Diese Folge ist ein Update zur ursprünglichen Episode #007 über die Verlaufsformen der Multiplen Sklerose – erweitert, aktualisiert und ergänzt um die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Denn die starren Kategorien wie CIS, RRMS oder PPMS werden zunehmend hinterfragt. Vielmehr zeigt sich: MS verläuft bei jeder betroffenen Person individuell. In dieser überarbeiteten Version lernst du nicht nur die sechs möglichen Stadien kennen, sondern erfährst auch, warum Diagnosen manchmal angepasst werden müssen und wie die Therapieentscheidungen in anderen Ländern getroffen werden. Ziel ist es, dir Orientierung und Wissen zu geben – für informierte Entscheidungen über deine Gesundheit.
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Abkehr von der starren Einteilung
Mittlerweile lösen sich immer mehr Wissenschaftler auf dem Gebiet der Multiplen Sklerose von der starren Einteilung in die verschiedenen Kategorien. Denn am Ende ist und bleibt es eine Erkrankung, die sich nur bei jedem Patienten anders zeigt. Da in der EU, die Zulassung der Medikamente anhand der durchgeführten klinischen Studien erfolgt, sind die NeurologInnen bei uns an die Einteilung in RIS, CIS, RRMS, SPMS und PPMS gebunden. Deshalb kann es auch mal sein, dass Deine Diagnose angepasst wird, damit Deine Ärztin oder Dein Arzt dir eine Immuntherapie verschreiben darf, die hoffentlich den größten Nutzen für Dich bringt. In anderen Ländern, wie zum Beispiel Australien, sind die NeurologInnen von Anfang an frei in der Wahl des Medikaments und können je nach Gesamtbild aus MRT, Beschwerden des Patienten, anderen Erkrankungen und weiteren Untersuchungen frei die am besten geeignete Immuntherapie wählen.
Einführung in die Formen der MS
Insgesamt unterscheidet man sechs Stadien der MS: die prodromale Phase, das radiologische isolierte Syndrom (RIS), das klinisch isolierte Syndrom (CIS), den schubförmig-remittierenden Verlauf (RRMS), den sekundär progredienten Verlauf (SPMS) und den primär progredienten Verlauf (PPMS). Diese Formen zeigen verschiedene Stadien der Erkrankung. Die meisten Patient*innen starten mit dem schubförmig-remittierenden Verlauf – etwa 80 bis 90 %. Manche beginnen mit dem CIS, das genau genommen noch nicht zur MS zählt. Aber da sich in 30 bis 70 % der Fälle daraus eine MS entwickelt, ist es relevant, darüber zu sprechen.
Das CIS oder KIS ist eine abgeschlossene neurologische Funktionsstörung, die bei manchen nie in eine MS übergeht. Entscheidend sind die genauen Symptome und deren Lokalisation. Wenn sich abzeichnet, dass sich aus einem CIS eine MS entwickeln könnte, beginnt man heute frühzeitig mit einer Basistherapie, um das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen. Bei mir war das im Sommer 2003 der Fall – eine Sehnerventzündung führte zu einem MRT und weiteren Tests. Nach damaligen McDonald-Kriterien reichte das noch nicht für die Diagnose MS. Ein Jahr später zeigte ein weiteres MRT neue Herde, und die Diagnose war klar.
Die prodromale Phase der Multiplen Sklerose
Als prodromale Phase oder MS-Prodrom bezeichnet man die Phase, in der es bereits diffuse Änderungen im Immunsystem gibt. Wissenschaftler untersuchen diese Phase seit einiger Zeit immer genauer und nehmen große Studien vor, in dem sie meist aus Registerdaten, also erfassten Gesundheitsdaten von sicher bestätigten MS-Patienten in deren Vergangenheit zurückgehen vor die Zeit der gesicherten Diagnose. Viele tausend Patientendaten wurden untersucht und man kann sehen, dass die Betroffenen öfter zum Arzt gehen oder unterschiedlichste Diagnose, sowohl körperlich, als auch psychologischer Natur erhalten und diese immer mehr zunehmen, je näher die Diagnose rückt. Leider gibt es noch kein eindeutiges Bild. Das würde natürlich helfen, gefährdete Personen herauszufiltern und die Krankheit womöglich im werden zu verhindern, bevor sie wirklich ausbrechen und Schaden anrichten kann. Das bleibt im Moment noch eine Vision, die aber immerhin schon formuliert ist und Wissenschaftler antreibt, weiter daran zu forschen.
Zufallsbefund des radiologisch isolierten Syndroms (RIS)
Manchmal erhalten Menschen aufgrund einer offenen gesundheitlichen Fragestellung ein MRT. Und beim Auswerten der Bilder stellt sich plötzlich heraus, dass da Läsionen, also Entzündungsherde an MS-typischen Orten sind. Die betroffene Person hat aber keinerlei spürbare Symptome. Die Läsionen können nicht anders erklärt werden und es wird zunächst die Diagnose radiologisch isoliertes Syndrom gestellt. Normalerweise wird man in einem solchen Fall regelmäßigen MRT-Untersuchungen durchführen, um zu schauen, ob sich etwas verändert und bei Bedarf kann zügig eine Diagnose gestellt und Therapie begonnen werden. Je nach genauem Ergebnis, dazu zählen die Anzahl der Läsionen und ihre Lage sowie weitere mögliche Untersuchungsergebnisse ist die Wahrscheinlichkeit größer oder kleiner das bald eine gesicherte MS-Diagnose steht. Wenn zum Beispiel Läsionen in der Wirbelsäule vorliegen, sogenannte spinale Läsionen oder im Hirnstamm oder sehr viele Läsionen vorhanden sind, vielleicht auch eine Untersuchung des Nervenwassers vorgenommen wurde und dort oligoklonale Banden (OKBs) gefunden wurden, dann kann es sogar ratsam sein, gleich mit einer Therapie zu beginnen, um den Wechsel in die gesicherte MS-Diagnose möglichst lang hinauszuschieben. Aber das sollte immer im Detail besprochen werden und womöglich macht dann auch eine Zweitmeinung Sinn.
Fokus auf schubförmig remittierende MS (RRMS = Relapsing Remitting MS)
Der schubförmig-remittierende Verlauf (RRMS) ist die häufigste Form. Bis zu 90 % aller MS-Patient*innen starten mit diesem Typ. Es ist auch die Verlaufsform, bei der man aktuell am besten medizinisch eingreifen kann, gemeinsam mit dem CIS.
Kennzeichnend für diesen Verlauf ist, dass sich die Schübe oft ganz oder teilweise zurückbilden. Das liegt an der neurologischen Reserve im Gehirn – sie erlaubt dem Körper, geschädigte Funktionen zu kompensieren. Diese Reserve ist begrenzt, aber bei früher Behandlung kann sie geschont werden. Mein MRT zeigte neun Jahre lang keine neuen Läsionen – ein Erfolg, den ich der Basistherapie zuschreibe.
Diese Therapie ist wissenschaftlich gesehen aktuell die wichtigste Maßnahme, um den Verlauf zu verlangsamen. Natürlich ist es deine Entscheidung, ob du Medikamente nehmen möchtest. Aber es ist wichtig, die Optionen zu kennen. Ich selbst habe meine Angst vor Spritzen überwunden, weil ich aktiv und möglichst gesund leben möchte.
Auch Angehörige sind betroffen – eine unbehandelte MS kann dazu führen, dass man weniger mit der Familie unternehmen kann. Deshalb plädiere ich immer wieder für den offenen Umgang mit der Erkrankung und gegen Verdrängung.
Sekundär Progrediente MS erklärt (SPMS)
Die SPMS ist die Verlaufsform, in die die schubförmig-remittierende MS übergeht, wenn die neurologische Reserve erschöpft ist. Es kann noch zu Schüben kommen, aber oft ist der Verlauf schleichend mit zunehmenden Einschränkungen. Besonders häufig betroffen ist das Gehen – viele benötigen Gehhilfen oder können nur noch kurze Strecken zurücklegen.
Für diese Verlaufsform gibt es bisher nur wenige Medikamente. Meist geht es um symptomatische Behandlung wie Physiotherapie. Eine Reparatur der Myelinschicht oder ein Rückgängigmachen der Entzündungsherde ist nach aktuellem Stand nicht möglich. Dennoch wird intensiv geforscht – besonders in Ländern mit hohem Forschungsbudget wie den USA oder Deutschland.
Primär Progrediente MS und ihre Herausforderungen (PPMS)
Bei der PPMS verschlechtern sich die Symptome von Anfang an stetig – ohne Erholungsphasen. Das betrifft etwa 10 bis 15 % der MS-Patient*innen. Dieses Bild dominiert leider oft noch in der öffentlichen Wahrnehmung. Die gute Nachricht: Auch hier wird geforscht, und es gibt mittlerweile zumindest ein zugelassenes Medikament.
Mein Schwerpunkt liegt aktuell auf der RRMS, da ich selbst davon betroffen bin. Aber ich werde mich weiter informieren und auch zur PPMS berichten.
Zusammenfassung der MS-Verlaufsformen
Es gibt sechs mögliche Einteilungen der MS:
- Prodromale Phase – Vorstadium der MS, es treten bereits Änderungen im Immunsystem auf, die noch sehr diffus sind. Theoretisch kann die MS hier noch gestoppt werden.
- Radiologisch isoliertes Syndrom (RIS) – Zufallsbefund, ohne spürbares Symptom bei einem MRT, kann in eine MS übergehen.
Klinisch isoliertes Syndrom (KIS oder CIS) – kann, muss aber nicht in eine MS übergehen.
Schubförmig-remittierende MS (RRMS) – der häufigste Verlauf, gut behandelbar.
Sekundär progrediente MS (SPMS) – entwickelt sich meist aus der RRMS, wenn die Reserve aufgebraucht ist.
Primär progrediente MS (PPMS) – kontinuierlich fortschreitender Verlauf von Beginn an.
Bei allen Formen wird intensiv geforscht. Ich bin sicher, dass es künftig immer bessere Behandlungsoptionen geben wird. Bis dahin bleibt es das Wichtigste, die Krankheit so gut wie möglich aufzuhalten – durch frühzeitige Therapie und passende Lebensweise.
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Bis bald und mach das Beste aus Deinem Leben,
Nele
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