwendungszweck war es nicht geeignet, aber wir sahen darin großes Potenzial.
Wann begannen Sie die Effekte auf MS-Betroffene genauer zu untersuchen und was kam dabei raus? – Als MS-Patienten, Ärzte und Physiotherapeuten uns ansprachen.
Studie Peter GrieshoferWie ist das Wirkprinzip ihrer Kühlkleidung? – Wasser wird im Gewebe gespeichert und dann nach und nach abgegeben. Die Verdunstungskälte passt sich immer den Gegebenheiten an.
Welche MS-Symptome haben sich dank der Kühlung verbessert? – Fokus lag auf Fatigue, im Laufe der Untersuchungen fanden wir heraus, dass auch Kraft und Beweglichkeit besser werden und viele andere Symptome.
Wie lange hält der positive Effekt auf den Körper an, wenn ich die Kühlkleidung ausgezogen habe? – Das hängt von vielen Faktoren ab. Im Durchschnitt 10 bis 20 Minuten.
- Welche Kleidungsstücke gibt es und was ist davon am beliebtesten? – Von der Kopfbedeckung über Halstücher, T-Shirts, Westen, Arm- und Beinmanschetten bis hin zu Hosen. Am beliebtesten sind die Kühlungen für Oberkörper und Kopf.
Wie schnell ist die Kleidung aktiviert und wie lange hält der Effekt an? – Sehr schnell. Man braucht nur etwas Wasser zum nassmachen des Stoffes und ein Tuch zum Abtrocknen des überschüssigen Wassers. Je nach Größe des Kleidungsstücks und damit aufgenommener Wassermenge hält der Effekt 2 bis 5 Stunden.
Wie stark wird der Körper gekühlt und welche äußeren Faktoren spielen dabei eine Rolle? – Sonneneinstrahlung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind entscheiden darüber wie stark oder gering der Kühleffekt ist.
Gibt es Regeln, die man beachten muss, um nicht zu stark gekühlt zu werden? – Nein. Wer die Sachen mit Wasser aktiviert und anschließend äußerlich trocknet, ist auf der sicheren Seite. Wer seine Kühlkleidung zusätzlich in den Kühlschrank oder Gefrierschrank legt, der riskiert Kälteverbrennungen.
Wie sieht es mit Tragekomfort und optischer Alltagstauglichkeit aus? – Spielte für uns eine große Rolle. Die Sachen sind klassisch bzw. sportlich. Sie folgen aber keinen tagesaktuellen Trends.
Kann man bestimmte Produkte auch beim Schlafen nutzen, wenn es nachts zu warm bleibt? – Ja, dafür haben wir kühlende Decken und Vorhänge entwickelt, die nur eingesprüht werden müssen.
Kann man die Kleidung waschen? – Ja, im Gegensatz zu den meisten anderen Kühlkleidungen kann man unsere Produkte in einer normalen Waschmaschine waschen.
Welche Lebensdauer haben die Kleidungsstücke? – Beim Einsatz in der Industrie kommt unsere Kühlkleidung auf eine durchschnittliche Lebensdauer von 2 Jahren. Bei MS-Patienten sind es eher 5 Jahre, da die Sachen weniger beansprucht werden als beispielsweise in einer Gießerei.
Wie nachhaltig ist die Produktion? – Sehr. Wir haben von Anfang an darauf geachtet und produzieren in Deutschland oder dem europäischen Ausland, maximal 500 km entfernt. Wir verwenden zum Teil recyceltes Material für die Fasern und uns sind die Arbeitsbedingungen wichtig, dass sie sozial und sicher sind.
In welchem Preisbereich liegen die Produkte und hat man Chancen, dass die Kasse oder andere Träger die Kosten übernehmen? – Von 30 Euro für das Tuch bis 250 Euro für die Hose. Bettdecke und Vorhänge liegen noch etwas darüber. Mit dem passenden Schreiben und eventuell einem zweiten Anlauf hat man gute Chancen auf eine Erstattung von der Krankenkasse. Alternativ gibt es die Möglichkeit die Produkte im Rahmen der Aufrechterhaltung oder Wiedererlangung des Jobs bezahlt zu bekommen bei einer Wiedereingliederung oder gleich im Anschluss an eine Reha-Maßnahme. Darüber hinaus kann man sich auch an die Nathalie Todenhöfer Stiftung oder den Caritasverband (Hertie Stiftung) wenden.
Welche Rückmeldungen erhalten Sie von NutzerInnen und behandelnden Ärzten? – Sehr viele positive. Teilweise Dankesanrufe und -schreiben mit Schokolade.
Wo findet man Ihre Produkte? – https://www.e-cooline.de/kuehlbekleidung/
Welche Entwicklung wünschen Sie sich beim Thema persönliche Kühlung in den kommenden 5 Jahren? – Das Schutz gegen Hitze durch Kühlung immer umweltfreundlicher wird und Kühlstoffe, wie auch langfristige Maßnahmen die extrem energiefressenden Klimaanlagen ersetzen.
Wollen Sie den Hörerinnen und Hörern noch etwas mit auf dem Weg geben? – Nutzen Sie die Angebote und Möglichkeiten, sich zu kühlen durch unsere Produkte, um sich wieder frei bewegen zu können und den Sommer zu genießen.
Was kann langfristig für eine bessere Kühlung getan werden?
Du kannst Dich auch für langfristige Veränderungen engagieren, die zu angenehmeren Temperaturen in der Zukunft führen.
Mehr Bäume, mehr Wasser, weniger versiegelte Flächen
Gleich ganz oben, stehen das pflanzen und die Pflege von Bäumen.
Ich habe 13 Jahre in Berlin gewohnt, wo wirklich sehr viele Straßen mit Bäumen bepflanzt sind. Oft große Bäume, die in heißen, trockenen Sommern zusätzlich gegossen werden müssen. aber unter diesen Bäumen ist es auch gleich ein ganzes Stück angenehmer. Und in einem Park, der womöglich noch Wasserflächen oder -läufe hat, nimmt der Effekt nochmals zu.
Luftschneisen durch Städte ermöglichen nachts ein besseres Auskühlen. Und versiegelte Flächen, die wieder geöffnet und bepflanzt werden speichern keine Hitze und können m besten Fall sogar zu einer Kühlung beitragen.
Wenn Du in einer Stadt wohnst, kannst Du Dich dafür engagieren und Deine Stimme erheben, dass mehr Aktionen hin zu einer Begrünung gestartet werden. Auch bepflanzte Dachflächen oder Häuserfassaden helfen mit. Und je mehr Pflanzen es in der Stadt gibt, desto besser können diese auch extreme Wassermassen aufnehmen, denn Starkregen gehört ebenfalls zum geänderten Klima.
Aber auch in ländlicher Gebiete oder dem eigenen Balkon, Terrasse und Garten kannst Du aktiv werden. Pflanze einen Baum, eine Hecke, Gemüse, Obst oder Blumen. Am besten alte und robuste Sorten. Und schau, dass die Tiere, vornehmlich Insekten auch etwas davon haben. Pollen und Nektar, der zugänglich ist und nicht in einer üppigen Blüte, die keine Biene oder Hummel durchdringen kann. Das macht gleich noch gute Laune und schicke Fotomotive.
Weniger Konsum, mehr Recycling
Damit unsere Städte nicht noch mehr aufgeheizt werden, kannst Du jeden Tag als Konsument mit dazu beitragen indem Du weniger konsumierst bzw. Sachen kaufst, die regional hergestellt wurden bzw. saisonal verfügbar sind. Regelmäßig weniger rotes Fleisch essen oder einen vegetarischen Tag in der Woche einführen, reduziert bereits die Transportkosten im Jahr deutlich, die für Dich anfallen.
Und muss es wirklich eine neue Mode jedes Vierteljahr oder sogar öfter sein? Ich bevorzuge Sachen, die mir lange gefallen und halten, da wertig hergestellt. Klassisch, aber nicht langweilig. 😉
Reparieren, statt neu kaufen und recyclen, ergänzen, die Sache. Oder eben mal ein selten benutztes Gerät vom Nachbarn leihen oder eben diesem zur Verfügung stellen. Es gibt so viel Möglichkeiten. Probier doch mal eine aus und wenn Du sie leicht integrieren kannst, dann kannst Du eine zweite Sache hinzunehmen. Mit kleinen Schritten kann man sehr weite Strecken oder hohe Berge bewältigen. Nur nicht alles auf einmal machen, das frustriert meist.
Weniger Klimaanlagen, hitzetaugliche Bauweise
Natürlich kann man auch von Anfang an so bauen, dass der Wohnraum besser gegen Hitze gerüstet ist. Kleinere Fenster, außenliegende Beschattung, dicke Mauern bzw. eine Holzkonstruktion, die von vornherein eine gute Wärmedämmung mitbringen. Und auf harten Fußböden, also alles andere außer Teppich, ist es auch schön kühl.
Und bei der Wahl der Wohnung, ist ein Dachgeschoss einfach ungünstig, da warme Luft nach oben steigt.
Bestmögliche Gesundheit und einen schönen Sommer(urlaub) wünscht Dir,
Nele
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