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#157: Interview mit Sonja Taheri Rizi, MS-Patientin und Geschäftsführerin von aMStart.net

Foto vom Regierungsviertel in Berlin

In Folge 157 ist Sonja Taheri Rizi mein Interviewgast. Wir sprechen über ihre Diagnose und wie diese zu einem „High“ führte und ihre bisherigen Erfahrungen mit der MS.

Vor allem geht es aber um berufliche Themen. So gab Sonja der Kampagne „Gemeinsam. Menschlich. Erfolgreich – Arbeiten mit Multipler Sklerose“ der Gemeinnützige Hertie-Stiftung ihr Gesicht. Außerdem arbeitet sie als Projektmanagerin für den Bereich Urban Development, Infrastructure, Mobility bei Zukunft-Umwelt-Gesellschaft (ZUG) gGmbH. Und seit Juli 2022 ist sie eine der beiden Geschäftsführerinnen von aMStart.net.

Kurz gesagt: Spannende Frau und das Reinlesen und Reinhören lohnt sich.

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Inhaltsverzeichnis

Vorstellung - Wer ist Sonja Taheri Rizi?

Ich bin Sonja, 33 Jahre alt und komme aus einer Kleinstadt in Hessen. Meine Eltern kommen aus dem Iran und Polen – typisch deutsch irgendwie auch. Ich wohne seit etwa 10 Jahren in Berlin, von wo ich auch gerade zugeschaltet bin. Ich habe eine große Leidenschaft fürs Heilfasten und gleichzeitig liebe ich es neue Schokoladenkuchenrezepte auszuprobieren. Von Süßkartoffeln über Kidneybohnen, meldet Euch, wenn ihr Ideen braucht!

Diagnose und aktueller Status

Wann erhieltest Du die Diagnose MS und was war der Anlass dafür?

Das war etwa vor zehn Jahren. Ich war gerade nach Berlin gezogen und hatte mein Masterstudium der Geographie begonnen. Auf dem rechten Auge sah ich helle Lichtpunkte. Wie wenn man in eine Lichterkette schaut und dann wegschaut und die hellen Punkte aber noch weiter im Sichtfeld bleiben.

Das hatte mich nicht sehr stark beeinträchtigt und ich schob es auf den Stress und den ungemütlichen dunklen Winter in Berlin. Nach ein paar Wochen fing zusätzlich noch meine linke Hand an zu kribbeln. Da dachte ich mir, dass ich jetzt lieber Mal zum Arzt gehe und war dann bei einer Neurologin. Diese diagnostizierte eine Sehnerventzündung und überwies mich für’s MRT ins Krankenhaus.

Ich dachte mir nicht viel dabei und fand es gut das mal abchecken zu lassen. Im Krankenhaus ging alles ziemlich schnell. Es wurde ein MRT gemacht und die ganzen Untersuchungen mit Liquor und so weiter. Nach etwa einer Woche hatte ich die Diagnose. Also sehr schnell. Dafür bin ich auch sehr dankbar im Rückblick. Ich war damals 23 Jahre alt.

Hattest Du bereits vorher Symptome, die Du rückblickend mit der MS zu tun hatten?

Ja, ich hatte in dem Sommer davor gemerkt, dass ich im Bad auf den Fliesen mit dem rechten Fuß die Kälte anders wahrgenommen hatte, als mit dem linken. Beim Hausarzt wurden dann ein paar Untersuchungen gemacht, bei denen nichts rauskam. Der Hausarzt meinte, ich könne warten ob es wieder weg geht und gab mir zusätzlich eine Überweisung für eine*n Neurolog*in mit, falls ich da noch hingehen wollte. Da ich dachte, dass ich ja gesund bin, bin ich dann nicht zur Neurologin gegangen. Die Gefühlsmissempfindungen gingen auch alle wieder zurück.

Wie hast Du die Diagnose aufgefasst und wie war es für Deine Liebsten?

Puh. Ich glaube, die Diagnosestellung an sich war nicht so eine schöne Erfahrung. Das hätte empathischer sein können, das war insgesamt etwas unglücklich. Ich wusste selbst erstmal nicht, was die Diagnose eigentlich bedeutet.

Ich hatte zu der Zeit kein Handy mit Internet und habe es dann nicht gleich „gegoogelt“. Es war in dem Moment der Diagnose eher mein Umfeld was krass reagiert hat. Meine Mitpatientinnen im Zimmer waren total betroffen, meine Eltern kannten ältere Menschen mit MS und für sie war es glaube ich sehr hart. Das hat mich wiederum sehr betroffen gemacht zu sehen, wie es für meine Eltern so schwer ist. Und das war schwierig für mich, weil ich das nicht auffangen konnte.

Die Diagnose an sich war für mich so etwas wie meine erste „Lebenskrise“. Fragen wie, was bedeutet das jetzt für mich? Kann ich jetzt mein Studium noch abschließen, etc.

Gleichzeitig war es für mich auch ein totales „high“ – das plötzliche Bewusstsein, dass das Leben endlich ist, war auch positiv und auf eine Art überwältigend. Das hatte ich bis dahin mit meinen 23 Jahren nicht so vor Augen. Es war eine total intensive Zeit, weil ich mich so freute am Leben zu sein, und alles intensiv wahrgenommen habe und total dankbar war. Dann kam auch der Sommer kurz nach der Diagnose… es war total intensiv und auch schön. Ein bisschen verrückt: gleichzeitig die Lebenskrise, das „high“ und eine riesige Dankbarkeit für meine großartige Familie, meine Wahlfamilie, also meine Freund*innen und alles das was ich habe.

Wurden Dir zu Beginn verlaufsmodifizierende Therapien empfohlen und wie hast Du Dich entschieden?

Ja. Ich war in Berlin im Krankenhaus und da wurde es mir noch direkt im Krankenhaus empfohlen direkt mit einer Therapie anzufangen. Ich hatte das Glück, dass die Mutter einer meiner besten Freundinnen Neurologin mit einer Spezialisierung auf MS ist. Somit hatte ich direkt eine Person, der ich vertraue und mit der ich über das weitere Vorgehen reden konnte. Sie hat mir direkt eine verlaufsmodifizierende Therapie empfohlen. Und das hab ich dann auch gemacht. Ich hatte zu dem Zeitpunkt sehr viel Angst und deshalb die Therapie direkt angefangen.

Hast Du bereits einen Therapiewechsel hinter Dir und wenn ja, was war der Anlass dafür?

Ich habe zwei Therapiewechsel hinter mir. Das erste Medikament hatte nicht die erwartete Wirkung. Ich habe eine sehr aktive Form der MS, die sich vor allem zu Beginn mit vielen großen Läsionen im Hirn äußerte. Nachdem das erste Medikament nicht wirkte, wechselte ich zu einem ß-Interferon, was ich mir spritzte. Da haben mich die Nebenwirkungen sehr belastet. Seit etwa 5 Jahren nehme ich nun Tysabri als Infusion und komme damit sehr gut klar, auch im Alltag.

Disclaimer: Menschen selbst, aber auch die MS ist sehr individuell und daher wirken Medikamente bei jeder Person unterschiedlich. Was dem einen hilft, kann bei jemand anderem komplett wirkungslos bleiben. Diese starke individuelle Reaktion gilt auch für Nebenwirkungen. Die Aussagen hier stellen keine Empfehlung in Richtung eines Medikamentes dar!

Nutzt Du symptomatische Therapieangebote? Wenn ja, welche?

Ich habe 1-2 Jahre nach der Diagnose eine verhaltenstherapeutische Psychotherapie angefangen. Das hat mir total geholfen mein Chaos im Kopf aufzuräumen. Gerade auch weil am Anfang alles total viel ist.

Die Informationen im Internet sind überwältigend, Was bedeutet die MS für mein Leben und mein Weltbild?, aber auch der Umgang mit Stressmomenten im Alltag. Auch für den Zugang zu meinen eignen Ressourcen war es total hilfreich. Wie kann ich selber Residenz entwickeln?

Für all das war es total hilfreich und ich bin sehr dankbar für die Therapie. Ich hab mich auch sehr gut mit der Psychologin verstanden, was glaube ich auch sehr wichtig ist dabei.

Diese Jahr habe ich zum ersten Mal eine Neurologische Reha gemacht. Das war auch sehr bereichernd für mich. Ich habe vor allem Neuropsychologische Untersuchungen gemacht, viel Sport und Bewegung, und konnte mich dort auch mal wieder up to date bringen, was es alles für Möglichkeiten mit der MS gibt.

Wie hast Du nach der Diagnose Deinen Lebensstil angepasst?

[lacht] Ich habe sehr viel seit der Diagnose ausprobiert. Ich würde nicht sagen, dass ich immer total gesund gelebt habe oder lebe – ich war leider auch nie so der große Sportfan. Aber ich habe total viel ausprobiert. Wenn man MS googelt findet man echt alles im Internet: von Heilung mit Tees über lauter verrückte und weniger verrückte Sachen.

Ich habe im Laufe der letzten zehn Jahre einfach ein paar Dinge herauskristallisiert, die mir persönlich einfach gut tun. Wie beispielsweise Yoga, Meditation (selbst, wenn es nur 5-10 Minuten am Tag sind), Sport zum Stressabbau. Außerdem habe ich mich viel mit Ernährung beschäftigt. Zum einen antientzündliche Ernährung und zum anderen Fasten. Auf das Fasten bin ich über eine Studie der Charité Berlin aufmerksam geworden, die die Auswirkung ernährungsbasierter Ansätze auf die MS untersucht haben. Dabei wurden die Auswirkungen von vegetarisch betonter Ernährung, ketogener Ernährung und von regelmäßigem Fasten und Intervallfasten untersucht.

Insgesamt würde ich sagen, dass es ein Netz aus verschiedenen Dingen ist, die ich jetzt anders mache. Auch, dass ich versuche mehr auf mich zu achten und immer mal wieder in mich reinzuspüren und auch mal ‚nein‘ zu sagen. Ich glaube ich habe jetzt mehr das Gefühl „ich muss nichts, sondern ich „darf“. Und ich darf vor allem gut zu mir selber sein.

Wie blickst Du auf Deine Zukunft und haben sich Deine beruflichen und privaten Pläne verändert?

Insgesamt habe ich, wie auch davor, einen positiven Blick auf die Zukunft. Da gibt es natürlich bei mir auch immer mal wieder Knicke drin, aber ich glaube das ist normal. Meine Pläne haben sich nicht direkt verändert, vielleicht eher die Art wie ich auf meine Zukunft schaue. Weg vom Leistungsgedanken und davon etwas leisten zu müssen um eine wertvolle Person zu sein. Hin zum „einfach sein“ und das Leben gut zu leben und zu genießen. Das klappt mal mehr und mal weniger gut.

Wie geht es Dir aktuell mit der MS?

Wir sind gerade im Frieden und auf einer guten Ebene miteinander. Es ist für mich immer ein Prozess die MS anzunehmen – das klappt manchmal gut und manchmal weniger gut. Von meinen Symptomen und meinem mentalem Umgang geht es mir gerade gut.

Tipps

Was war Dein tiefster Punkt mit der MS und wie hast Du Dich wieder rausgekämpft?

Ich würde sagen das war der Informationsüberfluss am Anfang. Und das Gefühl, dass alle Verantwortung zu 100-150% bei mir liegt für meine Gesundheit und Krankheit. Da steckte auch der Wunsch dahinter die Kontrolle über meine MS zu haben. Das ist natürlich nicht möglich. Ich kann einen Einfluss haben, aber nie die komplette Kontrolle. Und ich bin auch nicht Schuld an meiner MS. Beim Sortieren von alldem hat mir die Psychotherapie sehr geholfen.

Welchen Tipp kannst Du anderen geben, die im tiefen schwarzen Loch sitzen?

Für mich war es total wichtig in dem Moment Hilfe zu suchen. Bei mir hat da vor allem die Psychotherapie geholfen. Aber natürlich auch mit Freund*innen und Familie zu sprechen kann total unterstützend sein. Auch der Austausch mit meiner Neurologin und anderen Betroffenen hilft total. Wenn es echt total dunkel ist, dann kann die telefonische Seelsorge oder auch im Notfall die 112 helfen. Infos
zu psychologischen Hilfestellen finden sich auf der Seite von Aufeinander Achten.

Gemeinsam. Menschlich. Erfolgreich – Arbeiten mit Multipler Sklerose

Du hast der Kampagne „Gemeinsam. Menschlich. Erfolgreich – Arbeiten mit Multipler Sklerose“ Gesicht und Stimme verliehen und über deine Wünsche für ein echtes inklusives Arbeitsumfeld gesprochen. Wann sprichst du deine Diagnose im beruflichen Umfeld an und welche Reaktionen hast du darauf erhalten?

Aktuell spreche ich es sehr offen an. Mit der Kampagne ist es ja jetzt sowieso offen ersichtlich auf LinkedIn. Ich mache es auf der Arbeit normalerweise abhängig von der persönlichen Ebene, die ich mit meinen Chef*innen oder Kolleg*innen habe. Da ich aktuell mit meinen Symptomen keine Hilfsmittel benötige spreche ich es nur an, wenn ich mich mit den Kolleg*innen oder Vorgesetzten gut verstehe. Die Reaktionen waren bisher durchweg positiv.

Allerdings war es für mich nicht immer so leicht offen mit der MS im Arbeitskontext umzugehen. Ich hatte die Diagnose ja erst 1-2 Jahre beim Ende meines Studiums. Beim Eintreten in die Arbeitswelt  war ich total unsicher, was es bedeutet meine MS zu kommunizieren und ob es evtl. Konsequenzen hat, die ich nicht überschauen kann. Ich war mir unsicher, ob mir mit dem offenen Ansprechen meiner MS und den Stigmata der Krankheit Berufschancen verbaut werden, ob es negativ aufgenommen wird von meinem Gegenüber und mir weniger zugetraut wird – einfach weil es bewusste oder unbewusste Vorurteile in den Köpfen gibt. Es ist aber immer eine Abwägungssache für jede*n selbst und abhängig vom Umfeld.

Welche Vorteile entstehen deiner Meinung nach Arbeitgebern, die Inklusion und Vielfalt wirklich leben?

Zu allererste denke ich: Ein inklusive Arbeitsumfeld sollte die Regel und nicht die Ausnahme sein. Einen ganz banalen Vorteil die Tür und den Blick von Arbeitgeber*innen für alle Menschen unabhängig von Krankheitsdiagnose, Herkunft, Geschlecht, usw. zu öffnen sehe ich darin, dass sie einfach Zugang zu einer größeren Zahl von Menschen als potentielle Bewerber*innen haben. Und im so viel beschworenen Fachkräftemangel kann das ja nur gut sein.

Außerdem ist es wichtig zu sehen, dass eine Krankheitsdiagnose wie MS erstmal nichts über das Individuum aussagen kann. Auch weil die Krankheit sich so unterschiedlich ausprägt. Die Diagnose an sich sagt gar nichts über meine Fähigkeiten aus. Man könnte andererseits sagen dass Menschen, die eine Lebenskrise erlebt haben – sei es MS oder etwas komplett anderes – bestimmte Dinge daraus gelernt haben. Aber auch das ist total individuell meiner Meinung nach. Dahinter steht die Frage danach, wie sehr wir auf der Arbeit als kompletter Mensch mit all unseren Erfahrungen da sein dürfen – oder dürfen wir nur auf der professionellen Ebene da sein.

Zukunft – Umwelt - Gesellschaft

Wie hast du deine Studienwahl getroffen und was hat dir gut an deinem Studium gefallen?

Ich wollte als Jugendliche immer die Welt verändern – damit habe ich zur Geographie gefunden. Die bietet einen großartigen Blick auf die verschiedenen komplexen Teile unserer Welt und das Zusammenwirken von Mensch und Umwelt.

Deine beruflichen Erfahrungen hast du in Instituten bzw. Gemeinnützigen Unternehmen gesammelt. Was fasziniert dich an diesem Sektor und deinem aktuellen Job?

Meine dahinterliegende Motivation ist mit meiner Zeit etwas „Gutes“ zu tun. „Gutes“ ist natürlich schwierig zu messen und zu definieren, aber für mich ist es etwas, das ich sinnvoll finde und sich so anfühlt. Mich fasziniert es zu sehen, welche Ansätze es für einen besseren Umgang miteinander und mit der Umwelt gibt. An meiner aktuellen Arbeit in einem Förderprogramm für Klimaschutzprojekte fasziniert mich vor allem die Vielfalt der Lösungsansätze und die Motivation der Projektdurchführer und meiner Kolleg*innen, die Welt ein bisschen positiv zu beeinflussen. Ich kann das Feld total empfehlen.

Welchen Tipp würdest du anderen geben, die ebenfalls gern für einen Arbeitgeber mit nachhaltiger Ausrichtung arbeiten möchten?

Man kommt in den nachhaltigen Bereich mit verschiedensten Lebensläufen. Mein Tipp: Einfach bewerben!

amStart.net

Du arbeitest am Konzept zu aMStart.net mit. Wie entstand die Idee und was verbirgt sich dahinter?

Schön, dass ich darüber reden darf. Jasmin, unsere Gründerin hatte die Idee. Sie hatte zum Zeitpunkt ihrer Diagnose kein Angebot, wo sie sich richtig aufgefangen gefühlt hat. Ihr beruflicher Hintergrund ist im Bereich Soziale Innovationen, Social Entrepreneurship, auf deutsch etwa Sozialunternehmertum.

Damit bringt sie die methodischen Werkzeuge mit, um für gesellschaftliche Probleme Lösungen zu entwickeln. Als nächsten Schritt führte sie viele Gespräche mit anderen Menschen mit MS durch, um zu schauen, ob es auch anderen im Moment der Diagnose so ging, oder vielleicht nur ihre eigene Erfahrung war. Und da zeigte sich, dass es auch vielen jungen Erwachsenen so ging wie ihr.

Es gibt eine Lücke im Moment der Diagnose für Neudiagnostizierte. Wie lässt sich diese füllen? Schritt für Schritt ist daraus dann das Konzept von aMStart.net entwickelt worden. Teil davon war eine gründliche Analyse um noch einmal systematisch zu untersuchen was es in Deutschland schon für ein Angebot gibt – was macht z.B. die DMSG schon oder auch andere Akteure.

Welchen Mehrwert zu bestehenden Angeboten bietet aMStart.net?

Unsere Grundidee ist der digitale und 1:1 Austausch von neudiagnostizierten Menschen mit MS und Menschen, die schon länger die Erfahrung mit der eigenen MS haben.

Neu ist vor allem die Kombination dieser Faktoren: Erstens, der Moment der Neudiagnose, der aktuell noch nicht mit den bestehenden Angeboten aufgefangen wird. Unsere Hypothese ist, dass eben diese Zeit der Neudiagnose total wichtig sein kann dafür, wie man mit der Krankheit umgeht in den folgenden Jahren.

Zweitens sind digitale Angebote im Bereich der Selbsthilfe immer noch etwas innovatives. Gerade die junge Zielgruppe, die ja insbesondere die Neudiagnostizierten betrifft, also Menschen zwischen 20 bis 40, die Generationen X und Z, die informieren sich überwiegend digital und sind im digitalen Raum unterwegs. Weitere Aspekte sind, dass wir von Patient*innen für Patient*innen sind und unsere eigene Erfahrung mit MS und dem Moment der Diagnose mitbringen. Wir sind außerdem unabhängig von Finanzierung durch die Pharmaindustrie.

Nicht zuletzt geht es bei uns um einen 1:1 Austausch. Das ist komplementär zu bestehenden wichtigen Angeboten, wie Gruppentreffen in Selbsthilfegruppen und Stammtische vor Ort. In unseren Gesprächen und eigenen Erfahrungen haben wir festgestellt, dass gerade am Anfang der Diagnose aber oft eine Hemmschwelle besteht gerade von jüngeren Menschen in solche Gruppen zu gehen. Für jede Person ist da was anderes hilfreich – daher ist es uns wichtig eben den 1:1 Austausch auch als Alternative anzubieten.

Was ist eure Vision für das Projekt? Wo steht ihr in drei Jahren?

Wir stehen alle mit Herzblut hinter der Vision, dass jede Person, die eine Diagnose wie MS erhält in diesem schwierigen Moment ihrem Bedürfnis entsprechend aufgefangen wird. Perspektivisch könnten wir uns vorstellen das Format des Austausch zwischen Patient*innen zu ergänzen durch Austausch von Patient*innen mit medizinischem Fachpersonal oder auch Schulungsformate zur eigenen Resilienzstärkung und die eignen Ressourcen kennenzulernen.

Außerdem fänden wir es großartig die Gesundheitskompetenz der Patient*innen zu unterstützen indem wir die vielen wichtigen und verlässlichen Quellen, die es gibt sichtbarer machen und Wissen bündeln. Auf der rein organisatorischen Seite wäre es natürlich großartig, wenn wir es schaffen das Projekt nachhaltig zu finanzieren. Generell wäre es wichtig, dass Nachsorge und Patient*innenbetreuung auch institutionell gefördert werden kann, beispielsweise über Krankenkassen.

Wünsche und Ziele

Gibt es einen großen unerfüllten Wunsch?

Oh ja, ich würde gern mal eine längere Reise durch den Iran machen. Das ist seit Jahren auf meiner Wunschliste.

Welche Entwicklung wünschst Du Dir im Bereich der MS in den kommenden 5 Jahren?

Ich wünsche mir im beruflichen und in der Gesellschaft allgemein, dass eine chronische Krankheit nicht mehr stigmatisiert ist. Ob es MS ist oder etwas anderes. Ca. 1/5 der jungen Menschen zwischen 18 und 35 haben eine chronische Krankheit. Das ist nicht mehr die Ausnahme, sondern fast schon die Regel.

Blitzlicht-Runde

Was war der beste Ratschlag, den du jemals erhalten hast?

Eher ein Perspektivwechsel als Ratschlag in Momenten in denen ich denke alles ist furchtbar: „Was würde deine beste Freund*in dazu sagen?“

Wie lautet dein aktuelles Lebensmotto?

Ich hab nur dieses eine Leben.

Mit welcher Person würdest du gern einmal ein Kamingespräch führen und zu welchem Thema?

Mit meinem Großvater. Der kommt aus den Masuren. Mit dem würde ich gerne mal über seine Kindheit reden.

Vervollständige den Satz: „Für mich ist die Multiple Sklerose... “

… ein Teil von mir.

Welche Internet-Seite kannst du zum Thema MS empfehlen?

Welches Buch oder Hörbuch, das Du kürzlich gelesen hast, kannst Du uns empfehlen und worum geht es darin?

The How of Happiness von Sonja Lyubomirsky. Da geht es um Glücksforschung und sie stellt Methoden vor, wie man die eigene Zufriedenheit selbst beeinflussen kann.

Verabschiedung

Hast du einen Tipp, den du deinem jüngeren Ich geben würdest, für den Zeitpunkt der Diagnose?

Nimm dir Zeit. Du musst nichts überstürzen. Es sind keine Entscheidungen über Leben oder Tod bei der MS – in meinem Fall. Ruhe bewahren hätte ich mir geraten.

Möchtest du den Hörerinnen und Hörern noch etwas mit auf dem Weg geben?

Wir haben alle total viele – manchmal versteckte – Ressourcen, die wir anzapfen können.

Wo findet man Dich im Internet?

Mich persönlich findet man auf LinkedIn (https://www.linkedin.com/in/sonja-taheri/) und aMStart.net und zukünftig auch über meine Fastenwebseite (einfachpause.de).

Wo findet man aMStart im Internet?

Seid mit uns aMStart!: Verbreitet das Projekt, werdet Gesprächspartner*in und folgt uns auf den sozialen Medien

Im akuten Krisenfall: Siehe Webseite der Psychologischen Initiative Aufeinander Achten (https://aufeinanderachten.de/akute-hilfe/)

Vielen Dank an Sonja für die Einblicke in ihr Leben, ihr Engagment und die sehr vergnügliche Unterhaltung.

Bis bald und mach das Beste aus Deinem Leben,
Nele

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Hier findest Du eine Übersicht zu allen bisherigen Podcastfolgen.

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Nele von Horsten

Blogger & Patient Advocate

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