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#154: Interview mit MS-Patientin, Autorin, Dozentin und Geschäftsführerin Dr. Claudia Brunner zu ihrem Ratgeber „MS und gesund“

Foto der Frauenkirche in München aus der Ferne vor abendlichem Himmel

Heute unterhalte ich mich mit Dr. Claudia Brunner über ihren Weg mit Multipler Sklerose und ihren Ratgeber „MS und gesund“. Claudia hat selbst einen sehr aktiven Verlauf der MS und bereits einige Therapieumstellungen hinter sich.

Nach einem besonders heftigen Schub erwuchs ihr Wunsch selbst aktiv auf den Verlauf der Erkrankung Einfluss zu nehmen. Sie begann alle möglichen Studien zur MS zu durchforsten und ihr Leben Schritt für Schritt anzupassen. Mittlerweile hat sie mit der Kombination aus verlaufsmodifizierender Therapie und gesunder Lebensweise einen bereits seit mehreren Jahren andauernden Stillstand der MS erreicht.

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Inhaltsverzeichnis

Vorstellung - Wer ist Claudia Brunner?

Ich bin 39 Jahre alt, verheiratet und habe drei Töchter im Alter von 9, 8 und 2 Jahren. Mit meiner Familie wohne ich im Norden von München in einem kleinen Dorf, in dem ich auch aufgewachsen bin.

Außerdem liebe ich Bücher jeder Art und man trifft mich gern und viel auf einem Rad!

Portraitfoto von Dr. Claudia Brunner, die in einer hellen Bluse in die Kamera lächelt

Diagnose und aktueller Status

Wann erhieltest Du die Diagnose MS und was war der Anlass dafür?

Anfang 2009 verlor ich meinen ersten Job nach dem Studium. Im Gespräch mit dem Vorgesetzten bekam ich wahnsinnige Kopfschmerzen. Über die folgenden Wochen wurde mein rechtes Auge immer schlechter und die Kopfschmerzen kamen und gingen. An Ostern wurde mir dann in der Notaufnahme Cortison gegeben. Die Diagnose MS erhielt ich einige Wochen später bei einem niedergelassenen Neurologen.

Hattest Du bereits vorher Symptome, die Du rückblickend bereits mit der MS zu tun hatten?

Nein. Ich war die Jahre vorher allerdings extrem gestresst.

Wie hast Du die Diagnose aufgefasst und wie war es für Deine Liebsten?

Zunächst habe ich mich über die Diagnose gefreut, so absurd das klingen mag. Ich war froh, dass meine Schmerzen einen Namen hatten. Danach habe ich alle Phasen des Trauerprozesses durchlaufen. Von Verleugnen, über Aggressionen, mir gegenüber, meinem Umfeld gegenüber und auch Depressionen. Um meine Krankheit zu akzeptieren, habe ich Jahre gebraucht.

Wurden Dir zu Beginn verlaufsmodifizierende Therapien empfohlen und wie hast Du Dich entschieden?

Ich hatte direkt im ersten MRT eine deutliche Läsionslast und so wurde mir direkt eine Therapie empfohlen. Mein erstes Medikament war Rebif, was ich für knapp 4 Jahre genommen habe.

Hast Du bereits einen Therapiewechsel hinter Dir und wenn ja, was war der Anlass dafür?

Ich habe mittlerweile die 6. Basistherapie. Interferon abgesetzt wegen Antikörpern und fehlender Wirkung. Dann Tecfidera. Stillstand MS, aber nach 1,5 Jahren Gastritis. Dann Copaxone. Innerhalb kürzester Zeit viele neue Läsionen. Dann Tysabri. Wieder Stillstand der MS, aber sehr viele bakterielle Infekte und sehr häufig Antibiotika. Dann Gilenya. Wieder Stillstand der MS. Aber nach einiger Zeit eine sehr starke Lymphopenie und musste wieder absetzen. Jetzt Vumerity und ganz zufrieden.

Man muss dazusagen, dass ich zum einen, einen ziemlich aktiven Verlauf habe und ich zum anderen nur gute 50kg wiege. Das führt dazu, dass manche Medikamente, für mich einfach zu hoch dosiert sind und ich deutlich mehr Nebenwirkungen habe als viele…

Nutzt Du symptomatische Therapieangebote? Wenn ja, welche?

Nein.

Wie hast Du nach der Diagnose Deinen Lebensstil angepasst?

Ich habe sehr viele Änderungen vorgenommen. Mittlerweile mache ich viel Sport, ernähre mich sehr gesund und meditiere regelmäßig, um nur ein paar Dinge zu nennen.

Wie blickst Du auf Deine Zukunft und haben sich Deine beruflichen und privaten Pläne verändert?

Ich blicke mittlerweile sehr positiv in die Zukunft und bin davon überzeugt, dass ich eines Tages mit meinen Enkeln im Garten spielen werde. 😊

Wie geht es Dir aktuell mit der MS?

Mir geht es zurzeit richtig gut! Ich hatte vor 8 Jahren meinen letzten Schub und bin fast symptomlos.

Tipps

Was war Dein tiefster Punkt mit der MS und wie hast Du Dich wieder rausgekämpft?

Als Nachwuchswissenschaftlerin war ich nominiert worden, beim Lindau Nobel Laureates Meeting für Wirtschaftswissenschaften dabei zu sein. Ich sollte an einem Abend meinen Helden John Nash treffen. An diesem Morgen bin ich mit meinem schlimmsten Schub aufgewacht und mein linker Arm war gelähmt.

Das war der Moment, an dem ich beschloss, ich müsse selbst aktiv werden und etwas tun.

Am Folgetag fing ich an in wissenschaftlichen Datenbanken zu wühlen, ob es Studien zu MS und Stress gäbe. Nach und nach fand ich mehr Dinge, bei denen ich selbst aktiv werden konnte und ich erreichte so etwas wie Selbstwirksamkeit.

Welchen Tipp kannst Du anderen geben, die im tiefen schwarzen Loch sitzen?

Keine Angst vor einem Therapeuten! Psychotherapie ist großartig!

Zum Ratgeber "MS und gesund"

Wie entstand die Idee zu Deinem Ratgeber „MS und gesund“?

Zunächst habe ich die Recherche aus rein egoistischen Motiven gemacht. Ich wollte mir helfen. Nach und nach wurde mir klar, dass andere von meiner Recherche und meinen Studien auch profitieren könnten. Den letzten Schupps zum Buch gab es dann von meiner Therapeutin, die mich ermutigt hat, alles zusammenzufassen und zu veröffentlichen.

Wie lange hast Du am Buch gearbeitet und stand der rote Faden von Anfang an fest?

Ich habe vor rund 4 Jahren angefangen einzelne Kapitel zu schreiben. Natürlich musste zwischendurch immer wieder ergänzt und überarbeitet werden.

Der rote Faden war nicht direkt klar, das ergab sich nach und nach. Was aber auf jeden Fall immer klar war, ist eine absolute Fokussierung auf wissenschaftliche Belege. Dinge, die nur auf Anekdoten basieren oder keinerlei Evidenz haben, durften nicht in mein Buch.

Auf welche Schwerpunkte gehst Du ein?

Es dreht sich evidenz-basierte Möglichkeiten, selbst aktiv an seinem Verlauf zu arbeiten. Das sind dann die Themenbereiche: Sport, Ernährung, Meditation / Stressmanagement, aber auch geistige Betätigung oder die Bedeutung vom sozialen Umfeld. Ganz speziell spreche ich auch Angehörige an.

Für wen ist das Buch geeignet?

Das Buch richtet sich an MS Betroffene und deren Angehörige. Also an all jene, die gerne selbst aktiv an Ihrer Gesundheit mitarbeiten möchten und wissenschaftlich belegte Empfehlungen suchen.

Wie sollte/kann man das Buch lesen? Kann man auch nur die Zusammenfassungen lesen und erst bei Bedarf tiefer in den Text einsteigen?

Das Buch ist recht ausführlich mit knapp 500 Seiten. Aber keine Sorge! Zum einen ist ein großer Teil Quellenangaben und Referenzen, zum anderen gibt es zum einfacheren Lesen verschiedene Hilfestellungen. Ein Leseleitfaden zu Beginn des Buches zeigt genau auf, wie man die einzelnen Teile erkennt. So kann man für einen schnellen Überblick die Zusammenfassungen am Ende jedes Abschnittes lesen. Empfehlungen am Ende jedes Kapitels sind ebenfalls gesondert markiert. Interessiert man sich mehr für meine Geschichte, ist diese auch speziell hervorgehoben. Wer hingegen mehr Details möchte, kann sehr gern den kompletten Text lesen oder in Infoboxen sogar noch weiter „eintauchen“.

Was möchtest Du mit Deinem Buch erreichen?

Ich möchte gerne allen Betroffenen vermitteln, dass MS keine Einbahnstraße ist! Wir sind nicht hilflos der MS ausgeliefert. Jede/r kann aktiv selbst an seiner/ihrer Gesundheit arbeiten.

Um das zu tun, habe ich sehr viel Wissen und Studien zusammengetragen. Daraus kann jede/r für sich umsetzen, was gewünscht ist.

Wünsche und Ziele

Gibt es einen großen unerfüllten Wunsch?

Mein Lebenstraum ist es, eines Tages Professorin zu werden.

Welche Entwicklung wünschst Du Dir im Bereich der MS in den kommenden 5 Jahren?

Ich wünsche mir weitere Studien und Untersuchungen zum Lifestyle bei MS. Es wäre wunderbar, wenn man direkt vom Arzt quasi auf Rezept erfahren könnte, welcher Sport, welche Ernährung etc. man selbst umsetzen kann um unterstützend seine MS zu behandeln.

Blitzlicht-Runde

Was war der beste Ratschlag, den du jemals erhalten hast?

„Man bereut nur das, was man nicht getan hat!“ Das hat meine Oma immer gesagt.

Wie lautet dein aktuelles Lebensmotto?

Ich versuche dem Ratschlag meiner Oma zu folgen. Und daher: Trau dich, mach was neues!

Mit welcher Person würdest du gern einmal ein Kamingespräch führen und zu welchem Thema?

Marie Curie! Eine unglaubliche Person!

Vervollständige den Satz: „Für mich ist die Multiple Sklerose... “

„Für mich ist die Multiple Sklerose… ein Fluch und ein Segen.

Welche Internet-Seite kannst du zum Thema MS empfehlen?

Meine natürlich :D. www.ms-und-gesund.de

Welches Buch oder Hörbuch, das Du kürzlich gelesen hast, kannst Du uns empfehlen und worum geht es darin?

Eigentlich alle Bücher von Oliver Pötzsch! Ich liebe seine Bücher. Wenn ich wirklich abtauchen möchte in einer anderen Welt und einer fesselnden Geschichte, dann lese ich seine Bücher.

Verabschiedung

Hast du einen Tipp, den du deinem jüngeren Ich geben würdest, für den Zeitpunkt der Diagnose?

Such dir einen guten Therapeuten!

Möchtest du den Hörerinnen und Hörern noch etwas mit auf dem Weg geben?

MS ist keine Einbahnstraße!

Wo findet man Dich im Internet?

Ein großes Dankeschön an Dr. Claudia Brunner für all die investierte Zeit, um einen so fundierten Ratgeber zu schreiben und die positiven Impulse, die sich daraus ergeben.

Bis bald und mach das beste aus Deinem Leben,
Nele

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Nele Handwerker

Blogger & Patient Advocate

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