#178: Interview mit MS-Patientin Chelli über ihre Depression und die MS

Roter Sonnenuntergang in Thüringen, dem Heimatbundesland von Interviewgast Chelli

Heute ist Michelle mit Spitznamen Chelli mein Interviewgast. Innerhalb weniger Monate musste sie gleich mit zwei Diagnosen zurechtkommen.

Nach vier Terminen in der Gesprächstherapie stand fest, dass sie eine mittelgradig depressive Episode mit mehreren Angststörungen hatte. Später kam dann noch die Diagnose Multiple Sklerose dazu.

Doch Chelli hat sich zügig Hilfe gesucht. Mithilfe einer Gesprächstherapie samt medikamentöser Unterstützung und einer verlaufsmodifizierenden Therapie gegen die MS bestreitet sie weiter ihren Weg. Im Interview lässt sie uns an ihrer bisherigen Reise teilhaben.

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Inhaltsverzeichnis

Vorstellung

Ich bin Michelle, 20 Jahre alt und ich komme aus Thüringen. Der Fokus dieses Interviews basiert auf meinen folgenden Diagnosen, zum einen den mittelgradigen depressiven Episoden mit diversen Angststörungen und der schubförmigen remittierenden Multiplen Sklerose.

Seitlicher Blick auf Chelli, die eine große Brille trägt nd perfekt geschminkt in die Kamera schaut

Diagnose und aktueller Status

Was war der Anlass für dich zu einer Psychologin zu gehen?

Ich habe mich selbst nicht mehr wiedererkannt. Ich war nicht mehr „Ich“ selbst.

Mein Problem habe ich erst erkannt, wo mir von vielen Seiten gesagt wurde, dass ich mich sehr verändert habe. Zudem hat mich mein Körper zweifach darauf hingewiesen, dass etwas nicht stimmt.

Es hat mich trotz alldem sehr viel Überwindung gekostet, einen Termin bei der Psychologin zu vereinbaren und diesen auch wahrzunehmen.

Wie schnell war die Diagnose Depression und Angststörungen klar?

Nach der 4. Sitzung stand die Diagnose: mittelgradige depressive Episode mit diversen Angststörungen.

Wie hast du die Diagnose aufgefasst?

Ich war erstmal perplex. Von der einen Minute auf die andere, hatte ich eine Antwort auf meine vielen offenen Fragen und diese lautete: „Du bist psychisch krank.“

Für welche Art von Gesprächstherapie hast du dich entschieden und wie zufrieden bist du damit?

Ich habe mich für die Verhaltenstherapie entschieden und ich bin auch richtig zufrieden damit. Meine Psychologin zeigt mir diverse Wege auf, die mir helfen besser mit depressiven Phasen umzugehen.

Reicht dir die Gesprächstherapie aus oder brauchst du zudem alternative oder medikamentöse Unterstützung?

Ich nehme neben der Gesprächstherapie auch Antidepressiva zu mir.
Am Morgen zwei Medikamente zum „besseren Start“ in den Tag und zum Abend, ein Medikament, was mich besser abschalten und runterfahren lässt.

War die erste Medikamentenwahl die Richtige oder hat es länger gedauert, ein zu dir passendes Medikament zu finden?

Die erste Medikamentenwahl war nicht die Richtige. Durch das erste Medikament waren meine Schilddrüsenwerte im Keller und die gewünschte Wirkung war auch nach der Eingewöhnungszeit nicht vorhanden.

Gott sei Dank hatte ich mit der zweiten Medikamentenwahl meines Psychiaters Glück.

Wann kam die Diagnose MS hinzu und welche Symptome waren der Auslöser dafür?

Die Diagnose Multiple Sklerose habe ich am 31.08.2021 bekommen. Vorher stand nur eine Verdachtsdiagnose im Raum, aber nach einem 10-tägigen Klinikaufenthalt zur Diagnosestellung und viele Untersuchungen später, hat sich der Verdacht bestätigt.

Ich habe Gefühlsstörungen und Motorikstörungen in der linken Hand festgestellt. Dies habe ich am Rande bei meinem Psychiater angesprochen und dieser hat (Gott sei Dank) ein MRT des Hirns angeordnet.

Wie war es für dich kurz nacheinander die zweite Diagnose zu erhalten, die langfristige Auswirkungen auf dein Leben hat?

Ich war zu dem Zeitpunkt der zweiten Diagnose mitten in der Aufarbeitung meiner psychischen Situation. Natürlich hat mich die Diagnose MS wieder sehr zugeworfen. Aber ich bin jetzt nach harter Arbeit an mir selbst, nur noch viel stärker geworden.

Weißt du ob es einen Zusammenhang zwischen den beiden Erkrankungen gibt?

Eine Depression ist eine der häufigsten Nebenwirkungen bei MS. Meine Psychologin sowie auch meine behandelnde Neurologin sind der Meinung, dass ein Zusammenhang besteht, aber die depressive Störung auch mit meinen vergangenen Erlebnissen zusammenhängt.

Wie geht es dir aktuell mit der MS und wie mit der Depression und den Angststörungen?

Aktuell bin ich auf einem sehr guten Weg. Natürlich gibt es immer mal wieder dunkle Zeiten mit bösen Gedanken, aber ich weiß mittlerweile viel besser mit diesen Situationen umzugehen.

Wurde dir eine verlaufsmodifizierte Therapie empfohlen und wie hast du dich entschieden?

Ich habe mich für eine verlaufsmodifizierte Therapie entschieden, die auf Spritzen basiert. Ich spritze mich dreimal die Woche mit Copaxone 40mg.

Du verlinkst zur Deutschen Depressionshilfe, hast du deren Angebote selbst in Anspruch genommen oder kennst du dich damit aus?

Ich habe mich, nachdem ich die Diagnose erhalten habe, viel auf der Internetseite belesen und kann dies auch nur weiterempfehlen.

Gibt es eine Tendenz auf deinem Instagram-Account, wer dir mehr folgt oder kommentiert – Menschen mit Depressionen und Angststörungen oder Menschen mit MS?

Das kann ich tatsächlich gar nicht so genau sagen. Ich denke, es liegt bei einem gesunden Mittelmaß.

Wie blickst du auf deine Zukunft und haben sich deine beruflichen und privaten Pläne verändert?

Mittlerweile blicke ich größtenteils positiv in die Zukunft. Ich habe mich damit abgefunden, unheilbar krank zu sein, dieser „Status“ macht mich aber auf keinen Fall zu einem schlechteren Menschen. Ich lebe mein Leben so, wie ich es für richtig halte und lasse mir von niemanden mehr reinreden.

Tipps

Was war der tiefste Punkt für dich und wie hast du dich wieder herausgekämpft?

Der tiefste Punkt war die Zeit vor meinem ersten Psychologen-Termin. Zu dieser Zeit war ich nicht mehr die „Chelli“, die man kannte, sondern eine fremde Person.

Im Laufe der Therapie habe ich mich aus diesem Loch hinausgekämpft.

Welchen Tipp kannst du anderen geben, die im tiefen schwarzen Loch sitzen?

Vertraut` euch einer Person an. Sucht` euch Hilfe. Denkt` immer daran, dass ihr nicht alleine seid. Und hört nicht auf die abwertenden Aussagen anderer.

Wünsche und Ziele

Gibt es einen großen unerfüllten Wunsch?

Den gibt es derzeit nicht. Ich möchte noch viel reisen und mein Leben genießen.

Welche Entwicklung wünschst du dir im Bereich deiner beiden Erkrankungen in den kommenden 5 Jahren?

Ich wünsche mir, dass ich noch stabiler werde, was meine Psyche angeht, und natürlich wünsche ich mir, dass ich viele Jahre schubfrei bleibe.

Blitzlicht-Runde

Was war der beste Ratschlag, den du jemals erhalten hast?

„Hör` nicht auf andere. Andere können deinen Weg nicht beurteilen, da sie ihn selbst nicht gegangen sind.“

Wie lautet dein aktuelles Lebensmotto?

„Die Kunst ist einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird!“

 Vervollständige den Satz: „Für mich ist die Multiple Sklerose... “

…ein Ansporn immer weiterzukämpfen. Sie macht mich nicht zu einem schlechteren Menschen, sie macht mich komplett.“

Welche Internet-Seite kannst du zum Thema MS empfehlen?

Ich empfehle persönlich die Seite des Deutschen Multiplen Sklerose Bundesverbandes. Daher habe ich viele Infos, die mir sehr weitergeholfen haben.

Verabschiedung

Hast du einen Tipp, den Du Deinem jüngeren Ich geben würdest, für den Zeitpunkt der Diagnose?

Diagnosestellungen haben mich sehr runtergezogen. Ich habe sowohl mit der Diagnose, der Depressionen als auch der Diagnose, der Multiplen Sklerose den Teufel an die Wand gemalt und alles schwarzgesehen. Aber nun, wo ich es ein wenig verdaut habe, bin ich umso stärker und schaue zielstrebiger in die Zukunft.

Möchtest du den Hörerinnen und Hörern noch etwas mit auf dem Weg geben?

Scheut` euch nicht Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ihr seid nicht allein, vergesst das nie!

Wo findet man dich im Internet?

Man findet mich auf meinem Instagram Account: @chellis_fight. Dort poste ich verschiedene Blogbeiträge zu beiden Krankheitsbildern und ich teile viele Erfahrungen, die ich gesammelt habe.

Außerdem findet man mich auf meinem privaten Instagram Account unter @michelle.lth.

Zu dem findet man mich auf Tik-Tok unter @chellis_fight.

Vielen Dank an Michelle für die offenen Einblicke, gerade auch in die schweren und dunklen Seiten ihres Lebens und toll, wie sie es geschafft hast sich wieder herauszukämpfen. Weiterhin alles Gute für diesen Weg!

Bis bald und mach das beste aus Deinem Leben,
Nele

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Hier findest Du eine Übersicht zu allen bisher interviewten MS-Patienten.

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Nele von Horsten

Blogger & Patient Advocate

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